Hamburg. Der Airport in Fuhlsbüttel hält sich für gut gerüstet. Dennoch könnte es zu Problemen kommen. Zweiter Luftfahrtgipfel in der Stadt.

Das Ziel war ganz klar umrissen: Einen „Chaos-Sommer“ wie zur Urlaubszeit 2018 sollte es im deutschen Luftverkehr nicht wieder geben. „Ich werde es nicht akzeptieren, dass es nochmals zu einer derartigen Anhäufung von technischen Problemen, Verspätungen und Abfertigungsproblemen kommt“, sagte Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) am 5. Oktober des vergangenen Jahres auf dem so genannten Luftfahrtgipfel in Hamburg. Die Teilnehmer, darunter Lufthansa-Chef Carsten Spohr und der Chef der Deutschen Flugsicherung (DFS), Klaus-Dieter Scheurle, verabschiedeten eine Liste von 25 Einzelmaßnahmen, von denen drei die Flughäfen betrafen.

Am Donnerstag will man auf einem neuen Luftfahrtgipfel, abermals im Hamburger Rathaus, eine Zwischenbilanz ziehen. Eines steht schon fest: Mit einer Entlastung der bis an die Grenzen beanspruchten Infrastruktur ist nicht zu rechnen, am deutschen Himmel wird es noch enger. Denn nach dem Rekordwert von 3,4 Millionen Flugbewegungen im vorigen Jahr erwartet die DFS für 2019 eine Steigerung um bis zu vier Prozent im deutschen Luftraum.

Demnächst schon vier schnellere Spuren an der Passagierkontrolle

Für die bisher im internationalen Vergleich relativ langsamen Passagierkontrollen steht somit ein neuer Härtetest schon in den kommenden Wochen mit der Reisewelle zu Ostern an. Was Verbesserungen in diesem Bereich angeht, sieht sich der Flughafen Hamburg als einer der Vorreiter in Deutschland. Aktuell sind bereits zwei Kontrollspuren in Betrieb, an denen die Passagiere dank eines veränderten Ablaufs wesentlich schneller zum Flieger kommen. „In den nächsten Tagen wird die Umstellung von zwei weiteren Spuren auf das neue Verfahren abgeschlossen“, sagt eine Flughafen-Sprecherin. Zu Beginn der Hauptreisezeit im Sommer sollen es schon insgesamt acht der heute mehr als 20 Kontrollspuren sein.

Im Gegensatz zum bisher üblichen Ablauf können nun an jeder Spur drei Fluggäste gleichzeitig ihr Handgepäck auf das Band legen. Damit wird ein Überholen möglich – flugerfahrene Reisende müssen nicht mehr auf andere warten, bis diese ihre Behälter mit Flüssigkeiten oder ihren Computer für die Kontrolle ausgepackt haben. Nach Angaben der Bundespolizei, in deren Verantwortlichkeit die Passagierkontrollen liegen, haben die in Fuhlsbüttel seit Sommer 2017 gesammelten Erfahrungen gezeigt, dass sich pro Spur etwa eine Verdoppelung des Durchsatzes erreichen lässt.

Tests mit ähnlichen Verfahren gab es im vorigen Jahr auch an den Flughäfen in Düsseldorf und in Frankfurt. „Ergänzend zu den neuen Kontrollspuren weisen wir die Fluggäste mit Informationsbildschirmen stärker darauf hin, was sie selber tun können, um den Ablauf zu beschleunigen – zum Beispiel den Laptop-Computer rechtzeitig auspacken“, sagt die Hamburg-Airport-Sprecherin.

Bei den Nachtflügen in Hamburg ist die Zwischenbilanz umstritten

Ein weiterer Engpass neben den Sicherheitskontrollen war in Fuhlsbüttel längere Zeit die Gepäckabfertigung; im Jahr 2017 kam es mehrfach zu Wartezeiten von zwei Stunden und mehr an den Kofferbändern. Daraufhin seien mehr als 100 Beschäftigte bei den Bodenverkehrsdiensten zusätzlich eingestellt worden, heißt es dazu vom Flughafen, schon im Sommer 2018 seien diese Probleme nicht mehr aufgetreten: „Insgesamt konnten wir hinter die auf dem ersten Luftfahrtgipfel angesprochenen Maßnahmen, die einen Flughafen betreffen, viele Haken setzen.“

Ob das auch für die Verspätungssituation gilt, ist jedoch umstritten. Nachdem in Hamburg im vorigen Jahr bei den Flugbewegungen zwischen 23 und 24 Uhr – die eigentlich nur im Fall von „nachweislich unvermeidbaren Verspätungen“ zulässig sind – ein neuer Negativrekord von 1174 Starts und Landungen erreicht wurde, waren es im Februar 2019 nur halb so viele wie im Vorjahresmonat. Hierzu sagte Wirtschaftssenator Michael Westhagemann, er freue sich, „dass die Maßnahmen, die wir verabredet haben, greifen.“ Das sieht Martin Mosel, Sprecher der Bürgerinitiativen für Fluglärmschutz in Hamburg und Schleswig-Holstein (BAW), ganz anders: „Im Februar 2019 waren es 28 Verspätungen, im Rekordjahr zuvor 64. Doch wo kommen wir her? 2017 sind es 17 gewesen und im Jahr 2016 nur 22.“ Es sei „unredlich“ vom Senator, sich mit Maßnahmen zu rühmen, „die bei genauer Betrachtung keinerlei Wirkung entfalten.“

Der Hamburger Flughafen hat nach eigenen Angaben ein „Pünktlichkeitsteam“ mit vier zusätzlichen Vollzeitstellen geschaffen, um Verspätungsursachen besser analysieren und die Airlines bei Häufungen ansprechen zu können. Für den kommenden Sommer seien mehr ein Drittel der Flüge aus der „verspätungsanfälligen letzten halben Stunde“ vor 23 Uhr vorverlegt worden.

Bundesweit sind noch immer mindestens 90 Fluglotsen zu wenig im Einsatz

Zweifellos war der Luftverkehr im Jahr 2018 von außergewöhnlichen Belastungen betroffen: Ungünstiges Wetter, Streiks sowie technische Probleme, die den Einsatz von neuen Airbus-A320neo-Jets bei der Lufthansa behinderten. Am Hamburger Flughafen kam noch ein totaler Stromausfall hinzu.

An vielen Stellen in der Branche arbeitete man an Problemlösungen. So wollen die Lufthansa, Tuifly und Condor mehr Reserve-Jets vorhalten. Doch gleichzeitig steigen die Verkehrszahlen; im Januar und Februar registrierte der Flughafenverband ADV ein Passagierplus von 5,4 Prozent. Und bei der Flugsicherung bestehen die Engpässe absehbar weiter. Für die erwarteten Verkehrsmengen sind laut DFS-Chef Scheurle mindestens 90 Lotsen zu wenig an Bord. Die Lücken sind so schnell auch nicht zu schließen, denn von der Einstellung eines neuen Mitarbeiters bis zum eigenverantwortlichen Einsatz vergehen vier bis fünf Jahre. Daher rechnet die Gewerkschaft der Flugsicherung (GdF) für diesen Sommer mit deutlich mehr Flugverspätungen im Vergleich zur Chaos-Saison 2018. Verantwortlich dafür sei unter anderem eine verfehlte Sparpolitik bei den Lotsen.

So darf man gespannt sein, welche Signale vom zweiten Luftfahrtgipfel am Donnerstag ausgehen. Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD), auch diesmal wieder Gastgeber, hatte bereits nach dem Treffen im Oktober gesagt, es werde nicht so sein, „dass wir ab morgen keine Verspätungen mehr haben“.