Hamburg. Energie aus erneuerbaren Quellen kann günstiger sein als fossile Angebote. Das Abendblatt gibt Tipps, worauf man achten sollte.

Das Interesse an Ökostrom wächst. Mehr als jeder zweite Haushalt entscheidet sich bei einem neuen Stromvertrag inzwischen für Ökostrom, wie das Vergleichsportal Verivox ermittelt hat. In Hamburg beziehen 44 Prozent der Haushalte Ökostrom. Dabei gibt es nach einer Studie von Verivox große Unterschiede zwischen den Stadtteilen. Während sich im Schanzenviertel 63 Prozent für Ökostrom entscheiden, sind es in Bergedorf nur 38 Prozent. Was ist beim Wechsel zum Ökostromtarif zu beachten? Fällt die Energierechnung höher aus als für konventionellen Strom? Was bringt es, wenn sich mehr Verbraucher für Ökostrom entscheiden? Von welchen Anbietern in Hamburg kann ich Ökostrom beziehen? Das Abendblatt beantwortet die wichtigsten Fragen.

Warum lohnt es, Stromtarife zu vergleichen?


Im ersten Halbjahr sind die Strompreise weiter gestiegen. Insgesamt 659 örtliche Grundversorger haben in diesem Zeitraum bisher die Strompreise um durchschnittlich fünf Prozent angehoben, darunter Vattenfall. „Der Trend steigender Energiepreise hat sich nach deutlichen Preiserhöhungen zum Jahreswechsel weiter verstetigt“, sagt Valerian Vogel, Energieexperte bei Verivox. Deshalb lohnt es, den eigenen Stromtarif zu überprüfen. Bei dieser Gelegenheit kann man sich auch für einen Ökostromtarif entscheiden.

Wie groß ist das Interesse an Ökostrom?


Die Nachfrage nach Strom aus regenerativen Quellen hat auf Jahressicht um 25 Prozentpunkte zugelegt, berichtet Verivox. Während sich im Juni 2018 ein Drittel (33 Prozent) der Neukunden für einen Ökostromtarif entschied, sind es im Juni 2019 bereits mehr als die Hälfte (58 Prozent) gewesen. Das Interesse an Ökostrom hatte seinen Höhepunkt ein Jahr nach der Atomkatastrophe im japanischen Fukushima erreicht. 2012 schlossen drei von vier Neukunden (78 Prozent) einen Ökostromtarif ab. „Seitdem war die Nachfrage kontinuierlich gesunken und erreichte im Jahr 2018 mit durchschnittlich 32 Prozent ihren Tiefpunkt“, sagt Vogel. Seit Jahresbeginn 2019 zeigt der Trend wieder deutlich nach oben.

Was ist Ökostrom?


Ökostrom kommt aus regenerativen Energiequellen wie Sonne, Wind- oder Wasserkraft. Gegenüber konventionell erzeugtem Strom ergeben sich zwei wesentliche Vorteile: Die Ökostromquellen sind unbegrenzt verfügbar, und es entstehen bei der eigentlichen Energieerzeugung keine schädlichen CO2-Emissionen, die das Klima erwärmen. Die CO2-Bilanz wird zwar häufig mit null Kilogramm angegeben. Aber die Produktion von Windrädern oder Fotovoltaikanlagen verursacht CO2. Doch auch unter Berücksichtigung dieses Umstands wird pro Kilowattstunde (kWh) deutlich weniger CO2 verursacht. Während es bei Strom aus Braunkohlekraftwerken 1000 Gramm CO2 je kWh sind, fallen bei Sonnenstrom 89 Gramm an und bei Strom aus dem Windpark nur 24 Gramm. Nach einem Wechsel kommt nicht automatisch Ökostrom aus der Steckdose.

Ökostrom – der große Vergleich

Die Versorgung läuft weiter über den Stromanbieter vor Ort. Aber der neue Anbieter speist den Ökostrom in das Stromnetz ein, sodass sich der Ökostromanteil insgesamt erhöht. Im vergangenen Jahr lag der Anteil der erneuerbaren Energien am gesamten Stromverbrauch bei 37,8 Prozent. 2014 waren es erst 27,4 Prozent. Im ersten Halbjahr 2019 deckten die erneuerbaren Energien sogar 44 Prozent des Stromverbrauchs in Deutschland.

Ist Ökostrom teurer als konventioneller Strom?


Da die Bonuszahlungen für den Abschluss eines neuen Tarifs die tatsächlichen Preise verzerren, ist ein Vergleich ohne Boni angebracht. Drei der fünf günstigsten Tarife liegen beim Ökostrom unter 27 Cent je kWh. Die Tarife kommen von den Anbietern Gaspar, Gut & Grün und Eprimo. Der Durchschnittspreis in Deutschland beträgt 30,22 Cent je kWh. Mit Ökostrom sind also durchaus Einsparungen bei der Energierechnung möglich. Verbraucher zahlen nicht drauf, nur weil sie Ökostrom beziehen.

Wie unterscheiden sich die Preisbeispiele in den Tabellen?


Die Familien in den Berechnungsbeispielen verbrauchen beide 4000 kWh im Jahr, kommen aber aus verschiedenen Tarifen. In der linken Tabelle ist die Familie noch im Basistarif von Vattenfall, der mit 30,43 Cent je kWh besonders teuer ist. Deshalb ist auch das Einsparpotenzial größer als in der rechten Tabelle. Nur Grünwelt Energie und Entega zahlen einen Neukundenbonus. Im zweiten Jahr ist deshalb der Preis des Tarifs von Grünwelt Energie auch ohne Preiserhöhungen um rund 124 Euro höher als der teure Basistarif von Vattenfall. Nur ein erneuter Wechsel bringt dann wieder Einsparungen. Die Familie in der rechten Tabelle kommt aus dem günstigeren Easy­-Strom-Tarif von Vattenfall (28,99 Cent je kWh). Bei den neuen Anbietern gibt es keinen Neukundenbonus. Die Einsparungen zwischen 76 und 65 Euro im Jahr ergeben sich also allein aus dem günstigeren Preis und können auch im zweiten Jahr realisiert werden, wenn die Ökotarife nicht teurer werden.

Wie gut ist der Ökostrom?


Der Begriff „Ökostrom“ ist nicht geschützt. Mogelpackungen sind deshalb möglich. Kritisiert werden von Verbraucherschützern vor allem Unternehmen, die zwar Ökostromtarife im Programm haben, aber gleichzeitig auch noch Strom aus Atom- und Braunkohlekraftwerken anbieten. Die Verbraucher können sich an zwei Siegeln orientieren: Das Siegel „ok power“ garantiert neben einer hundertprozentigen Stromherkunft aus erneuerbaren Quellen auch faire Tarifbedingungen.

Beim Siegel „Grüner Strom“ müssen die Anbieter pro Kilowattstunde Energie, die sie verkaufen, einen festgelegten Betrag zum Ausbau der erneuerbaren Energien leisten. Die von Check24 aufgelisteten Tarife garantieren die nachhaltige Erzeugung von Ökostrom. Solche Tarife sind mit dem „ok power“-Label oder „Grüner Strom“-Label ausgezeichnet. Wenn das nicht der Fall ist, kann der Anbieter nachweisen, dass er in signifikantem Umfang in die lokale Ökostromproduktion investiert. Bei Verivox­ haben die Ökotarife ein TÜV-Siegel, das zusätzliche Maßnahmen in die Ökostromproduktion garantieren soll.

Kann ich Ökostrom aus Hamburg beziehen?


Mit Lichtblick, Hamburg Energie und Greenpeace Energy gibt es gleich drei reine Ökostromanbieter, die allerdings zum Teil in den Vergleichsportalen nicht vorkommen. Bei einem Verbrauch von 4000 kWh ist Hamburg Energie mit einem Jahrespreis von 1236 Euro der günstigste Anbieter aus der Stadt, gefolgt von Lichtblick mit 1239 Euro. Bei Greenpeace Energy werden 1246,80 Euro fällig. Wer von Vattenfall nicht wechseln will, kann auch bei diesem Anbieter Ökostrom beziehen. Der Tarif Natur 12 Strom kostet regulär 1289 Euro im Jahr. Im ersten Jahr ist der Tarif wegen der Boni um 141 Euro günstiger, kostet also nur 1148 Euro. Der Tarif erfüllt aber nicht die Kriterien für nachhaltigen Ökostrom und taucht deshalb in der Übersicht von Check24 nicht auf.

Welche Kriterien sind bei der Tarifauswahl wichtig?


Der Preis sollte mindestens für zwölf Monate fix sein. Allerdings garantieren die meisten Anbieter nur jene Preisbestandteile, die nichts mit Steuern und anderen staatlichen Abgaben zu tun haben. Die Kündigungsfrist sollte nicht mehr als sechs Wochen betragen und die Vertragslaufzeit zwölf Monate nicht überschreiten. Das ist bei allen Tarifen in der Tabelle der Fall. Es zahlt sich aus, auf einen günstigen Preis pro kWh und einen niedrigen Grundpreis zu achten.

Muss ich den alten Stromvertrag selbst kündigen?


„Nur wenn ich nach einer Preiserhöhung von meinem Sonderkündigungsrecht Gebrauch machen möchte“, sagt Andrea Grimm von der Verbraucherzentrale Hamburg. Meist muss der alte Vertrag nicht persönlich gekündigt werden. Das übernimmt dann der neue Anbieter, bei dem man Kunde wird.