Wesel/Bad Honnef. Nicht nur beim Einkaufen, auch beim Sterben denken immer mehr Menschen an die Umwelt. Die Branche hat sich längst darauf eingestellt.

Urnen aus Kartoffelstärke, Totenkleider ohne Plastik, Särge mit umweltfreundlicher Lackierung: Auch beim Thema Bestattung legen immer mehr Deutsche Wert auf Naturschutz. „Der Tod wird grüner“, sagt dazu der Chef des Bundesverbandes Bestattungsbedarf, Jürgen Stahl. „Gefühlt verkaufe ich fast nur noch Bio-Urnen.“

Der Verband vertritt rund 60 Firmen bundesweit. Sie beliefern das gesamte Bestattungsgewerbe mit Produkten wie Särgen, Bestattungswäsche und Friedhofstechnik. Einer der Kunden ist der Bestattungsunternehmer Michael Biesemann aus Wesel am Niederrhein. Auch ihn hat der Öko-Trend erfasst.

„Ein Drittel unserer Särge sind schon bio“

„Die Leute fragen nach Särgen ohne schädlichen Lack. Schuhe tun wir nicht mehr mit rein in den Sarg“, sagt Biesemann. „Die braucht im Himmel keiner.“ Und hier auf Erden belasten sie den Boden, weil auch nach Jahrzehnten kaum zerfallen. Und Biesemann kann das ökologische Bedürfnis befriedigen – mit geöltem Holz und Knochenleim statt Kunstkleber. „Ein Drittel unserer Särge sind schon bio“, sagt er.

Der Trend lässt sich auch an Urnen für die Feuerbestattung belegen: Sie würden zunehmend aus natürlichen Rohstoffen wie Pflanzenextrakten, Zucker, Bienenwachs oder Kartoffelstärke hergestellt, die sich in der Erde oder bei einer Seebestattung im Meer vollständig auflösten, sagt Verbands-Chef Stahl. Auch Bestatter Biesemann bietet fast nur noch Urnen an, die sich komplett auflösen. Das gehe sogar mit Keramik-Urnen, wenn diese nur halb gebrannt würden.

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    Totenkleidung mit Kunststoff zunehmend tabu

    Laut einer aktuellen Marktumfrage des Verbandes ist auch die Nachfrage nach Vollholz-Eichensärgen mit natürlich geölter Oberfläche stark gewachsen. Im Jahr 2016 lag ihr Anteil demnach bei 25 Prozent. Aktuell sind es etwa 40 Prozent.

    Zunehmend tabu sind nach Verbandsangaben auch Anzüge für die Toten, die einen hohen Kunstfaseranteil haben. Es gebe inzwischen viele Hersteller, die biologisch abbaubare Kleidung für Verstorbene anböten.

    Dafür gäben Angehörige – je nach Produkt – auch mehr Geld aus: Bio-Produkte müssen nicht in jedem Fall teurer sein, manche kosteten im Schnitt aber bis zu einem Fünftel mehr, so Stahl.

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      Der tote Körper ist alles andere als umweltfreundlich

      Jedes Jahr sterben in Deutschland etwa 930.000 Menschen. Etwa zwei Drittel der Toten werden verbrannt. In knapp einem Drittel der Fälle entscheiden sich die Angehörigen für eine Erdbestattung. Daneben gebe es aber zunehmend individuelle Bestattungswege wie Seebestattungen, das Verstreuen der Asche oder Bestattungen in Friedwäldern, berichtet Stahl.

      Umweltbewusstsein hin oder her: Der tote menschliche Körper selbst ist alles andere als „bio“. Leichen enthalten zum Beispiel häufig Medikamentenrückstände oder Zahn- und Organprothesen. Bei der Erdbestattung gelangen deshalb Stoffe in den Boden, die ökologisch bedenklich sind. Und trotz moderner Filter und strenger Grenzwerte gelangen diese Stoffe auch bei einer Feuerbestattung in die Biosphäre. (dpa)

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