Hamburg. In der Niedrigzinsphase sind Aktien mit hoher Dividende eine Alternative. Was Hamburger Firmen zu bieten haben.

In diesem Jahr erwartet die Aktionäre ein Geldsegen: Rund 52 Milliarden Euro schütten deutsche Unternehmen in den nächsten Monaten an die Aktionäre mit den Dividenden aus. Allein Hamburger Unternehmen steuern dazu knapp eine Milliarde Euro bei. In ganz Norddeutschland sind es 4,26 Milliarden.

Wenn es wie jetzt an der Börse nicht mehr kontinuierlich nach oben geht, rücken dividendenstarke Aktien verstärkt in den Fokus der Anleger. Die Kursrückgänge der vergangenen Monate haben die Dividendentitel noch interessanter gemacht. Welche Aktien sind das? Wie erkennt man attraktive Dividendenaktien? Wie sicher sind die Ausschüttungen? Das Abendblatt sprach mit Experten und beantwortet die wichtigsten Fragen zur Dividendensaison.

Was spricht für Dividenden?

Angesichts der historisch niedrigen Zinsen sind viele Aktien eine Alternative. Weder sichere Staatsanleihen noch Festgelder versprechen eine Rendite, die die aktuelle Inflationsrate ausgleichen können. So bringen zehnjährige Bundesanleihen nur noch eine Rendite von 0,10 Prozent. Allein die 30 Titel im wichtigsten deutschen Börsenbarometer DAX haben im Schnitt eine Dividendenrendite von 3,3 Prozent. Sie ergibt sich aus dem Dividendenbetrag und dem Kurs, zu dem das Wertpapier gekauft wurde. In der Spitze sind auch Renditen bis neun Prozent möglich. „Bei unseren Kunden gewinnen Dividendentitel an Bedeutung, denn in der Niedrigzinsphase haben die Ausschüttungen eine andere Bedeutung“, sagt Bernd Schimmer, Wertpapierstratege der Hamburger Sparkasse (Haspa). „Zudem stehen die Ausschüttungen in einem gesunden Verhältnis zu den erwirtschafteten Gewinnen“, sagt Joachim Schallmeyer von der Deka Bank.

Was brauche ich, wenn ich Dividenden kassieren will?

Voraussetzung ist ein Depot bei einer Bank, das je nach Anbieter Kosten verursachen kann. Anspruch auf die Dividende hat, wer das Papier am Tag der Hauptversammlung im Depot hat. Die Ausschüttung der Dividende erfolgt am dritten Werktag nach der Hauptversammlung (siehe auch Infowinkel).

Welche Werte gelten als zuverlässige Dividendenzahler?

Christian W. Röhl, der die Internetplattform Dividendenadel betreibt, hat exklusiv für das Abendblatt interessante Dividendenwerte unter Berücksichtigung von Hamburger Aktien herausgefiltert. Die Kriterien: mindestens drei Prozent Dividendenrendite, kontinuierliche Dividendenzahlung seit mindestens sieben Jahren und keine Dividendensenkung seit mindestens vier Jahren. Meist handelt es sich bei der Höhe der Dividende noch um Schätzungen der Analysten. Die Dividendenrendite reicht von 3,2 Prozent für Fielmann bis zu neun Prozent für den Mobilfunkanbieter Freenet. Das Unternehmen hat zwar seit zehn Jahren nie die Dividende gesenkt.

„Dennoch ist das nur ein Wert für risikobereite Anleger“, sagt Röhl. Denn das Mobilfunkgeschäft stehe vor großen Umwälzungen. Entgegen der Vorjahre wird die Ausschüttung für das Geschäftsjahr 2018 nicht erhöht. Bei Euroshop, dem Betreiber von Shoppingcentern, „ist die Dividende durch langfristige Mietverträge gesichert“, sagt Röhl. Das Unternehmen habe seit sieben Jahren die Ausschüttungen kontinuierlich erhöht. Auch für Sönke Niefünd von der Hamburger Otto M. Schröder Bank ist das Papier eine gute Wahl, „weil die Aktie mit einer Dividendenrendite von über fünf Prozent seit Jahren die Anleger überzeugt“. Seit 14 Jahren hat auch Fielmann die Dividende kontinuierlich erhöht. Einer der zuverlässigsten Dividendenzahler im Deutschen Aktienindex (DAX) ist die Münchener Rückversicherung mit einer Rendite von knapp fünf Prozent. „Auch die Deutsche Telekom hat sich wieder gefangen, weil das Unternehmen jetzt die Dividende wieder verdient und nicht aus den Rücklagen bezahlt“, sagt Röhl. „Ein Unternehmen sollte nicht mehr als 80 Prozent seines Jahresgewinns ausschütten, damit genügend Liquidität in der Firma verbleibt“, sagt Experte Niefünd.

Was muss ich beachten, wenn ich ein Dividendendepot zusammenstelle?

„Wichtig ist eine Mischung aus verschiedenen Branchen“, sagt Röhl. Die unterschiedliche Abhängigkeit von der Konjunktur kann Risiken ausgleichen. BASF oder die HHLA spüren einen Konjunkturabschwung deutlich früher und stärker als Aktien aus der Versicherungswirtschaft oder der Immobilienwirtschaft. „Vier bis fünf verschiedene Werte sollten es am Anfang mindestens im Depot sein“, rät Röhl.

Welche Risiken haben Dividenden?

Manche Experten sagen: Die Dividende ist der neue Zins. Doch Aktien können wegen der höheren Kursschwankungen kein direkter Ersatz für festverzinsliche Anleihen sein. „Auch eine hohe Dividendenrendite allein ist noch kein Qualitätsmerkmal und darf nie das einzige Argument für den Kauf einer Aktie sein“, sagt Röhl. „Die Dividende ist nicht garantiert“, ergänzt Ulrich Stephan, Chefanlagestratege der Deutschen Bank.

„Kürzungen oder gar das Ausbleiben einer Dividende sind möglich - mit entsprechenden Auswirkungen auf die Kursentwicklung.“ Anleger sollten sich auch langfristige Entwicklungen anschauen. Die Hamburger Modekette Bijou Brigitte hat zwar eine Dividendenrendite von rund sieben Prozent, aber in den vergangenen fünf Jahren – entgegen dem Börsentrend – ihren Kurs fast halbiert. „Eine hohe Dividendenrendite kann auch ein Warnsi­gnal sein“, sagt Niefünd. Außerdem habe das Börsenjahr 2018 gezeigt, dass Unternehmen mit einer hohen Ausschüttung und konstanten Dividenden keinesfalls vor Kursverlusten geschützt sind.

Wie kann ich noch von Dividenden
profitieren?

Man muss aber nicht Aktionär werden, um von Dividenden zu profitieren. Wem die Auswahl von Einzeltiteln zu kompliziert ist, der kann über Investmentfonds vom Dividendenreigen profitieren. Zwei der bekanntesten und größten Fonds aus diesem Segment sind der DWS Top Dividende und der Allianz European Equity Dividend. „Auch spezielle kostengünstige Indexfonds (Exchange Traded Funds oder kurz ETFs) können bei der Umsetzung einer Dividendenstrategie im Depot helfen“, sagt Niefünd. Diese Fonds schütten die Dividendenerträge aus.

„So bündelt etwa der ETF MSCI Europe Quality Dividend rund 60 europäische Unternehmen, die neben einer hohen Rendite auch andere Kennzahlen berücksichtigen. Enthalten sind Firmen wie Allianz, Total und Zurich Insurance“, sagt Niefünd. Die aktuelle Ausschüttungsrendite beträgt knapp fünf Prozent. Natürlich gibt es auch für den DAX ein solches ETF. Der iShares DivDAX pickt die 15 Titel mit der höchsten Dividendenrendite heraus. Die aktuelle Ausschüttungsrendite beträgt 2,60 Prozent.