Hamburg. Einkaufen ohne Kunststoff-Verpackungen: Läden bieten wiederverwendbare Netze und Schachteln an. Kritik vom BUND.
Mini-Tomaten im Plastikbecher, in Plastik eingeschweißte Wurstscheiben, Klopapier in der Plastiktüte – wer im Supermarkt oder Discounter einkauft, hat in der Regel auch jede Menge Plastikmüll in der Tasche. Statistisch ist jeder Verbraucher in Deutschland für knapp 25 Kilogramm Kunststoff-Verpackungsabfall pro Jahr verantwortlich, hat das Umweltbundesamt ausgerechnet. Das ist zu viel, sagen nicht nur Umweltschutzorganisationen und Politiker. Auch mehr und mehr Kunden sind genervt. Mittlerweile reagieren die Lebensmittelhändler.
Der Discounter Aldi etwa verkauft seit Anfang April Salatgurken nur noch ohne Plastikfolie. Einsparpotenzial: 120 Tonnen Kunststoffmüll. Bundesweit sorgte diese Ankündigung für Schlagzeilen. Angesichts von laut Umweltbundesamt 3,1 Millionen Tonnen Kunststoffverpackungsabfall allein im Jahr 2016 ist es nur ein kleiner Schritt. Das Abendblatt hat bei den größten Anbietern in Hamburg – Edeka, Aldi, Rewe und Lidl – nachgefragt, wie sie die Plastikflut im Regal eindämmen wollen.
Dabei hat sich gezeigt, dass es noch keine großen Lösungen für den komplexen Veränderungsprozess gibt. Es gibt auch keinen eindeutigen Gewinner oder Verlierer. So haben alle vier Unternehmen angekündigt, den Materialeinsatz bei Plastikverpackungen von Eigenmarken-Produkten in den nächsten Jahren deutlich zu reduzieren. Eine weitere – kleine – Maßnahme, auf die inzwischen alle vier Firmen setzen: das Mehrwegnetz in der Obst- und Gemüseabteilung, das den millionenfachen Verbrauch der sogenannten Knotenbeutel reduzieren soll. Als erste Supermarktkette hatte Rewe die wiederverwendbaren Netze angeboten. Lidl startet im Sommer mit „Mein Vitaminnetz“, Aldi hat einen Testlauf angekündigt, und Edeka überlässt es seinen selbstständigen Kaufleuten, ob sie Mehrwegnetze anbieten. Daneben gibt es Testläufe mit Mehrweg-Schachteln für Wurst und Käse (Edeka) sowie Bio-Gemüse ohne Plastikfolie (Rewe).
Ganz freiwillig stellen die Konzerne ihren Plastikverbrauch nicht um. Als die EU vor einiger Zeit ein Verbot von Plastiktellern, Trinkhalmen, Wattestäbchen mit Plastik und anderen Einwegartikeln vom Jahr 2021 an angekündigt und inzwischen beschlossen hat, reagierten die Handelsketten prompt und wollen diese Artikel bereits im Laufe des Jahres auslisten. Auch Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) erhöht den Druck und verlangt bis zum Herbst konkrete Vorschläge für die Plastikvermeidung von Herstellern und Händlern.
Den Umweltschutzorganisationen reicht das alles nicht. „Das ist purer Aktionismus“, sagt BUND-Abfall-Experte Rolf Buschmann. Davon, dass die Handelsketten tragfähige Lösungen entwickelten, sei das weit entfernt.