Hamburg. Firma erstellt Studie, um Paletten durch eine Röhre von Wilhelmsburg nach Altona zu schicken. Das könnte nur der Anfang sein.

Lärm, Gestank und Abgase: Tag für Tag quälen sich Tausende Lkw durch Hamburgs Straßen, durch den Elbtunnel und über die Köhlbrandbrücke, um Pakete, Lebensmittel oder andere Güter zu ihren Empfängern zu bringen. Wäre es da nicht wunderbar, wenn sich die Artikel ganz einfach unterirdisch über ein Röhrensystem in der Hansestadt transportieren ließen?

Diese zunächst reichlich utopisch anmutende Idee verfolgen derzeit tatsächlich zwei deutsche Logistikunternehmen. Der hessische Immobilien-Entwickler Four Parx hat die Kölner Firma Smart City Loop nach eigenen Angaben mit einer „Machbarkeitsstudie zur unterirdischen logistischen Ver- und Entsorgung“ der Hamburger Innenstadt beauftragt.

Neue Röhre unter der Elbe

Konkret geht es in der Untersuchung um die Frage, ob es möglich ist, einen Lagerstandort in Wilhelmsburg per Röhre mit einem Verteilzentrum in Altona zu verbinden. Durch diese neue „Elbröhre“ mit einem Durchmesser von 2,80 Metern sollen dann Paletten über automatische Förderfahrzeuge hin- und hertransportiert werden. Von dem Verteiler in Altona sollen Elektromobile die Waren zu den Endkunden bringen. Die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie sollen im Herbst dieses Jahres vorliegen.

„3000 Paletten täglich könnten auf diese Art und Weise in die Stadt hinein- und 2000 wieder hinausgebracht werden“, sagt der Geschäftsführer von Smart City Loop, Christian Kühnhold, dem Abendblatt. „So ließen sich pro Tag bis zu 1000 Lkw- oder Transporterfahrten einsparen.“ Ein großes Plus für die Natur, meint Kühnhold, der mit seinem grundsätzlichen Konzept schon einen Preis des Bundesumweltministeriums gewonnen hat. Bei einem Erfolg könnte er sich auch diverse andere Transportröhren in Hamburg und in anderen deutschen Städten vorstellen.

Rückgriff auf bestehende Technik

Der Bau einer entsprechenden Transportstrecke wäre aus Sicht des Wirtschaftsingenieurs mit bestehender Technik möglich. So gebe es Maschinen für den Kanalbau, die entsprechende Röhren zu anderen Zwecken unter dem Rhein hindurch gebohrt hätten. Auch die Fördertechnik für den Transport der Paletten sei im Prinzip vorhanden.

Die Transportröhre von Smart City Loop im Querschnitt.
Die Transportröhre von Smart City Loop im Querschnitt. © Smart City Loop | Smart City Loop

Der Immobilienentwickler Four Parx befindet sich nach eigenen Angaben bereits in Vorgesprächen mit Grundstückeigentümern in Wilhelmsburg und in Altona, um auf den Flächen die passenden Logistikgebäude für das Röhrensystem zu errichten. „Als innovativer Entwickler wollen wir einen Beitrag leisten, damit dieses vielversprechende Konzept der unterirdischen Anbindung in das nächste Stadium hin zu einer konkreten Umsetzung vorangetrieben werden kann“, sagt Four Parx-Geschäftsführer Francisco J. Bähr.

Kosten bis zu 150 Millionen Euro

Die Gesamtkosten für das ambitionierte Projekt bezifferte er gegenüber dem Abendblatt auf 120 bis 150 Millionen Euro, davon entfielen allein 60 Millionen Euro auf das Tunnelsystem. Trotz der hohen Kosten soll sich das Röhrensystem rechnen. Smart City Loop-Chef Kühnhold geht davon aus, dass durch den Tunnel geschickte Paletten in etwa so viel kosten würden wie diejenigen, die per Lkw transportiert würden.

In der Hamburger Wirtschafts- und Verkehrsbehörde steht man dem ambitionierten Vorhaben durchaus positiv gegenüber. Es gebe derzeit lose Kontakte und regelmäßige Gespräche über das Vorhaben, sagte Behördensprecher Dominic Völz. „Generell halten wir das Projekt für interessant und wünschenswert.“

Viele offene Rechtsfragen

Ob eine Transportröhre unter der Elbe allerdings überhaupt genehmigungsfähig ist und welche Voraussetzungen dafür erfüllt sein müssten, dazu wollte sich der Sprecher nicht äußern. Zunächst einmal gehe es lediglich um eine Machbarkeitsstudie, erklärte er. Geld von der Stadt gebe es dafür nicht. Angesichts der anstehenden Elbvertiefung dürften in diesem Zusammenhang jede Menge rechtliche und bauliche Fragen zu klären sein.

Als interessant und durchaus realistisch schätzt die Geschäftsführerin der Logistik-Initiative Hamburg, Carmen Schmidt, das Röhren-Projekt ein. Der Transport von Waren mit unterirdischen Röhren sei durchaus eine sinnvolle Ergänzung für die Logistik in der Hansestadt, sagte sie dem Abendblatt. Der Rückgriff der beteiligten Firmen auf bereits vorhandene Technik zeuge zudem von einem hohen Realitätssinn.

Hyperloop und Drohnen für den Containertransport

Im Hamburger Hafen sind die Verantwortlichen schon länger mit der Idee von Röhren zum Transport vertraut. Der Hafenkonzern HHLA und das US-Startup Hyperloop Transportation Technology (HTT) arbeiten gemeinsam an einem Containertransport in Hochgeschwindigkeit. Für das Zukunftsprojekt gründeten die beiden Unternehmen im Dezember ein Joint Venture namens Hyper Port Cargo Solutions. Zunächst sind die Entwicklung einer Transportkapsel für Standardseecontainer, eine 100 Meter lange Röhren-Teststrecke sowie der Aufbau einer Übergabestation voraussichtlich auf dem Containerterminal Altenwerder geplant. Das Gemeinschaftsunternehmen ist mit sieben Millionen Euro ausgestattet.

Eine andere Idee brachte die innovationsfreudige HHLA-Chefin Angela Titzrath erst Ende März ins Gespräch: Der Hafenkonzern prüft derzeit zusammen mit dem Fraunhofer-Center für Maritime Logistik und Partnern aus der Luftfahrtindustrie den Einsatz von Drohnen zum Transport leerer Container.