Hamburg. Für Hamburger keine gute Nachricht: Weil die USA Seelachs auf den Speiseplan von Schulen setzt, steigen die Preise.
Für Verbraucher gerade in Hamburg ist das keine gute Nachricht: „Wir werden für Fisch künftig immer mehr Geld ausgeben müssen“, sagte Matthias Keller, Geschäftsführer des von Unternehmen und Verbänden der Branche getragenen Fisch-Informationszentrums (FIZ). Dabei seien nicht etwa knapper werdende Bestände in den Meeren der Grund für die Verteuerung, sondern die Zunahme der Weltbevölkerung – und in vielen Regionen auf dem Globus spiele Fisch eine deutlich größere Rolle für die Ernährung als in Deutschland.
Doch es gibt auch politische Einflussfaktoren auf die Preise. Ausgerechnet der Alaska-Seelachs, der im Jahr 2018 auf den ersten Platz der Rangfolge der beliebtesten Fische in Deutschland rückte, ist in der ersten Jahreshälfte 2019 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um fast 30 Prozent teurer geworden. „Das liegt nicht zuletzt daran, dass US-Präsident Donald Trump verordnet hat, Fischstäbchen aus Alaska-Seelachs in der Schulspeisung einzusetzen“, erklärte Keller – und pro Tag werden immerhin 30 Millionen Mittagsmahlzeiten im Rahmen eines Unterstützungsprogramms des US-Landwirtschaftsministeriums komplett oder fast kostenlos serviert. Schon in den zurückliegenden Jahren hatte sich Alaska-Seelachs wegen hoher Nachfrage in asiatischen Ländern, in denen er vor allem zu Surimi verarbeitet wird, nach und nach verteuert.
Im ersten Halbjahr 2019 ist der Durchschnittswert der Fischeinkäufe stark gestiegen
Wie René Stahlhofen, der neue Vorsitzende des FIZ, auf der Grundlage von Daten des Marktforschungsunternehmens GfK mitteilte, ist die Fisch-Einkaufsmenge in Deutschland in den ersten sechs Monaten 2019 um 0,2 Prozent gestiegen, wobei der Durchschnittswert der Einkäufe sogar um 5,9 Prozent zulegte. „Das bestätigt, dass die Verbraucher erneut bereit waren, mehr Geld für Fisch und Meeresfrüchte als im Vorjahreszeitraum auszugeben“, sagte Stahlhofen.
Betrachte man die einzelnen Produktkategorien, so zeige sich aber auch, wie sensibel die Konsumenten auf Veränderungen der Preise reagierten: Mit einem Mengenzuwachs von gut 15 Prozent verzeichneten Räucherfischerzeugnisse einen regelrechten Nachfrageschub. Diese Warengruppe sei in den vergangenen Jahren wegen der hohen Rohwarenpreise bei Lachs wenig gefragt gewesen, während die Preise in diesem Jahr niedriger gewesen seien. Insgesamt wertete Stahlhofen die Marktentwicklung des ersten Halbjahrs als „ein ermutigendes Zeichen, dass die Verbraucher den Lebensmitteln aus dem Meer eine anhaltend große Wertschätzung entgegenbringen.“
Hamburg liegt beim Fischkonsum pro Kopf an der Spitze in Deutschland
Nach Schätzung des FIZ hat der Pro-Kopf-Verbrauch von Fisch im Jahr 2018 in der Bundesrepublik von 14,1 auf 14,4 Kilogramm zugenommen. Der größere Teil dieser Menge entfällt auf den sogenannten Außer-Haus-Verzehr zum Beispiel in Restaurants. Von privaten Haushalten eingekauft wurden im Schnitt 5,1 Kilogramm Fisch und Meeresfrüchte pro Kopf. Betrachtet man die einzelnen Bundesländer, liegt Hamburg mit einer Einkaufsmenge von 6,5 Kilogramm an der Spitze, gefolgt von den beiden Küstenländern Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern.
Pro Kilogramm musste man dabei 9,69 Euro zahlen, das waren 3,3 Prozent mehr als 2017. Auffällig dabei ist, dass der durchschnittliche Einkaufswert im Fischfachgeschäft zwar mit 14,24 Euro pro Kilogramm deutlich darüberliegt, dort aber – im Gegensatz zum Gesamtmarkt – nochmals gesunken ist. Während nur noch 4,5 Prozent aller Fischprodukte im Fachgeschäft eingekauft wurden, waren es bei Frischfisch immerhin 16 Prozent. Doch selbst dieser Anteil war schon einmal wesentlich höher – im Jahr 2012 lag er noch bei 23 Prozent. Mit einem Marktanteil von 48 Prozent aller Fisch-Einkäufe konnten die Discounter ihre Spitzenstellung verteidigen, die Supermärkte kamen auf 40 Prozent.
Zu Verschiebungen kam es in der Beliebtheit einzelner Fischarten bei den Verbrauchern in Deutschland. Der Alaska-Seelachs (18,4 Prozent Anteil am Verzehr) verdrängte 2018 den Lachs (15,4 Prozent) auf den zweiten Platz. Gleichzeitig hat der Thunfisch, der nach Angaben von Keller hauptsächlich in Konserven konsumiert wird, den Hering überholt, der jetzt nur noch auf Rang vier liegt. „Die steigende Beliebtheit von Garnelen hat dazu geführt, dass diese in der Favoritenliste den fünften Platz einnehmen“, so Stahlhofen.
Der bevorstehende Brexit wird sich auf die Heringsfangrechte auswirken
Der Krabbenmangel, der den Preis eines Krabbenbrötchens in der Hansestadt zeitweise auf mehr als 12 Euro getrieben hatte, ist jedoch längst überwunden: „Bei den Nordseekrabben verzeichneten die Fische im Jahr 2018 Rekordfänge“, sagte Keller. Dagegen haben Heringe und Dorsche in der Ostsee nach seinen Angaben ein „Klimaproblem“: Die steigenden Wassertemperaturen gefährden die Bestände. „Für die Ostseefischer ist das eine Katastrophe“, so Keller.
Auf den Verbrauch von Nordseehering könnte sich hingegen der für Ende Oktober erwartete Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union (EU) auswirken. Denn praktisch der gesamte Nordseehering wird in britischen Gewässern gefangen – allerdings von Fischereiflotten aus den Staaten auf dem europäischen Kontinent. „Großbritannien selbst hat kaum noch Schiffe dafür“, sagte Keller. Diese Konstellation hat zu Befürchtungen geführt, bei einem so genannten „harten Brexit“ ohne vertraglich geregelten Austritt könne der Heringsfang in der britischen 200-Seemeilen-Zone zum Erliegen kommen. Das wäre gerade in Deutschland als dem Hauptkonsumenten von Hering in der EU deutlich zu spüren. Keller glaubt jedoch selbst im Fall eines harten Brexit an Einigung zwischen der EU und den Briten über den Heringsfang, weil dies im beiderseitigen Interesse liege: „Es könnte allenfalls sein, dass die Preise für Hering etwas steigen, weil künftig Lizenzen für den Fang vor britischen Küsten gezahlt werden müssen.“