Hamburg. Commerzbank-Chef Martin Zielke erläutert die Pläne für die Integration der Online-Tochter. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Auf der Webseite der Quickborner Direktbank Comdirect stehen noch die selbstbewussten Sätze „Unsere Geschichte ist die einer Befreiung. Wir haben die Banktresen abgeschafft – und alles, wofür sie stehen.“ Potenziellen Kunden wird auch noch angeboten, ein Girokonto zu eröffnen oder Immobilien zu finanzieren. Doch schon in absehbarer Zeit wird das Unternehmen selbst nur noch Geschichte sein, geschluckt vom Mutterkonzern Commerzbank.

Am vergangenen Freitag hat dessen Vorstandschef Martin Zielke den eine Woche zuvor bekannt gegebenen Beschluss, die Comdirect zu integrieren, in einer Pressekonferenz in Frankfurt näher erläutert. Er äußerte sich auch zu der neuen Strategie der Commerzbank, die angesichts der Belastungen durch das Zinsumfeld unter anderem Filialschließungen, Stellenstreichungen und Gebührenerhöhungen für die Kunden vorsieht.

Hier die wichtigsten Fragen und Antworten zu den Comdirect-Plänen:

Was wird nun aus der Comdirect-Bank in Quickborn und aus der Marke?

Eine Zweimarkenstrategie ergebe Sinn, solange beide Banken wachsen und der Aufwand überschaubar ist, sagte Commerzbank-Vorstandschef Zielke. Doch nun setzt die Commerzbank selbst immer stärker auf den digitalen Kundenkontakt. Da sich die Geschäftsmodelle beider Banken somit immer weiter annähern, sei es sinnvoll, bei Vertrieb und Marketing auf eine Marke zu setzen, so Zielke. Klar ist: Als eigenständiges Unternehmen wird die Comdirect verschwinden, es wird auch keine Girokonten unter diesem Namen mehr geben. Allerdings soll er als Produktname für das Online-Wertpapierhandelsgeschäft der Commerzbank weiter genutzt werden. Welche Auswirkungen die Integration auf den Standort Quickborn hat, ließ Zielke offen.

Er verwies darauf, dass die Gespräche mit den Arbeitnehmervertretern noch nicht begonnen haben. Es liegt auf der Hand, dass einige der knapp 1100 Arbeitsplätze der Comdirect in Quickborn überflüssig werden, wenn sie als eigenständiges – und börsennotiertes – Unternehmen nicht mehr existiert. Das betrifft Jobs im Verwaltungsbereich. Auf der anderen Seite heißt es in einer Mitteilung der Commerzbank: „Die Comdirect soll Teil einer starken, innovativen Multikanalbank werden. Sie kann dadurch zusätzlich von Skaleneffekten und Wachstumsmöglichkeiten im Konzern profitieren.“ Das deutet darauf hin, dass die Comdirect in irgendeiner Form als organisatorische Einheit unter dem Dach der Commerzbank erhalten bleibt.

Was ändert sich künftig für die Kunden von Comdirect?

Die Comdirect hat nach eigenen Angaben knapp 2,7 Millionen Kunden, davon besitzen gut 1,6 Millionen ein Girokonto der Online-Bank. Zielke sagte am Freitag, für die Comdirect-Kunden werde sich durch die Integration in die Commerzbank „im praktischen Sinne“ kaum etwas ändern. Sie würden künftig Kunden der Commerzbank und könnten damit auch deren Filialdienstleistungen wahrnehmen. Allerdings würde dies heißen, dass es dann Bankprodukte mit zwei unterschiedlichen Gebühren unter dem Produktnamen Commerzbank gibt, weil die Comdirect aufgrund ihrer schlanken Kostenstruktur auch günstiger anbieten konnte. Auf die Frage, wie man damit umgehen will, gab es am Freitag keine eindeutige Antwort. Zielke sagte jedoch, er rechne nicht damit, dass es infolge der Zusammenführung zu Abwanderungen von Comdirect-Kunden in signifikantem Umfang kommen wird.

Welchen Gegenwert erhalten die Comdirect-Aktionäre?

82 Prozent der Comdirect-Aktien werden von der Commerzbank gehalten, die übrigen 18 Prozent sind Streubesitz. Den außenstehenden Aktionären bietet die Frankfurter Großbank 11,44 Euro je Anteilschein an. Der Preis liegt um 25 Prozent über dem Comdirect-Schlusskurs vor Bekanntgabe der Pläne – und er soll nach den Worten von Zielke nicht erhöht werden. Allerdings werde das Kaufangebot nur unter der Bedingung wirksam, dass die Commerzbank damit auf mindestens 90 Prozent der Comdirect-Anteile komme, sagte Zielke. Doch auch wenn diese Marke verfehlt werden sollte, ist die Integration nicht abgewendet. In einem solchen Fall werde auf einer Hauptversammlung der Comdirect über die Eingliederung abgestimmt, so Zielke – angesichts der Besitzverhältnisse mit vorhersehbarem Ergebnis. Dann erhalten die Comdirect-Minderheitsaktionäre nicht Bargeld, sondern Commerzbank-Aktien in einem Umtauschverhältnis, das gutachterlich ermittelt wird.

Worauf müssen sich die Kunden der Commerzbank einstellen?

Zielke stimmte die Kunden der Commerzbank auf Gebührenerhöhungen ein. Die Bank werde „Preisänderungen vornehmen“, hieß es. Dies sei im anhaltenden Zinstief erforderlich. Welche Gebühren genau steigen sollen, blieb offen – etwa, ob künftig ein regelmäßiger Geldeingang oder Zahlungsverkehr Voraussetzung für ein kostenloses Konto sein werden. Grundsätzlich halte man an diesem Produkt für Privatkunden aber fest: „Das ist nicht der Einstieg in den Abschied vom kostenlosen Girokonto.“

Was bedeuten die Pläne für den Standort Hamburg?

Konzernweit will die Commerzbank in den nächsten vier Jahren zwar 2000 Positionen vor allem im IT-Bereich neu schaffen. Insgesamt sollen aber 4300 der zuletzt 40.700 Vollzeitstellen abgebaut werden und 200 der 1000 Filialen in Deutschland schließen. Bisher ist unklar, wie sich das auf die 2500 Arbeitsplätze und 36 Filialen in Hamburg auswirkt. Würde in Hamburg in gleichem Umfang abgebaut wie im gesamten Konzern, fielen hier zwischen 140 und 300 Jobs und sieben Geschäftsstellen weg. Man wolle den Personalabbau „so verantwortungsvoll wie möglich“ gestalten, sagte Zielke – in der Bankenbranche sind verhältnismäßig hohe Abfindungen üblich. Im Firmenkundengeschäft will die Commerzbank allerdings über die nächsten vier Jahre bundesweit rund 150 zusätzliche Vertriebsmitarbeiter einstellen und die Kreditrisikokompetenz- und Abwicklungskapazitäten „in einer ähnlichen Größenordnung“ stärken. Die neuen Vertriebsmitarbeiter würden auf die Regionen verteilt.

Wie steht die Gewerkschaft Ver.di zu der neuen Strategie?

Die Integration der Comdirect in die Commerzbank findet die Unterstützung der Gewerkschaft Ver.di. Stefan Wittmann, der für die Commerzbank zuständige Gewerkschaftssekretär, sieht hingegen „keinerlei Einsparpotenzial“ in den Filialen. Wittmann forderte den Commerzbank-Vorstand auf, das vorhandene Personal so auf die verbleibenden Geschäftsstellen zu verteilen, „dass personelle Engpässe, ständige Vertretungen und kurzfristige Filialschließzeiten künftig deutlich seltener vorkommen“ und damit die Belastungen für die Beschäftigten sinken.