Hamburg. Bis zum 30. November kann der Anbieter gewechselt werden. In Hamburg sind die Policen besonders teuer. Ein Vergleich lohnt sich.
Jeder zweite, der seine Kfz-Versicherung zu teuer findet, will in diesem Jahr den Anbieter wechseln, ergab eine aktuelle repräsentative Umfrage des Vergleichsportals Check 24. Denn Treue rächt sich. Für Bestandskunden werden die Verträge bei Kfz-Versicherungen oft von Jahr zu Jahr teurer.
Zwar sind das in der Regel nur zehn oder 20 Euro, aber im Laufe der Jahre summiert sich das schnell auf 100 Euro oder mehr. Außerdem zahlen die Hamburger im Schnitt 40 Prozent mehr im bundesdeutschen Durchschnitt für ihre Kfz-Haftpflichtpolice. Neukunden werden dagegen von den Anbietern mit günstigeren Tarifen gelockt.
Kfz-Versicherung bis 30. November kündigen
„Ein Preiskampf ist eine gute Chance für Autofahrer, die eine neue Versicherung abschließen“, sagt Wolfgang Schütz, Geschäftsführer der Verivox Versicherungsvergleich GmbH. Autohalter können ihre Kfz-Versicherungen in der Regel bis spätestens zum 30. November des Jahres kündigen. Der Wechsel zu einem neuen Schutz ist aber nicht nur eine Frage des Preises, auch die Leistungen müssen passen. Das Abendblatt beantwortet die wichtigsten Fragen zum Versicherungswechsel und zeigt auf, wer besonders günstig ist.
Wie viel Geld kann ich beim
Wechsel sparen?
Je länger der Anbieter nicht gewechselt wurde, desto größer ist in der Regel das Einsparpotenzial. „Verbraucher, die Preise vergleichen, können im Durchschnitt fast ein Viertel des Beitrages sparen“, sagt Schütz. „Von Januar bis September 2019 lag der Abstand zwischen dem mittleren Preissegment und den jeweils drei günstigsten Angeboten am Markt bei 23 Prozent. Bei einem Vertrag mit Vollkasko sind das mehr als 170 Euro pro Jahr.“ Die großen Online-Makler Check 24 und Verivox erwarten für die kommenden Wochen sinkende Preise beim Abschluss von Neuverträgen. „Erfahrungsgemäß erleben wir ab Mitte Oktober einen verschärften Wettbewerb. Der wird dann wieder bis zum Wechselstichtag am 30. November anhalten“, sagt Tobias Stuber, Geschäftsführer der Kfz-Versicherung bei Check 24. Die konkrete Einsparung hängt aber von vielen persönlichen Faktoren ab.
Welche Faktoren beeinflussen die
Versicherungsprämie?
Neben dem Fahrzeugtyp, der Regionalklasse sowie dem Schadenfreiheitsrabatt (SF-Klasse) fließt eine Vielzahl weiterer Merkmale in die Beitragsberechnung ein – wie der Wohnort des Versicherten. Selbst innerhalb einer sehr langen Straße in Großstädten gibt es Preisunterschiede, wie Check 24 in einer Studie ermittelt hat. So steigt der Versicherungsbeitrag (Haftpflicht mit Vollkasko) für den Hamburger Autofahrer um bis zu zehn Prozent je näher er in der Bergedorfer Straße stadteinwärts wohnt. Ähnliche Ergebnisse gibt es für Berlin in der Landsberger Allee oder für Essen in der Gladbecker Straße. Auch das Alter, die jährliche Fahrleistung und Zahl und Alter der Fahrer des Autos spielen eine wichtige Rolle. Ein beliebiger Fahrerkreis kann die Kfz-Versicherung um bis zu 179 Prozent verteuern (s. Grafik). Das zeigt auch das Beispiel des Hamburger Familienvaters, der den Toyota Corolla fährt (s. Tabelle). Nur die HUK Coburg bleibt mit der jährlichen Versicherungsprämie (716 Euro) deutlich unter 1000 Euro. Der Versicherungsbeitrag ist nicht zuletzt deshalb so hoch, weil der 19-Jährige Sohn das Auto fahren darf.
Wer sind die günstigsten
Autoversicherer?
Weit besser als der Durchschnitt bei der Höhe der Versicherungsprämien sind für 40-Jährige Autofahrer, die Haftpflicht mit Vollkasko haben, die Deutsche Allgemeine, Friday und Verti. Zu diesem Ergebnis kommt die Stiftung Warentest nach umfangreichen Beispielrechnungen. Verti und Friday schneiden auch bei 70-Jährigen Autofahrern besonders günstig ab. 20-Jährige Fahrer werden bei Cosmos Direkt, HDI und HUK 24 günstiger als im Marktdurchschnitt versichert. Einzelheiten können im aktuellen Heft „Finanztest“ nachgelesen werden. In den nicht repräsentativen Beispielrechnungen für Hamburger Autofahrer in der Grafik können sich vor allem HUK Coburg und ihre Tochtergesellschaft, die Direktversicherung HUK 24, sowie die Hamburger Signal-Iduna je drei Mal unter den fünf günstigsten Anbietern behaupten. Europa, Cosmos Direkt, VHV und Verti gehören je zwei Mal mit zu den günstigsten Anbietern.
Welche Leistungen sind wichtig für
eine Kfz-Versicherung?
„Wir raten zur Höchstdeckung von 100 Millionen Euro für den Gesamtschaden“, sagt Kerstin Becker-Eiselen, Versicherungsexpertin der Verbraucherzentrale Hamburg. Personenschäden sollten mit mindestens acht Millionen Euro versichert sein. Diese Mindestforderungen sind bei allen Tarifen in den Beispielrechnungen erfüllt. Lediglich die Lippische gewährt beispielsweise einem Polofahrer eine Deckung von 50 Millionen Euro. Bei der Vollkaskoversicherung sollte durch den Versicherer auf den Einwand der groben Fahrlässigkeit verzichtet werden. Ein solcher Vorwurf kann zum Beispiel erhoben werden, wenn man aus Unachtsamkeit eine rote Ampel überfährt und dadurch einen Unfall verursacht. Der Versicherer kann dann die Zahlungen für das eigene Auto kürzen. „Über eine erweiterte Wildschadenklausel sollten Schäden durch Kollisionen mit Tieren aller Art versichert sein“, rät Bianca Boss vom Bund der Versicherten. Auch für Schäden durch Marderbisse sowie deren Folgeschäden sollte die Versicherung aufkommen.
Worin unterscheiden sich die Tarife
in den Beispielrechnungen?
Ein junger Fahrer entscheidet sich für einen Basis-Tarif, weil er das Auto besonders günstig versichern möchte. Damit geht in der Regel eine Werkstattbindung bei Kaskoschäden einher. Der Kunde darf nur in Werkstätten fahren, die der Versicherer vorschlägt. Auch grobe Fahrlässigkeit ist nicht obligatorisch mitversichert. Die Standard- und Standard-Plus-Tarife in den Beispielrechnungen bieten eine komfortable Absicherung. Tierbissfolgeschäden sind mindestens bis 2000 Euro abgesichert. Es gibt keine Werkstattbindung und auch grobe Fahrlässigkeit ist versichert. Auch eine erweitere Wildschadenklausel gehört zum Versicherungsschutz. Damit ist der Zusammenstoß zumindest mit allen Nutztieren und nicht nur Haarwild versichert.
Wann brauche ich eine Teil- oder
Vollkaskoversicherung?
Während die Haftpflicht obligatorisch ist, hängt Teil- oder Vollkasko vom Bedarf ab. „Je jünger das Fahrzeug ist, desto sinnvoller ist eine Vollkaskoversicherung“, sagt Becker-Eiselen. Denn die Vollkasko kommt für Schäden am eigenen Fahrzeug nach selbst verschuldeten Unfällen und Vandalismus auf. Mit der Teilkasko sind Schäden durch Blitzschlag, Hagel, Brand, Überschwemmung, Sturm, Glasbruch, Diebstahl und Wildunfall abgesichert. In Hamburg liegen die Preise für Vollkaskoversicherungen im oberen Drittel, Teilkaskoversicherungen sind hingegen relativ günstig – ab 2020 Klasse sieben von 16.
Wie komme ich zu einer
günstigeren Versicherung?
Das macht etwas Mühe. Mit der Zulassungsbescheinigung in der Hand kann auf Vergleichsportalen wie nafi-auto.de, Check 24 oder Verivox ein individueller Vergleich erstellt werden. Alle wesentlichen Kriterien können bei diesen Vergleichen eingesehen werden. „Wir raten zu nafi-auto oder test.de der Stiftung Warentest, weil die kommerziellen Vergleichsportale wie Check 24 nicht alle Versicherer enthalten“, sagt Becker-Eiselen. Der Vergleich von Stiftung Warentest kostet allerdings 7,50 Euro.
Kann man auch ohne Anbieterwechsel
bei der Prämie sparen?
Schon ein Anruf bei der Versicherung kann zu einem günstigeren Tarif führen, weil man damit Wechselbereitschaft signalisiert. Einsparungen kann man aber auch erreichen, indem man die tatsächlich benötigte Kilometerleistung mit der im Vertrag zugrunde gelegten vergleicht. Eine Prämienanpassung gibt es schon, wenn man nur 9000 Kilometer statt 12.000 Kilometer im Jahr fährt, oder wenn man sich zu einem Werkstatt-Tarif verpflichtet.