Hamburg. Die Helm AG profitiert von Medikamenten gegen Multiple Sklerose, Epilepsie und Herpes. Fachleute für Jobs in Hamburg gesucht.

Die Zahlen zeigen klar nach oben. Der Weltumsatz legte um 11,4 Prozent auf 8,3 Milliarden Euro zu, der Jahresüberschuss schoss um 259 Prozent auf 66,1 Millionen Euro in die Höhe. Dennoch spricht Hans-Christian Sievers, 55, nur von einem „zufriedenstellendem Ergebnis“. Der Chef des weltweit größten unabhängigen Chemikalienhändlers, der Hamburger Helm AG, weiß, dass 2012 und 2014 der Jahresüberschuss noch höher lag. Trotzdem kann man beim Blick auf die Ergebnisse der vergangenen zwei Jahre festhalten: Die Delle 2016, als es vor allem wegen Problemen mit einer wichtigen Produktionsstätte für Methanol in Trinidad und Tobago einen Fehlbetrag in Höhe von 15,6 Millionen Euro gab, ist überwunden. Die Helm AG mit Hauptsitz in Hammerbrook ist zurück in der Erfolgsspur.

Vier neue Medikamente sind auf den Markt gekommen

Vor allem in zwei Geschäftsfeldern stimmten die Zahlen. Die Erlöse mit dem Vertrieb von Chemikalien, primär Methanol, stiegen 2018 um rund 42 Prozent auf 3,7 Milliarden Euro. Highlight in diesem Segment: Die Helm AG beteiligte sich an der größten Methanolanlage Nordamerikas in Beaumont (Texas). „Ein Riesenschritt für uns“, so Sievers.

Auch der Umsatz mit Pharmazeutika legte um 5,2 Prozent auf 202 Millionen Euro zu. Die Helm AG handelt dabei nicht nur mit Pharmarohstoffen, sondern entwickelt und vertreibt zudem Medikamente – so genannte Generika (Nachahmerprodukte). 2018 konnten vier Medikamente gegen Multiple Sklerose, Epilepsie, Herpes und Hautinfekte auf den Markt gebracht werden. Das Lukrative an der Pharmasparte: Die Umsatzrendite liegt hier im hohen zweistelligen Bereich.

Sorgen wegen des Handelsstreits zwischen den USA und China

Der Verkauf von Düngemitteln lief 2018 nicht gänzlich rund. Die Umsätze sanken um 17,6 Prozent auf 760 Millionen Euro. Dennoch sprach Sievers von einem „soliden Ergebnisbeitrag“. Eine Aussage, die für das Geschäft mit Pflanzenschutzmitteln nicht gilt. Hier stiegen die Umsätze zwar um 10,7 Prozent auf 290 Millionen Euro, allerdings zeigte sich Sievers mit dem Ergebnis „nicht zufrieden.“ Grund waren Lieferengpässe in China, die zu höheren Preisen führten, welche die Helm AG nicht an die Kunden weitergeben konnte. Hinzu kamen Währungsschwankungen in Lateinamerika.

Wie kaum ein anderes Hamburger Unternehmen ist die Helm AG von internationalen Handels- und Währungsturbulenzen betroffen. Schließlich ist das Familienunternehmen mit seinen 1621 Beschäftigten (Vorjahr: 1521) in mehr als 30 Ländern vertreten und liefert seine Waren rund um den Globus. „Der Handelskonflikt zwischen den USA und China bereitet uns durchaus Sorgen“, sagt Sievers. Auch die US-Sanktionen gegen den Iran sind für den traditionsreichen Handelskonzern, der auf eine 118-jährige Geschichte zurückblickt, wenig hilfreich.

Schließlich hatte der Iran die Helm AG mit rund 150.000 Tonnen Düngemittel beliefert. Damit ist es nun vorbei – und die Hamburger mussten nach alternativen Lieferanten suchen. Zeitaufwendig und kostspielig sind diese neuen Handelsbarrieren der US-Regierung unter Präsident Donald Trump.

Selbst gute Betriebswirte sind schwer zu finden

Doch es gibt noch ein weiteres Problem, dass mit internationalen Verflechtungen, der Globalisierung und vor allem dem Fachkräftemangel in Deutschland zu tun hat. Der Helm AG fällt es immer schwerer, Personal zu finden. „Wir wollen auch am Standort Hamburg 2019 wieder mehr Mitarbeiter als im Vorjahr haben, aber die Suche wird deutlich komplizierter“, so Sievers. Dabei geht es nicht nur um Biologen, Chemiker und die ohnehin bundesweit heiß begehrten IT-Spezialisten. Selbst exzellente Betriebswirte sucht man in Hammerbrook oft vergeblich.

Das Unternehmen müsse immer wieder neue Ideen entwickeln, um Personallücken zu füllen. Dabei ist es mittlerweile selbstverständlich, dass die Helm AG verstärkt im Ausland nach Fachkräften sucht. Jüngstes Beispiel in der Leitungsebene: Der Franzose Olivier Saulnier wurde in der erweiterten Geschäftsführung für den Bereich Düngemittel gewonnen. Saulniers einziges Problem: Er spricht kaum Deutsch. Die Konsequenz: Wenn sich die erweiterte Führung der Helm AG zu ihren regelmäßigen Konferenzen trifft, wird nun auf Englisch kommuniziert. Auch das betriebseigene Regelwerk der Helm AG wurde auf Englisch übersetzt.

Für das Jahr 2019 ist der Chef der Helm AG zuversichtlich

Doch damit nicht genug: Die Zahl der Beschäftigten, die nur unzureichend Deutsch können, ist mittlerweile so groß, dass man auf den Gängen immer mehr Englisch hört. „In 20 Jahren wird die Unternehmenssprache der Helm AG Englisch sein“, sagt Sievers voraus. Und auch bei privaten Gesprächen in der Kantine oder am Kaffeeautomaten dürfte sich die Weltsprache in der Nordkanalstraße immer mehr durchsetzen.

Denn Sievers weiß: „Um die Integration der Beschäftigten bei uns langfristig zu gewährleisten, müssen sie sich auch privat wohlfühlen.“ Und dazu gehöre eben auch ein verständlicher Plausch bei der Arbeit über das Wetter, Essen, Hobbys und Beziehungen.

Dass neue Kollegen – auch aus dem Ausland – zu einem soliden, gut aufgestellten Unternehmen kommen, davon ist Sievers zu hundert Prozent überzeugt. Zum einen lobt er immer wieder die Eigentümerfamilie mit Aufsichtsratschef Dieter Schnabel an der Spitze, die stets langfristig und nicht – wie sonst bei Aktiengesellschaften an der Börse üblich – in Quartalen denke. Diese Unabhängigkeit genießt Sievers sichtlich.

Und sie wird auch durch das hohe Eigenkapital von 779 Millionen Euro (Vorjahr: 727 Millionen Euro) untermauert. Für 2019 sagt der Chef der Helm AG zudem einen Rekordumsatz voraus. Und auch beim Ertrag werde man „nicht schlechter als 2018“ abschneiden.