Hamburg. Die Tochter des Hamburger Modekonzerns geht an Niederländer. Der Aktienkurs legt um sieben Prozent zu.
Die Nachricht kam zwei Stunden nach Börsenschluss und sie kam keineswegs völlig überraschend. Wenige Tage zuvor hatte der Hamburger Modekonzern Tom Tailor seine für den gestrigen Donnerstag geplante Bilanzvorlage auf den April verschoben und das unter anderem mit „der erstmalige Anwendung des Bilanzierungsstandards IFRS 5 (,Zur Veräußerung gehaltene langfristige Vermögenswerte und aufgegebene Geschäftsbereiche’)“ begründet.
Was das zu bedeuten hat, wurde dann Mitte der Woche bekannt: Der Modekonzern hat sich von seiner im Jahr 2012 für 220 Millionen Euro erworbenen, stark defizitären und deshalb schon lange ungeliebten Tochter Bonita getrennt. Neuer Besitzer der Boutiqenkette mit mehr als 750 eigenen Läden ist das niederländische Modeunternehmen Victory & Dreams International Holding B.V..
„Nicht der ideale Eigentümer für Bonita“
Tags darauf fand der seit 2016 amtierende Tom-Tailor-Chef Heiko Schäfer ungewöhnlich offene Worte für den vor knapp sieben Jahren von seinem Vorgänger Dieter Holzer eingefädelten Bonita-Kauf. „Wir waren nie und sind nicht der ideale Eigentümer für Bonita“, erklärte Schäfer auf Anfrage des Abendblatts. Die beim Kauf erhofften Synergieeffekte zwischen der Kernmarke des Konzerns und der Tochter mit Sitz in Hamminkeln am Niederrhein seien „weitestgehend ausgeblieben“.
Allenfalls im gemeinsamen Einkauf habe man seit 2016 einzelne Potenziale heben können. „Genau aus diesem Grund haben wir nach einem neuen Eigentümer für Bonita gesucht, der strategisch besser zur Marke passt.“ Victory & Dreams habe ein Konzept zur Weiterführung der Marke vorgelegt, betonte Schäfer. Der Standort Hamminkeln – dort sitzt die Bonita-Zentrale mit zuletzt noch etwa 300 Mitarbeitern – bleibe erhalten.
Niederländer agieren nicht immer glücklich
Schäfer hatte bereits im November angekündigt, Tom Tailor prüfe auch einen Verkauf von Bonita. Schon seit Jahren waren die Umsätze der Tochter kontinuierlich gesunken, in den ersten drei Quartalen 2018 waren es 172 Millionen Euro. Noch vor Steuern machte Bonita in diesem Zeitraum 6,6 Millionen Euro Verlust. Zum Jahresende schrieb der Konzern den Bonita-Markenwert in Höhe von 184,5 Millionen Euro ab. Der Vorstand erwartet nun, dass das Ergebnis für 2018 mit 40 bis 50 Millionen Euro belastet wird.
Tom Tailor bezeichnet die Trennung von Bonita als Verkauf. Über dessen Konditionen sei Stillschweigen vereinbart worden, hieß es. Unklar bleibt deshalb, ob die Hamburger tatsächlich Geld für Bonita erhalten – oder ob sie noch draufzahlen müssen. Branchenkenner hatten das im Vorfeld für die wahrscheinlichere Variante gehalten. Die Aktie stieg am Donnerstag um mehr als sieben Prozent auf 2,55 Euro.
In Hamburg gibt es etwa zehn Bonitaläden und -shops. Über ihren neuen Besitzer ist wenig bekannt. Die Niederländer kaufen sich erst seit wenigen Jahren ein Modeimperium zusammen und agieren dabei nicht immer glücklich. Ihre deutsche Muttergesellschaft der Kette Miller & Monroe meldete nach einem Jahr Insolvenz an.