Hamburg. Firmen aus der Region überraschen mit neuen Produkten. Wir erzählen die Geschichte dahinter. Heute: High Five von Vonmählen.

Der Raum hinter der großen Schaufensterfront ist hell und hoch. Es gibt einen Verkaufstresen, Tisch und Monitor. Von den Wänden lächeln gut aussehende Menschen. Eine Werbeagentur könnte hier ihren Sitz haben oder ein Modelabel. Julian Thormählen lächelt. Hinter ihm hängen Kopfhörer, Ladekabel in verschiedenen Farben und diese angesagten Halterungen, mit denen sich Handys noch schneller bedienen lassen. Drumherum ist viel Platz. „Das ist unser Showroom“, sagt der 27-Jährige. Er ist der Chef von Vonmählen. Das Start-up verkauft Tech-Lifestyle-Produkte – funktional und zugleich durchgestylt – als modische Accessoires für den Alltag wie eine Sonnenbrille. „Wir bauen einen neuen Markt auf“, sagt der Gründer.

Marineblaue Anzugjacke, passendes Einstecktuch, nach hinten gegelte Haare – in schnellen Schritten eilt Julian Thormählen durch die Büros. Erst Mitte vergangenen Jahres war das Start-up in den Neubau nahe der Lüneburger Innenstadt gezogen. Seitdem hat sich die Zahl der Mitarbeiter am Standort auf 80 verdoppelt. Vertrieb, Online-Marketing, Finanzen. In der Produktentwicklung bleibt der Jungunternehmer stehen. Eine Mitarbeiterin arbeitet an einer Weiterentwicklung des Multifunktions-Ladekabels Allroundo. „Das ist unser stärkstes Produkt“, sagt Julian Thormählen. Mehr als zwei Millionen Mal wurde es bislang verkauft. Im September kommt die Kollektion der österreichischen Modedesignerin Marina Hoermanseder auf den Markt, mit Leopardenmuster oder im Batik-Look. „Wir sind die erste Tech-Marke, die gezielt auch Frauen anspricht“, sagt der Gründer.

Produziert wird in China

Produziert wird im chinesischen Dongguan, wo die Lüneburger ein Joint Venture mit einem lokalen Hersteller gegründet haben. „Wir produzieren unsere Produkte gemeinsam mit den gleichen Standards wie in Deutschland“, so Julian Thormählen. Dass er Unternehmer werden wollte, wusste er früh. Im Kinderzimmer seines Elternhauses im Heidedorf Edendorf bastelte er an ersten Geschäftsideen. Nach dem Abitur begann er ein duales Studium beim Lüneburger Modehersteller Roy Robson, entwickelte parallel Ideen für Start-ups. Abends jobbte er auf der Baustelle, um Geld für seine Projekte zu verdienen. Die ersten Ideen ließen sich nicht umsetzen, aber Thormählen machte weiter. „Ich habe in der Zeit gelernt, wie man ein Geschäft aufbaut“, sagt er. 2015 nahm er mit drei Freunden den dritten Anlauf und startete die Firma Tradeconthor, aus der 2018 Vonmählen wurde. „Ich will etwas Großes machen“, sagt der Gründer.

Im wachsenden Markt mit Elektronik-Gadgets besetzen die Lüneburger mit ihrer Geschäftsidee eine Nische. In den ersten Jahren haben sie ihre Produkte nur gegen Vorkasse verkauft, um überhaupt produzieren zu können. 2017 war ein französischer Investor eingestiegen. Seitdem ist das Wachstumstempo bei Vonmählen deutlich gestiegen. Neuester Zugang in der Produktpalette ist das nach eigenen Angaben weltweit erste 5in1-Ladekabel für den Schlüsselanhänger High Five, mit dem man mobile Geräte mit verschiedenen Schnittstellen mit Strom versorgen kann. Julian Thormählen holt seinen Schlüsselbund heraus – mit dem Mini-Ladekabel dran. Klar, dass der Mann, der schon mal der „Mark Zuckerberg Niedersachsens“ genannt wird, so ein Ding hat. Er steht quasi immer unter Strom. Im Mai wurden die ersten Exemplare nach einer Kickstarter-Kampagne ausgeliefert. Inzwischen sind 100.000 Stück verkauft.

Airports und Bordeinkauf

Neben dem Online-Handel werden die Produkte von Vonmählen weltweit an Flughäfen und im Bordshopping bei knapp einem Dutzend Fluggesellschaften verkauft. Firmen wie die Telekom, Porsche oder VW bestellen die praktischen Gadgets als Werbegeschenke. Der Bereich macht etwa 40 Prozent des Geschäfts aus. „Wir haben seit der Gründung jedes Jahr unseren Umsatz verdoppelt“, sagt Thormählen. Rechnerisch sind das 1500 Prozent Wachstum. 2018 erlöste das Start-up 5,2 Millionen Euro. Dieses Jahr wollen die Lüneburger, die mehrfach für Produktdesign und Geschäftsidee ausgezeichnet wurden, die Zehn-Millionen-Euro-Marke knacken. „Wir wurden von Deloitte 2017 als schnellst wachsender Tech-Newcomer Deutschlands mit dem Rising Star Award ausgezeichnet“, so der Gründer. Für die nächsten Jahre setzen er und sein Team auf die internationale Expansion. Schon jetzt gibt es die Tech-Accessoires aus Lüneburg in 40 Ländern, darunter auch Australien und der Mittlere Osten.

In Deutschland wollen die Start-up-Unternehmer im nächsten Jahr im stationären Handel Fuß fassen. Bei der IFA im Herbst ist erstmals ein großer Auftritt geplant. „Wir stellen einige Produktinnovationen vor“, sagt Julian Thormählen. Präsentiert wird die Kollektion nicht nur am Messestand – auch Modeschauen sind geplant.