Wuppertal. Der Absatz der Küchenmaschine in Europa schwächelt. Darauf reagiert Vorwerk. In Wuppertal drohen Kündigungen.

Der Thermomix hat in deutschen Küchen längst Kultstatus erlangt. Wer ihn sich leisten kann, kocht, brät und püriert damit, macht Suppen und Soßen – um kaum ein anderes Haushaltsgerät gab es solch einen Hype wie um den 1359 Euro teuren Alleskönner.

Dem Hersteller Vorwerk hat das Luxusprodukt in den vergangenen Jahren Milliardenumsätze beschert – doch der große Boom ist vorbei. Daraus zieht das Traditionsunternehmen jetzt Konsequenzen und schließt seine Fertigungsstraße am Stammsitz in Wuppertal. Parallel entsteht eine neue Montagelinie in Fernost.

Erst im März hatte der Hersteller die neueste Generation des Thermomix, das Modell TM6, vorgestellt. Vorwerk-Chef Reiner Strecker hat für neues Wachstum vor allem den Markt in China im Blick. Von einer Marktsättigung in Europa will Unternehmenssprecher Michael Weber an diesem Dienstag gegenüber unserer Redaktion aber nicht sprechen.

Dass sich die Wachstumsraten von über 50 Prozent nicht wiederholen ließen, die Vorwerk bei der Einführung des ersten volldigitalen Modells TM5 vor einigen Jahren erlebte, liege aber auf der Hand. Im vergangenen Jahr erzielte das Familienunternehmen, das neben dem Thermomix auch für die Staubsaugermarke Kobold bekannt ist, einen Umsatz von 2,8 Milliarden Euro. Vorwerk verkaufte weniger Thermomix-Küchenmaschinen.

Das waren wegen sinkender Nachfrage rund vier Prozent weniger als im Vorjahr. Absatzziele seien nicht erreicht worden, hieß es bei der Vorlage der Geschäftszahlen im Mai. Etwas mehr als ein Drittel des Umsatzes entfällt auf den Thermomix.

Thermomix von Vorwerk: Geräte für deutschen Markt kamen immer aus Frankreich

Voraussichtlich zum Jahresende soll nun die Produktion des Verkaufsschlagers am Stammsitz auslaufen. Insgesamt 200 Vollzeitstellen will die Unternehmensgruppe streichen und damit rund jeden zwölften Arbeitsplatz. Bis zu 85 Mitarbeitern droht eine betriebsbedingte Kündigung.

Betroffen sind die Produktion, die Vertriebs- und Dachgesellschaft. Am Stammsitz arbeiten derzeit rund 2500 Menschen, bundesweit zählt Vorwerk etwa 3000 Mitarbeiter. Der Stellenabbau und das Aus für die Endmontage sind das Resultat eines Konsolidierungsprozesses. Im Zuge der Digitalisierung will sich Vorwerk schlanker und effizienter aufstellen.

In der Thermomix-Fangemeinde folgten am Dienstag im Internet empörte Reaktionen auf das Aus für die Fertigung im Bergischen Land. Doch für Kunden in Deutschland habe die Entscheidung gar keine direkten Folgen, betont Firmensprecher Weber. Das Stammwerk produziert nach seinen Angaben vor allem Kleinserien für spezielle Märkte mit seltenen Steckerformen oder anderem Stromsystem.

Etwa ein Viertel der Gesamtproduktion erledigten derzeit die Mitarbeiter in Wuppertal. Der Thermomix für den deutschen und andere wichtige europäische Märkte komme dagegen schon immer aus der Hauptfertigungsstätte in Frankreich – und dabei bleibe es auch. Der Großteil der Produktion erfolge weiterhin in der Vorwerk-Fabrik in der zentralfranzösischen Ortschaft Cloyes-sur-le-Loir.

Endmontage in Wuppertal erst 2015 gebaut

Die Thermomix-Endmontage in Wuppertal hatte Vorwerk zudem erst 2015 aufgebaut, als der Hype um den Küchen-Alleskönner gerade seinen Höhepunkt erreicht hatte. Damit wollte der Hersteller die Hauptproduktion in Frankreich entlasten. Vorwerk konnte die große Nachfrage nicht bedienen, Kunden klagten über lange Wartezeiten. Inzwischen sind viele Haushaltsgerätehersteller aufgesprungen und bieten preisgünstigere Geräte mit ähnlichen Funktionen an.

Währenddessen entwickelt sich das Geschäft mit dem Thermomix in China prächtig. Allein 2018 stiegen die Verkaufszahlen nach Firmenangaben um über 100 Prozent, der Umsatz mit der Küchenmaschine stieg auf 112 Millionen Euro. Dort boomt bei der stark wachsenden Mittelschicht die Nachfrage nach dem Luxusprodukt aus dem Westen.

In Schanghai, wo Vorwerk einzelne Kobold-Staubsauger herstellt, errichtet das Unternehmen nun eine Spritzgussanlage und eine Endmontage für die Küchenmaschine. „Asien insgesamt ist für Vorwerk ein Wachstumsmarkt. Daher ist es auch sinnvoll, dort eine Endfertigung zu etablieren“, sagt Vorwerk-Sprecher Weber unserer Redaktion.

Bei Arbeitnehmervertretern stößt der Plan unterdessen durchaus auf Verständnis. Mathias Hillbrandt von der IG Metall in Wuppertal erhofft sich davon eine Stabilisierung des deutschen Geschäfts: „Es hängt kein Damoklesschwert über dem Standort Wuppertal“, sagte er dem „Handelsblatt“.

Thermomix: Ärger mit dem TM6

Viele Kunden ärgerten sich zuletzt über die Veröffentlichung und vor allem die Informationspolitik Vorwerks in Sachen TM6. Der neue Thermomix sorgte schon vor Erscheinen für Ärger. Kunden wollten sogar klagen.

Test: Vorwerk Thermomix TM6 – so schlägt sich die Neuauflage

Die Fans hatten sich beschwert, dass sie über die Neuerscheinung des Gerätes nicht früh genug informiert worden waren. Einige Kunden hatten sich das Vorgängermodell zugelegt, um dann teilweise nur eine oder zwei Wochen später vom neuen Modell zu erfahren. Teils langjährige Kunden argumentierten: Hätte man von dem neuen Gerät gewusst, hätte man noch ein wenig gewartet und dieses gekauft. Hinzu kam Konkurrenz durch günstigere Alternativen zum Thermomix.

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Drama um neuen Thermomix- Darum wollen Kunden klagen

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