Hamburg. Unternehmer und früherer Hamburger Wirtschaftssenator engagiert sich als Stifter. Bittbriefe zum Weihnachtsfest.
Ian Karan sitzt an diesem trüben Dezembertag in seinem großen Büro am Harvestehuder Weg mit Blick auf die Alster und sortiert seine Weihnachtspost. Es ist viel Weihnachtspost, unter anderem eine Karte mit handschriftlichen Weihnachtsgrüßen der Bundeskanzlerin, zu der er eine besondere Verbindung hat.
Lob für Merkel
Zuletzt hatte Angela Merkel (CDU) ihn im Mai zu einem privaten Abendessen im kleinen Kreis eingeladen. „Ich mag Angela Merkel. Sie hat dem Land in der Flüchtlingskrise ein humanes Gesicht gegeben und wird als großartige Kanzlerin in die Geschichte eingehen.“ Für die Kanzlerin ist Karan, der es vom ceylonesischen Waisenjungen zum weltweit siebtgrößten Verleiher von Containern schaffte, ein Beispiel gelungener Integration.
So begann seine Karriere
Mit 17 war Karan mit einem Cricket-Stipendium als Sportstudent nach London gekommen, wurde aber wegen zu vieler Fehlzeiten vor seinem Abschluss von der Uni geworfen. Er fand eine Stelle beim Logistikkonzern Schenker. Karan kam über Umwege nach Hamburg, jobbte einige Monate als Spüler in einem vegetarischen Restaurant in den Alsterarkarden, bevor er einen gut dotierten Job bei einer internationalen Spedition fand. Dann begann sein Aufstieg. Karan machte sich selbstständig und expandierte über die Jahre zum siebtgrößten Verleiher von Containern. Kurz vor der Lehman-Pleite veräußerte er sein Geschäft als vielfacher Millionär. „Ich hatte ein ungutes Gefühl. Es lief alles zu rund“, erinnert er sich. Nur wenige Monate später hätte er für den Verkauf seiner Firma nicht einmal mehr die Hälfte des Kaufpreises erlösen können.
Intermezzo in der Politik
Es folgte ein Intermezzo in der Politik. Rund sieben Monate gehörte er als Wirtschaftssenator dem Hamburger Senat an, am Ende der schwarz-grünen Koalition unter Bürgermeister Christoph Ahlhaus (CDU). Das ist schon mehr als sieben Jahre her. Aufgrund seiner kurzen Amtszeit hat sein Wirken in der Wirtschaft kaum tiefe Spuren hinterlassen, Akzente als Senator setzte er aber in der Integrationspolitik. So trieb er die Erweiterung des Welcome Centers voran, damit ausländische Berufsabschlüsse leichter anerkannt werden.
Heute ist er nach wie vor in der Hansestadt präsent: als Förderer, Mäzen, Mitglied der Gesellschaft – und als Inhaber eines Unternehmens. Über seine Firma Clou Container Leasing hält er noch immer rund 200.000 Container. Geschäftlich ist Karan, der im Juni 80 Jahre alt wird, aber nicht mehr aktiv. „Darum kümmern sich meine Frau und meine Tochter“, sagt er mit einer abwehrenden Handbewegung. „In zwei bis drei Jahren soll der restliche Containerbestand abgebaut sein.“
Häufig gesehener Gast
Auch seine Aufsichtsratsmandate in mehreren Hamburger Firmen hat Karan aufgegeben. Er sitzt nur noch im Beirat einer Kommunikationsagentur, ist Mitglied des Aufsichtsrats seines Tennisvereins Klipper, und auf Bitten des Hamburger Senats gehört er zum Beirat der Norddeutschen Stiftung für Umwelt und Entwicklung. Karan gehört dem Hamburger Spendenparlament an, der Stiftung Hamburger Theater Festival und dem Freundeskreis der Elbphilharmonie. In den Theatern der Stadt ist Karan ein häufig gesehener Gast.
Viele Bittbriefe sind an diesem Tag in der Weihnachtspost, aber auch viele Dankesschreiben. Denn einen großen Teil seines Vermögens spendet Karan über seine Stiftung und die seiner Frau, die Ian und Barbara Karan Stiftung, für gute Zwecke. Vor allem in Kultur- und Integrationsprojekte, wie die HipHop Academy in Billstedt, in Sprachförderung, aber auch in Ausbildungsprogramme fließt Geld.
Geld auch für die Grünen
Seine Freigiebigkeit hätte Karan einst fast den Senatorenposten gekostet: Kurz vor seiner Berufung war herausgekommen, dass er dem ehemaligen Skandalsenator Ronald Schill im Wahlkampf 2001 Geld gespendet hatte. Vor allem die Grünen hatten sich über Karans politisches Engagement laut echauffiert. Umso leiser wurden sie, als Karan erklärte, alle demokratischen Parteien finanziell unterstützt zu haben – auch die Grünen. Am meisten Geld hat aber die CDU von ihm bekommen. „Der Partei fühle ich mich am nächsten“, sagt der Mann, der seit 2009 neben der britischen auch die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt.
In letzter Zeit engagiert sich Karan, der mit seiner Frau vier Kinder und zwei Enkelkinder hat, verstärkt auf Ceylon, der heutigen Inselrepublik Sri Lanka, auf der er bis zum Alter von 16 Jahren bei seiner Großmutter aufgewachsen ist. Seine Mutter war bei seiner Geburt gestorben, sein Vater im Zweiten Weltkrieg gefallen. Dorthin, wo er die ersten Jahre seines Lebens verbrachte, ganz im Norden Sri Lankas, in der kleinen Stadt Point Pedro mit gerade einmal 12.000 Einwohnern, zieht es Karan immer öfter zurück.
Und das hat einen gewichtigen Anlass. Der Wahlhamburger hat Großes vor. Die Mädchenschule seines Geburtsortes bekommt von ihm und seiner Frau eine Sporthalle gestiftet, die Jungenschule ein Labor. „Zudem wollen wir ein Krankenhaus mit 200 Betten bauen. Das ist eine finanzielle Herausforderung, da wir alles aus eigenen Mitteln bezahlen“, sagt er. In zwei Jahren soll der Bau fertig sein. Im Frühjahr fliegt er nach Sri Lanka, um den Bau anzuschieben, dessen Name auch schon feststeht: „Ian und Barbara Karan Klinik“.
Anstoß vom Botschafter
Den Anstoß zu dem Engagement in seiner Heimat hatte Karan schon vor Jahren vom deutschen Botschafter in Sri Lanka bekommen. „Der wollte mich für ein Projekt gewinnen“, sagt Karan und hängt wie bei vielen seiner Erinnerungen gleich eine witzige Anekdote dran. „Am Flughafen nahm mir ein sehr junger Mann die Tasche ab und geleitete mich zum Wagen. Wir unterhielten uns nett. Später merkte ich, das war gar nicht der Fahrer, sondern der Botschafter selbst.“
Obgleich der Diplomat inzwischen an anderen Orten der Welt im Einsatz ist, riss sein Kontakt zu dem Hamburger Container-König nie ab. Im Jahr 2014 baute Karan ein Internat für das Hartley College in Point Pedro. Es ist eine der ältesten Schulen Sri Lankas, die im Bürgerkrieg zwischen Tamilen und Singhalesen zerstört worden war.
Sein verstärktes Engagement in Sri Lanka bedeutet aber nicht, dass Karan künftig weniger in Hamburg aktiv sein wird. Spricht er von seinem sozialen Engagement, wird der Mann mit dem spitzbübischen Lächeln schnell ernst. Er legt seine Weihnachtskarten beiseite und sagt: „Meine Großmutter war die erste Christin in der Familie. Sie hat mich religiös erzogen und mir beigebracht, dass man teilt, wenn man etwas hat.“ Das habe er beherzigt. Er sei kein Weltverbesserer, sagt Karan: „Aber an den Ecken, zu denen ich mich hingezogen fühle, da möchte ich helfen.“ Das seien eben Point Pedro und Hamburg.