Hamburg. Otto-Tochter will in der City mit einem “Erlebnis-Einkauf“ punkten. Das Abendblatt hat sich in dem Laden umgesehen – der Test im Video.
Nicht nur für Hamburger ist der neue Laden an der Mönckebergstraße eine Überraschung, auch die Branche schaut auf das Projekt: Am Donnerstag eröffnet der Modehändler Bonprix im traditionsreichen Rappolthaus. Bislang war die Otto-Tochter nicht durch besondere Innovationsfreude aufgefallen. Das Angebot wird vor allem online und preiswert verkauft. Bundesweit gibt es gerade mal acht Shops, alle eher nicht in besten City-Lagen. Jetzt also ein Pilotshop. Rien Jansen lächelt.
„Wir sind in einem Transformationsprozess weg vom Günstig-Image“, sagt der Geschäftsführer für Einkauf, Marketing und Retail der Bonprix Handelsgesellschaft. Die DNA des Unternehmens bleibe gleich, aber die Erscheinungsform ändere sich. „Erlebnis-Einkauf“ lautet die neue Formel. Um zu erklären, wie er das meint, wählt der Niederländer einen Vergleich aus dem Tierreich. „Wir haben uns von der Raupe in einen Schmetterling verwandelt.“
Während die Krise des Einzelhandels auch Hamburgs bekannte Einkaufsmeilen erreicht hat und vor allem Modegeschäfte Umsatz einbüßen, experimentiert Bonprix mit einem digitalen Verkaufskonzept. Nur für Frauen. Vom Betreten des Geschäfts über Auswahl und Anprobe der Kleidungsteile bis zum Bezahlen läuft nichts ohne die weiterentwickelte Bonprix-App. „Es geht nicht um Digitalisierung als Selbstzweck.
Jedes Modell gibt es nur einmal
Wir wollen, dass unsere Kundinnen eine gute Zeit bei uns im Laden haben“, sagt Jansen, der mit seinem Team drei Jahre an dem Projekt Fashion Connect getüftelt hat, das die Vorteile des Online-Einkaufs mit denen des stationären Handels verbinden soll. „So umfassend wie wir es machen, ist es bislang einzigartig.“
Abgesehen von den vielen Bildschirmen – es sind immerhin 70 – sieht der Laden zunächst nicht so viel anders aus als die Konkurrenz von H&M oder Zara in direkter Nachbarschaft mit modischen Hosen, Jacken, Kleidern, Blusen und Schuhen. Auf den zweiten Blick aber fällt auf, das jedes Modell nur einmal am Bügel hängt und nicht wie sonst in verschiedenen Größen und Farben. „Dadurch sieht der Laden aufgeräumter aus“, sagt Bonprix Retail Geschäftsführer Daniel Füchtenschnieder. Verwühlte Regale, überfüllte Kleiderstangen und Mitarbeiter, die mit Aufräumen beschäftigt sind anstatt mit Kundenberatung – das soll es hier nicht geben.
Smartphone als Assistent für ein neuartiges Einkaufserlebnis
Stattdessen scannen die Kundinnen die Artikel, die sie anprobieren möchten, wählen die passende Größe. Die Kleidungsstücke werden in einen virtuellen Einkaufskorb gelegt und direkt aus dem Lager in eine der zwölf Umkleidekabinen gebracht. „Uns war wichtig, dass die Prozesse intuitiv laufen“, sagt Jansen. Dafür habe man intensiv mit Testkundinnen zusammengearbeitet. Das Smartphone solle als Assistent für ein neuartiges Einkaufserlebnis einen Mehrwert schaffen. Etwa indem Kundinnen nicht selbst nach den passenden Kleidungsstücken suchen müssen und dann lange an der Umkleide anstehen.
Details zu den Investitionen will der Manager nicht nennen. Auch gebe es keine konkreten Umsatzerwartungen. „Es geht darum, auszuprobieren und mehr über die Wünsche der Kunden zu erfahren“, sagt Jansen. Eine zeitliche Begrenzung für das Projekt gebe es nicht. Er weiß, dass die Kundinnen sich an das Shoppen per Smartphone im Laden erst gewöhnen müssen. „Wie schnell das geht, muss sich zeigen.“
Der Branchenprofi ist überzeugt, dass sich das Einkaufsverhalten ändern wird. Und auch davon, dass die Menschen weiter in Läden und nicht nur im Internet einkaufen wollen. „Wir glauben an den Einzelhandel in den Innenstädten“, so Jansen. Doch müsse dieser sich wandeln. „Derzeit ist die App ein wichtiges Werkzeug, um die Verbindung in die reale Welt zu ermöglichen. In Zukunft kann das auch etwas anderes sein.“
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