Hamburg. Die Bekleidungskette stellt sich unter ihrem Chef Alain Caparros auch in Hamburg neu auf. Wachsende Konkurrenz zwingt sie dazu.

Nicht wenige Branchenkenner sind skeptisch, ob es Alain Caparros als neuem Chef von C&A gelingen wird, die traditionsreiche Günstigtextilkette zu modernisieren. An der Notwendigkeit dafür gibt es allerdings wenig Zweifel, denn C&A wird von Wettbewerbern aus zwei Richtungen in die Zange genommen: Discounter wie etwa Primark – bei Jugendlichen sehr beliebt – und Aldi greifen im Niedrigpreissektor an, aus dem Mittelpreissegment macht Zara mit einem frischeren Image und schnell wechselnden Kollektionen immer mehr Druck. In fünf der zehn Hamburger C&A-Häuser hat eine der neuen Ideen des langjährigen Rewe-Chefs Caparros für die Neupositionierung jetzt schon ganz konkrete Gestalt angenommen: In den Weihnachtsshops der Filialen finden sich Aufsteller mit dazu passenden Produkten des Wohnaccessoires-Spezialisten Butlers.

In rund 500 der gut 1500 europäischen C&A-Niederlassungen werden nun auch Butlers-Produkte verkauft. In Hamburg gibt es sie in den Filialen an der Mönckebergstraße, in Wandsbek, Harburg und Billstedt sowie im Elbe-Einkaufszentrum. Dabei hat man dem Kooperationspartner in sieben Häusern in Deutschland und Österreich – allerdings nicht in einer der Hamburger Filialen – sogar eine Shop-in-Shop-Fläche von rund 40 Quadratmetern eingerichtet. Auch dort sind zum Beispiel Butlers-Weihnachtsbaumkugeln erhältlich.

Es gehe darum, das Einkaufen bei C&A zu einem „One-Stop-Shop-Erlebnis“ zu machen, sagte Mohamed Bouyaala, Deutschlandchef des Textilhändlers. Was man den Kunden bieten wolle, sei „der Besuch in einem Store, der alles bietet, was sie brauchen.“ Aus der Marktforschung wisse man, dass das Produktsegment Accessoires gerade zur Weihnachtszeit deutliches Wachstumspotenzial verspreche, so Bouyaala.

Bewusstsein für Qualität ist gestiegen

Butlers hingegen sieht in der Zusammenarbeit mit C&A nach den Worten von Firmengründer Wilhelm Josten eine hervorragende Gelegenheit, die Bekanntheit zu steigern „und in uns bislang unbekannten Märkten Fuß zu fassen“. Die Einrichtungskette musste 2017 im Zuge eines Insolvenzverfahrens vier ihrer neun Hamburger Filialen aufgeben; bundesweit wurden 19 von 94 Niederlassungen geschlossen. Über die C&A-Kooperation gewinnt Butlers nun eine große Zahl von Verkaufspunkten hinzu.

Alain Caparros, Chef von C&A Europa
Alain Caparros, Chef von C&A Europa © C&A | Rudolf Wichert

Doch im größten Hamburger C&A-Standort an der Mönckebergstraße stoßen die Kunden noch auf einen weiteren neuen Kooperationspartner des Bekleidungshändlers: Es gibt dort auch eine Verkaufsfläche mit Jeans von Mustang. Damit will C&A in ein höheres Preissegment vorstoßen: „Wir sind in Deutschland Marktführer bei Damen- und Herrenjeans, obwohl wir nur Hosen im Preisbereich von 9 bis 49 Euro anbieten“, sagt Unternehmenssprecher Thorsten Rolfes. Durch die Mustang-Kooperation runde man das Sortiment nun mit Produkten zu Preisen bis 69 Euro nach oben ab. Die Verkaufsflächen von je 20 Quadratmetern für Damen und Herren mit Mustang-Jeans gibt es in 30 „Top-Premium-Häusern“ von C&A.

Mit seiner Strategie, vermehrt höherpreisige Stücke unter dem Dach der Günstigtextilkette zu verkaufen, setzt Caparros auf einen Trend, den der Marktforscher GfK bereits seit einiger Zeit beobachtet: Das Bewusstsein der Kunden für Qualität ist zuletzt auf ein Rekordniveau seit 1995 gestiegen. Nach Erkenntnissen von GfK achten aktuell 53 Prozent der Konsumenten beim Einkaufen vor allem auf die Qualität, nur bei 47 Prozent hat der Preis noch Priorität. Im Jahr 2009, mitten in der Finanzkrise, war das Verhältnis noch umgekehrt.

Weitere Angebote

Aber auch abseits der Bekleidung soll es – über die Butlers-Kooperation hinaus – weitere Angebote geben. In Köln testet C&A bereits eine Zusammenarbeit mit dem Bobbycar-Hersteller Simba Dickie, eine der größten Spielwarenfirmen Deutschlands. Auch das passe durchaus zu C&A, findet Unternehmenssprecher Rolfes: „In der Kindermode haben wir einen Marktanteil von mehr als zehn Prozent in Deutschland.“

Es gibt zudem Überlegungen, sogenannte „dekorative Kosmetik“ wie etwa Lippenstifte ins Sortiment aufzunehmen, ebenso Haushaltswaren, Bettwäsche oder Kerzen. „Da unsere Kunden zu 75 Prozent weiblich sind, liegen beide Warengruppen nicht fern“, so Rolfes. Er verweist darauf, dass C&A schon seit langer Zeit Modeschmuck der Marke Six anbietet – Produkte anderer Firmen in den eigenen Häusern seien also nichts grundlegend Neues für den Konzern.

„C&A geht es bei solchen Kooperationen darum, dass mehr Menschen in die Läden kommen“, sagt Einzelhandelsexperte Martin Fassnacht von der Wirtschaftshochschule WHU in Düsseldorf. „Klassische Händler wie C&A oder auch die Warenhausketten verfügen über sehr große Flächen in tendenziell teuren Stadtlagen, aber der Anteil von Onlineanbietern an den Einzelhandelsumsätzen steigt“, so Fassnacht. „Wenn C&A das Konzept immer weitertreibt, ist das Unternehmen irgendwann eher Vermieter als Bekleidungshaus.“

Gewisse Skepsis

Fassnacht sieht die Strategie von Caparros, die allerdings auch andere Konzerne in der Branche verfolgen, mit einer gewissen Skepsis: „Ich glaube nicht, dass es ein Ausdruck von Stärke ist, wenn Einzelhändler auf Kooperationen mit branchenfremden Anbietern setzen. Eine solche Strategie passt im Zweifel auch eher zu Warenhäusern, die ja ohnehin für Vielfalt stehen.“

Tatsächlich ist Karstadt längst auf diesem Weg: Firmenchef Stephan Fanderl will den Warenhauskonzern als vernetzten „Marktplatz von morgen“ positionieren und dazu externe Partner in den Häusern ansiedeln. Auch für die Karstadt-Kunden in Hamburg ist diese Umstrukturierung schon sichtbar: In das Untergeschoss der Filiale an der Osterstraße zum Beispiel ist der Discounter Aldi eingezogen.