Hamburg. Nur jeder fünfte Hamburger hat sich gegen Überschwemmungen versichert. Warum die Policen teurer werden.
Wer sein Haus möglichst optimal schützen will, muss für eine gute Versicherung immer mehr Geld aufwenden. Denn Stürme, Überschwemmungen und immer ältere Gebäude führen zu höheren Schäden und steigenden Prämien. Aber man sollte bei der Wohngebäudeversicherung nicht nur auf den Preis achten. Gegen Überschwemmungen ist ohnehin nur jeder fünfte Hausbesitzer in Hamburg abgesichert. Welche Leistungen sind wichtig? Warum werden die Policen teurer? Wie sollte man reagieren, wenn der Versicherer kündigt? Das Abendblatt sprach mit Experten und beantwortet die wichtigsten Fragen zur Wohngebäudeversicherung.
Wie entwickeln sich die Prämien für Wohngebäudeversicherungen?
Konkrete Zahlen will kaum ein Versicherer öffentlich nennen. Die Hamburger Feuerkasse, bei der rund 70 Prozent der Wohngebäude in der Hansestadt versichert sind, räumt zumindest für 2018 „Anpassungen in bestimmten Tarifgenerationen“ ein, kann aber für das laufende Jahr keine Angaben machen. Der Versicherer HDI spricht zumindest in Einzelfällen von einer deutlichen Anhebung der Versicherungsprämien. Die Axa räumt „moderate Erhöhungen“ bei rund 360.000 Wohngebäudeversicherungen ein. Allerdings sei bei 100.000 Policen der Beitrag auch gesenkt wurden.
Die Bandbreite der individuellen Anpassungen liege zwischen plus 60 und minus 60 Euro. Verbraucherschützer Peter Grieble registriert Beitragserhöhungen zwischen zehn und 30 Prozent bei verschiedenen Anbietern, darunter ist auch der HDI. „Viele Erhöhungen sind nicht verbrauchergerecht, weil die Versicherer solchen Schäden mit in ihre Prämienkalkulation vorausschauend mit einbeziehen müssten“, sagt Grieble von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg.
Was sind die Gründe für Erhöhungen?
Stürme, Hagel und Starkregen haben 2018 in Deutschland versicherte Schäden an Häusern, Hausrat, Gewerbe- und Industriebetrieben in Höhe von 2,7 Milliarden Euro verursacht. Die Naturgefahrenbilanz 2018 liegt damit leicht über dem 15-Jahresdurchschnitt, der 2,6 Milliarden Euro beträgt, wie der Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) berichtet. „2018 gehört zu den vier schwersten Sturmjahren seit 1998“, sagt GDV-Präsident Wolfgang Weiler. „Auch Leitungswasserschäden tragen zu einem erheblichen Teil zur Schadenlast in der Wohngebäudeversicherung bei“, weiß Heiko Wischer von der Hamburger Feuerkasse.
Nach Einschätzung des HDI haben Rohrleitungssysteme eine begrenze Lebensdauer von 30 bis 50 Jahren. „Jedes vierte Haus in Deutschland hat diese Altersgrenze mittlerweile erreicht oder überschritten“, sagt Liane Hauburg vom HDI. „Zum anderen nehmen Überschwemmungen durch Starkregen massiv zu.“ Geringe Prämienanhebungen sind bei der Wohngebäudeversicherung normal, denn schließlich soll das Haus mit der Versicherungssumme nach einem Totalschaden neu aufgebaut werden können. Deshalb gibt es einen gleitenden Neuwertfaktor, der zulegt, um die Wertsteigerung auszugleichen.
Was leistet die Versicherung?
Die Wohngebäudeversicherung deckt Schäden am Haus ab, die durch Sturm, Hagel, Feuer oder Leitungswasser entstehen. Sie zahlt die Kosten für Reparatur oder den Wiederaufbau des Hauses. Für Hausbesitzer ist sie unverzichtbar. Die Leistungen sollen dazu beitragen, ein möglicherweise zerstörtes Gebäude wieder aufzubauen. Damit sind aber noch nicht alle Gefahren wie Überschwemmungen oder Erdrutsch versichert. Nur 21 Prozent der Hamburger haben sich dagegen versichert. Damit hat die Hansestadt im bundesweiten Vergleich den drittniedrigsten Wert nach Niedersachsen und Bremen.
Wie kann ich mich gegen Überschwemmungen versichern?
„Wer sich auch gegen Überschwemmungen absichern möchte, muss seine Wohngebäudeversicherung zusätzlich um eine Elementarschadenversicherung ergänzen“, sagt Bianca Boss vom Bund der Versicherten. Damit sind auch Schäden abgedeckt, die durch Erdbeben, Erdsenkungen, Erdrutsche, Lawinen, Vulkanausbruch oder Schneedruck am oder im Gebäude entstanden sind. Die Police muss bei dem Anbieter abgeschlossen werden, bei dem man auch die Wohngebäudeversicherung hat. Wer zudem seinen Hausrat gegen Überschwemmungsschäden absichern will, benötigt auch für die Hausratversicherung eine zusätzliche Elementardeckung.
Welche Leistungen sind bei der Haus-Police wichtig?
Die Stiftung Warentest hat sechs Leistungen ermittelt, die für jede Wohngebäudeversicherung wichtig sind. So sollte ein umfassender Schutz gegen grobe Fahrlässigkeit gewährleistet sein. Denn einige Versicherer begrenzen die Leistungen auf 10.000 Euro. Ob unbeaufsichtigte Weihnachtskerzen oder nicht gelöschte Brandreste im Kamin: Schnell kann daraus ein Brand entstehen. Auch Aufräum- und Abbruchkosten müssen ausreichend versichert sein. Das bedeutet nach Expertenmeinung, es sollte sich um eine Summe von 500.000 Euro handeln. Nach einem schweren Schaden müssen Möbel, Hausgeräte und andere Sachen ausgelagert werden.
Deshalb ist die Übernahme von so genannten Bewegungs- und Schutzkosten wichtig. Die Übernahme von Kosten durch behördliche Auflagen nach einem Schadenfall ist das vierte wichtige Kriterium für eine sehr gute Wohngebäudeversicherung. Auslaufendes Heizöl oder Kunststoffe, die sich durch Brand in giftige Substanzen verwandeln, müssen fachgerecht entsorgt werden. Deshalb sollen Hausbesitzer auf die Übernahme der Kosten für die Dekontamination achten. Letzter Punkt: Eine Versicherung von Überspannungsschäden durch Blitzeinschlag. Hier kann schnell die neue Heizungsanlage oder eine teure Smart-Home-Anlage betroffen sein. Alle in der obigen Tabelle aufgeführten Tarife enthalten diese Leistungen und erhalten das Qualitätsurteil „seht gut“ der Stiftung Warentest.
Wie viel kostet der Elementarschutz?
Der Preis richtet sich auch danach, in welcher Gefahrenzone (ZÜRS-Zone) sich das Grundstück befindet. Den Aufpreis zu einer normalen Police für ein durchschnittliches Gebäude in der ZÜRS-Zone 1 beziffert Wischer auf rund 100 Euro im Jahr. Für den Hausrat liegt der Aufpreis nur bei 30 Euro jährlich. Eine Wohngebäudeversicherung mit Elementardeckung für ein Einfamilienhaus in Massivbauweise und 140 Quadratmeter Wohnfläche ist in Standardtarifen ab rund 300 Euro möglich. Die Tarife in der Tabelle enthalten umfangreichere Leistungen und sind deshalb teurer. Eine Elementarschadendeckung enthält in der Regel eine Selbstbeteiligung.
Was ist, wenn mir der Versicherer kündigt?
„Das ist dramatischer als eine Prämienerhöhung und wir registrieren verstärkt solche Kündigungen nach großen Schäden“, sagt Verbraucherschützer Grieble. Ohne Versicherung drohen aber existenzielle Risiken. „Wir überprüfen regelmäßig die bei uns versicherten Wohngebäude im Hinblick auf akut auffällige Verträge“, sagt Liane Hauburg vom HDI. Akut auffällig bedeute, dass sie überdurchschnittliche Kriterien zur Schadenart, -anzahl und -höhe innerhalb der vergangenen fünf Jahre aufweisen. Grieble rät, bei einer drohenden Kündigung lieber selbst zu kündigen. Denn die Kündigung durch den Versicherer muss bei der Antragstellung bei einem anderen Anbieter angegeben werden.
Wie komme ich an eine bessere Police?
Die Stiftung Warentest hat 108 Tarife von 45 Versicherern untersucht. 40 Prozent davon schnitten mit „sehr gut“ oder „gut“ ab. Aber fast jeder zweite Tarif war „mangelhaft“. Zunächst kann man bei seinem bisherigen Versicherer nach einem anderen Tarif fragen. Viele Gesellschaften bieten drei Varianten an: ein günstiges Basismodell, einen Tarif im mittleren Preissegment und einen Premiumtarif mit erweiterten Leistungen. Sehr leistungsfähig sind meist nur die teureren Premiumtarife. Bevor man kündigt, sollte man zunächst sicher sein, dass man einen neuen Vertrag hat. Wenn das Haus mit einem Kredit finanziert ist, muss in der Regel vor dem Anbieterwechsel die Zustimmung der Bank eingeholt werden. Die Kündigung muss spätestens drei Monate vor Ablauf der Vertragslaufzeit beim Versicherer eingehen