Hamburg. Getestet: Firmen in der Region überraschen mit neuen Produkten. Wir prüfen, wie gut sie sind. Heute: Neues aus der Mix-Mich-Manufaktur
An diesem Vormittag braucht sie gar nicht so viel. Nina Ruffing steht vor dem Kräuterstand von Malte auf dem Isemarkt und lässt den Blick über sorgsam arrangiertes Basilikum streifen. Daneben stehen Rosmarin, Minze, Melisse – kein Grünzeug, das der Bauer aus Kirchwerder nicht im Angebot hat. Vorn liegen sardische Zitronen. Schade, dass man diese Vielfalt im nasskalten Hamburger Dezember nicht riechen kann. Für Nina Ruffing spielt das keine Rolle. Den Duft hat sie in der Nase. Die 46-Jährige kauft hier fast jede Woche bundweise Zutaten für ihren Fruchtsirup. Manchmal sogar zweimal. Jetzt braucht sie vor allem Rosmarin und Minze. Beide Kräuter verarbeitet sie gleich in mehreren Sorten ihres Sortiments.
Mix Mich. Ein Markenname als Aufforderung – und als Anleitung. „Eigentlich wollte ich nur ein bisschen Geschmack im Mineralwasser“, sagt die Hamburgerin. Als sie vor gut fünf Jahren anfing, mit Sirup zu experimentieren, waren ihr die meisten Konzentrate auf dem Markt zu zuckrig oder schmeckten künstlich. Für die Mutter von zwei Teenagern, die auch Marmelade selbst macht und Brot backt, keine Alternative. Genauso wenig wie eine breite Getränkeauswahl, die in die Eppendorfer Wohnung im vierten Stock hätte geschafft werden müssen. Mit einem Rezept auf Zitronen-Basis mit Minze und Melisse startete Nina Ruffing die Produktion ihres ersten Fruchtsirups in der heimischen Küche. Das Ergebnis war so überzeugend, dass sie kurz darauf ein Gewerbe anmeldete, die obligatorische Hygiene-Schulung absolvierte und die ersten Flaschen aus ihrer Sirup-Manufaktur zum Verkauf anbot. „Die Etiketten haben wir damals noch selbst ausgedruckt und mit Sprühkleber aufgeklebt“, erinnert sie sich.
Es gibt fünf gelbe und zwei rote Mix Michs
Die Idee kam an. Der Sirup lässt sich zur Schorle mischen, aber funktioniert auch in Tee, Cocktail, als Aperitif etwa mit Sekt oder im Salatdressing. Inzwischen braut sie sieben verschiedene Geschmacksvarianten. Dabei reizt die Gründerin, die eigentlich aus der Textilbranche kommt, die Geschmacksknospen gern mit fein abgestimmten Kombinationen. „Mir ist aber auch wichtig, dass möglichst viele Zutaten regional zu beschaffen sind“, sagt Ruffing. Aktuell gibt es fünf gelbe Mix Michs mit Zitrone oder Limette und unterschiedlichen Inhaltsstoffen von Ingwer bis Salbei. Außerdem zwei rote Sorten auf Himbeerbasis, im Winter mit Zitrone und Rosmarin. Bestseller ist nach wie vor das allererste Mix Mich mit Zitrone, Minze und Melisse. Neuster Zugang ist die Variante mit Limette und Basilikum.
„Die Intensität kann jeder selbst bestimmen.“ Sie selbst liebt Limette mit Zitronengras und Ingwer besonders. Zuletzt hat sie mit Gurke experimentiert. Aber um den Geschmack hinzubekommen, habe sie einfach zu viele Gurken gebraucht. „Das war preislich nicht darstellbar“, sagt sie. Rezeptideen probiert die Sirup-Köchin auch weiterhin zu Hause, für die Produktion mietet sie sich in eine Profi-Küche in einem Tennisverein um die Ecke ein. Schon wegen der behördlichen Auflagen. Dort kocht sie dann schon mal vier Sorten an einem Vormittag. Als Erstes setzt sie die Zutaten kalt auf und lässt sie eine Weile stehen. „Das riecht schnell sehr intensiv“, schwärmt Ruffing. Erst dann kocht sie den Ansatz mit Zucker auf. „Ohne Zucker geht es nicht, aber ich wollte so wenig wie möglich verwenden.“
Der Sirup enthält 28,3 Gramm Zucker auf 100 Milliliter
Herausgetüftelt hat sie eine Mischung von 28,3 Gramm Zucker auf 100 Milliliter. Heraus kommt dabei eine klare Flüssigkeit mit frischem, säuerlichem Aroma, die auf den ersten Blick wenig Ähnlichkeit mit normalerweise eher zähflüssigem Sirup hat. Die Konsistenz ist ein Markenzeichen von Mix Mich. „Ich hätte mein Produkt am liebsten gar nicht Sirup genannt“, sagt Nina Ruffing. Aber um es unterscheidbar von Saft zu machen, blieb nur diese Getränkegattung.
Bis heute macht sie alles selbst: Vom Sirup-Kochen bis zur Auslieferung an ausgewählte Feinkost-Geschäfte. „Ich verdiene Geld, aber nicht viel“, sagt die Start-up-Unternehmerin. „Mix Mich ist ein Liebhaberprodukt. Ich wollte nie ein großes Geschäft daraus machen“, sagt Nina Ruffing, für die Familie und Kinder weiterhin an erster Stelle stehen. Für den Hauptteil des Familieneinkommens sorgt ihr Ehemann, ein Architekt. Aber, sagt sie, der Umsatz steigt jedes Jahr. Inzwischen produziert Ruffing etwa 3500 Flaschen im Jahr. Dass es auch in der nächsten Saison neue Kreationen aus ihrer Versuchsküche gibt, ist nicht ausgeschlossen. An Maltes Kräuterstand auf dem Isemarkt gibt es noch etliche Inspirationen. „Letztlich“, sagt Nina Ruffing, „verkauft man die Sorten am besten, die raffiniert schmecken und gleichzeitig einem bekanntem Geschmack am nächsten kommen.“
Der Test:
Produkt: Mix Mich gibt es in sieben Sorten: Zitrone-Minze-Melisse, Zitrone-Ingwer-Minze, Zitrone-Thymian-Salbei, Limette-Zitronengras-Ingwer, Himbeer-Zitrone-Minze, Himbeer-Zitrone-Rosmarin. Die neuste Variante ist Limette-Basilikum. Der Sirup wird von Hand hergestellt und in 350-Milliliter-Flaschen verkauft.
Zutaten/Inhaltsstoffe: Alle Zutaten werden nach Herstellerangaben „weitestgehend regional und teilweise in Bio-Qualität“ eingekauft und frisch verarbeitet. Es werden keine künstlichen Farb-, Aroma- und Zusatzstoffe verwandt. Der Zuckergehalt ist mit 28,3 Gramm pro 100 Milliliter für einen Sirup im unteren Rahmen. 100 Milliliter enthalten 177 Kilokalorien.
Geschmack: Getestet wurde der Limette-Basilikum-Sirup. Die Variante wurde als angenehm fruchtig-säuerlich empfunden. Mix Mich funktioniert mit Leitungs- und Mineralwasser, aber peppt auch einen Sekt auf. Das empfohlene Mischungsverhältnis von 1:4 wurde als zu intensiv empfunden. Bei einem Tester fiel der Sirup komplett durch, „braucht kein Mensch“.
Preis/Verfügbarkeit: Die Preisempfehlung liegt bei 6,90 Euro. Das ist happig. Allerdings ergibt eine Flasche Sirup schon im empfohlenen Mischverhältnis 1,4 Liter Schorle – oder nach Geschmack auch mehr. Mix Mich wird in ausgewählten Feinkostläden angeboten und verschickt, in Hamburg etwa bei Elbsterne (Blankenese), Weinhaus Gröhl (Eppendorf) oder Mysupper (Schanze).
Fazit: Geschmacklich ist der Sirup mit intensiven Frucht-Kräuter-Geschmack eher ein Angebot für Erwachsene. Positiv ist, dass der Sirup vielseitig einsetzbar ist, allerdings wird er nur an wenigen Stellen verkauft. Das Abendblatt-Gesamturteil lautet deshalb 3,5 von fünf Sternen.