Hamburg. Die Hamburger Firma sucht nach Top-Preisen für 800.000 Produkte. Onlineshopper bei guenstiger.de haben besondere Merkmale.
Die Fische fallen dem Besucher sofort ins Auge. Im Foyer steht ein Aquarium, in dem die bunten Flossentiere schwimmen. Zusammen mit dem Strandkorb erinnert diese Kulisse an die Wohlfühlkultur vieler Start-ups – aber den Kinderschuhen ist das Unternehmen schon lange entwachsen. Seit nunmehr 20 Jahren gehört guenstiger.de zu den größten deutschen Vergleichsportalen im Internet – und nur den wenigsten ist wohl bekannt, dass das Unternehmen ihren Sitz in Hamburg hat.
Rund 800.000 Produkte beobachten die insgesamt 80 Mitarbeiter, etwa 60 Millionen Preise werden erfasst. „Darunter gibt es Preise, die sich täglich mehrfach ändern“, sagt Geschäftsführer Harald Schiffauer. Das Sortiment ist breitgefächert. Am häufigsten suchen die Onlineshopper bei guenstiger.de nach Fernsehern, Hifi-Geräten und anderen Elektroartikeln. „Alles mit einem Stecker läuft bei Preisvergleichsportalen am besten“, sagt Schiffauer. Dazu kommt noch die Fotografie, an der man beispielhaft sehen kann, wie sich die Nachfrage der Kunden in den vergangenen Jahren verändert hat.
Gab es früher nur analoge Kameras, so hat sich dieser Bereich auf rund drei Dutzend Modelle reduziert. Die digitalen Kameras sind auf dem Vormarsch, mehr als 600 Typen sind heute im Portfolio. Ähnlich wie Fax-Geräte und Röhrenfernseher droht den analogen Kameras das langsame Aus – und darauf müssen die Mitarbeiter selbstverständlich reagieren. Sie tauschen regelmäßig die Ware aus. „Es gibt immer wieder neue Kategorien, die hinzukommen: E-Scooter, Staubsaugerroboter oder Smarthome-Produkte wie Alexa und Thermostat-Regler, die sich über eine App steuern lassen“, sagt der 49-Jährige, der seit Anfang 2012 die Geschicke des Unternehmens leitet. Das Angebot wird ständig an das Suchverhalten der Kunden angepasst.
guenstiger.de: Zehnköpfiges Produktteam pflegt die Daten
Das zehnköpfige Produktteam pflegt die Daten, die von den Händlern kommen, ins System ein. Es bestimmt die Kategorie, in die die Artikel positioniert werden, und schaut, welche Vergleichsprodukte gewählt werden. Zu den Offerten der Händler werden Testberichte hinzugestellt, damit sich die Kunden im Internet einen Eindruck von der Qualität machen können.
Mit insgesamt 95 verschiedenen Medien arbeitet guenstiger.de zusammen, schließlich ist das Abschneiden in solchen Tests für viele Kunden ein immer wichtigeres Kriterium für die spätere Kaufentscheidung. Genauso wie die Kundenrezensionen des Shops, denen die Verbraucher zwischen null und fünf Sternen für die Dienstleistung geben können. Für viele Käufer besonders wichtig ist der Preisalarm. Per E-Mail werden Nutzer informiert, wenn das Produkt zum Wunschpreis erhältlich ist.
Rund 2,6 Millionen Onlineshopper zählt das Portal pro Monat. Der stärkste Tag ist übrigens der Sonntag, wahrscheinlich weil die Menschen dann die meiste Zeit haben und die Läden geschlossen sind. Man sitzt auf dem heimischen Sofa und vergleicht alleine oder mit der Familie.
Das Angebot variiert mit den Jahreszeiten
Das Angebot variiert mit den Jahreszeiten, die Mitarbeiter brauchen aber einen gewissen zeitlichen Vorlauf, um es zu betreuen. „Weihnachten beginnt bei uns schon im Sommer“, sagt Schiffauer. Beispielsweise stellen die Hersteller von Skiern und Snowboards ihre Neuheiten bereits im August vor. Dann wird das Team bei guenstiger.de aktiv und pflegt die Produkte in die Datenbank ein – auch wenn die Schneesaison erst im Oktober langsam anläuft.
Rund 1500 Händler stehen bei guenstiger.de in Deutschland unter Vertrag. Das für das Vergleichsportal letztlich wichtigste Kriterium – der Preis – wird von dem eigenen Programm meist direkt beim Händler abgefragt. Es sind große Datenmengen, die die Computersoftware täglich bewältigen muss, denn 25 Millionen Artikel werden in 24 Stunden daraufhin überprüft, wie teuer sie sind. „Unser eigenes Programm schaut alle paar Minuten nach, ob sich der Preis verändert hat und spielt ihn nahezu in Echtzeit ins System ein“, sagt Schiffauer. In erster Linie erledigt ein Algorithmus die Aufgabe. Ob die Veränderungen aber auch wirklich passen, kontrolliert bei den wichtigsten 10.000 Produkten noch der Mensch per Auge und Verstand.
Auch in Neu-Delhi sitzen Mitarbeiter von guenstiger.de
Die Mitarbeiter sitzen nicht nur an der Deichstraße in der Altstadt. Mit 45 Beschäftigten arbeitet der größte Teil von ihnen in Indien. Und das hat historische Gründe. Früher hatte ein US-Unternehmen eine Beteiligung an guenstiger.de mit eben dieser Dependance in Indien. Als die Amerikaner später wieder ausstiegen, übernahm die Hamburger Preissuchmaschine das Indien-Geschäft. So kümmern sich die Beschäftigten in der Nähe von Neu-Delhi heute schwerpunktmäßig um zwei Themen: das Online-Marketing und die technisch-operative Entwicklung. Ein Vergleichsportal in dem bevölkerungsreichen asiatischen Staat plant das Hamburger Unternehmen aber nicht. Denn die Konkurrenz dort sei zu groß.
Der wichtigste Auslandsmarkt ist Ungarn
Der wichtigste Auslandsmarkt ist Ungarn. Im Jahr 2005 startete ein Mitarbeiter quasi als Hobby mit argep.hu den Markteinstieg in dem osteuropäischen Staat, weil es sein Heimatland ist. Mit rund 2000 Händlern wird dort heute zusammengearbeitet. „Das ist unter dem Radar gewachsen – nun sind wir dort die Nummer zwei im Markt“, sagt Schiffauer. In Deutschland sieht der studierte Betriebswirt und frühere Microsoft-Manager das Unternehmen hinter den Konkurrenten idealo und billiger.de auf dem dritten Platz. Sein Geld bekommt das Unternehmen, zu dem auch die Portale preissuchmaschine.de und preis.info gehören, von den Händlern. Diese zahlen zum Beispiel für jeden Klick auf ihrer Homepage, der über guenstiger.de gekommen ist. Oder die Hamburger erhalten einen Teil des Warenkorbwertes als Umsatzprovision. Im Jahr 2017 wurden insgesamt gut zwölf Millionen Euro erlöst.
Der Umsatz wachse stetig, sagt Schiffauer. Unterm Strich sei man seit mindestens 15 Jahren durchweg profitabel. Damit unterscheidet sich das Unternehmen von den meisten Start-ups – als Konstante aus den Anfangsjahren bleiben die Fische.