Hamburg. Gut ein Jahr nach der Übernahme des Hamburger Unternehmens beginnt der Abschied von seinem bekannten Namen.

Aufmerksame Kunden der Hamburger Coffeeshop-Kette Balzac registrierten vor einigen Wochen, dass sich etwas verändert in den Snack-Vitrinen der Filialen. Belegte Focaccias zum Aufbacken lag da plötzlich aus, Joghurts und Salate werden da und dort angeboten, die zuvor nicht zum Angebot gehörten. Zudem ein rundes Gebäckstück mit dem putzigen Namen „Kanelbulle“. Das ist schwedisch und heißt „Zimtkugel“. Und Kaffetrinker mit geschmackssensibler Zunge fällt neuerdings auf, dass Espresso, Cappuccino und Co. bei Balzac ein kleines bisschen fruchtiger schmecken als früher.

„Es gab nur einige, wenige Reaktionen von Kunden auf den neuen Kaffee, aber die, die kamen, waren durchweg positiv“, sagt Balzac-Geschäftsführer Nikolas Niebuhr. Ihn stimmt das hoffnungsfroh, zeigt es doch, dass er mit der Neuaufstellung der Kette auf dem richtigen Weg zu sein scheint. Was mit der vorsichtigen Erweiterung und Veränderung des Sortiments in einigen Testfilialen begann, nimmt am heutigen Donnerstag erkennbar Fahrt auf. Gut ein Jahr nach der Übernahme von Balzac durch die schwedische Coffeeshop-Kette Espresso House eröffnet am Alstertor in der Hamburger Innenstadt die erste Filiale unter dem neuen Namen. Es ist der Beginn eines grundlegenden Wandels. Balzac wird nach und nach zu Espresso House.

Neue Espresso-House-Filialen

Ende November soll es bereits drei Filialen in der Hansestadt geben. Nach dem zu Balzac gehörenden, aber bislang unter World Coffee firmierenden Kaffeehaus gegenüber dem Thalia Theater, werden auch die Filialen an den Kurzen Mühren und im Pöseldorf-Center am Mittelweg noch 2018 umgestaltet. Sicher ist auch: In den ersten Monaten 2019 eröffnen zwei neue Espresso-House-Filialen im Bahnhof Altona und im S-Bahnhof Barmbek.

„Wíe es 2019 weitergeht, steht noch nicht fest. Wir wollen erst mal schauen, wie die Kunden reagieren, was wir womöglich falsch gemacht haben und noch verändern sollten“, sagt Geschäftsführer Niebuhr. Dass die Schweden Tempo machen können bei solchen Prozessen, haben sie andernorts bereits gezeigt. Von den knapp 50 Baresso-Filialen in Dänemark, die Anfang 2016 von Espresso House übernommen wurden, ist mittlerweile fast zwei Drittel umgestaltet und tragen den neuen Namen.

Einst gab es fast 60 Filialen

Für Balzac ist es die jüngste Wendung in der schon mehr als 20 Jahre währenden Firmengeschichte. Ende der 90er-Jahre gründete die Hamburgerin Vanesssa Kullmann die Kette nach dem Vorbild von Starbucks in den USA. In den besten Tagen und nach einem dynamischen Expansionskurs gab es bundesweit fast 60 Filialen. Mit Schwerpunkten in Hamburg und Berlin, im Süden drang Balzac bis nach München vor. Die dortige Filiale allerdings wird kommende Woche geschlossen. „Der Standort wird grundlegend umgestaltet. Es ist für uns nicht sinnvoll, dort zu bleiben“, sagt Niebuhr.

Vanessa Kullmann trennte sich 2011 von dem Unternehmen, das gleichzeitig mit dem Konkurrenten World Coffee fusionierte. Sechs Filialen firmieren bis heute unter diesem Namen, insgesamt betreibt Balzac derzeit 43 Cafés. In die allerdings wurde schon länger nicht investiert, der Umsatz liegt knapp über 20 Millionen Euro und ist seit Jahren fast unverändert, die Zahl der Standorte ebenfalls.

Rasch wachsende Branche

Das spiegelt die Entwicklung der einst rasch wachsenden Branche insgesamt. Marktführer McCafé verharrte nach einer Erhebung des Fach-Informationsdienstes Food Service 2017 bei bundesweit 850 Kaffeebars, Tchibo, die Nummer zwei in Deutschland, bei etwa 500. Und auch bei Starbucks blieb es bei gut 150 Standorten. Die Kaffeebars spüren zunehmend die Konkurrenz der großen Bäckereiketten, die ihre Snack- und Heißgetränke-Tresen immer weiter aufrüsten. Gleichwohl konnten mittelgroße Ketten wie Coffee Fellows und Chicco di Caffè laut der Food-Service-Erhebung mit neuen Konzepten und finanzieller Hilfe von Investoren 2017 im zweistelligen Bereich wachsen.

Mittelfristig ist Expansion auch das Ziel von Espresso House in Deutschland, nachdem es den skandinavischen Markt besetzt hat. Deshalb haben die Schweden Balzac übernommen. Das Personal in der Hamburger Zentrale hat Geschäftsführer Niebuhr bereits deutlich aufgestockt, die 450 Baristi werden in einer neu geschaffenen Akademie in der Hamburger Innenstadt geschult. Konkrete Expansionsziele für den deutschen Markt nennt der Balzaz- und Espresso-House-Chef aber noch nicht.

Sortiment wird erweitert

Helfen sollen auch mehr und andere Snacks in den Filialen, das Sortiment wird von Kuchen und Gebäck Richtung leichten Mittagsangeboten erweitert. Zudem ist Niebuhr überzeugt: „Der deutsche Markt ist reif für eine bessere Kaffeekultur.“ So brühen die Baristi jetzt auch einen zweiten, höherwertigen und etwas teureren Spezialitäten-Filterkaffee auf, die Sorte soll regelmäßig wechseln. Derzeit sind es in Schweden geröstete Bohnen aus Uganda.

Allerdings soll das in Skandinavien erfolgreiche Espresso-House-Konzept Balzac und seinen deutschen Kunden nicht einfach übergestülpt werden. „Wir führen das Beste aus beiden Welten zusammen“, sagt Niebuhr. Außer der in Schweden gebackenen Kanelbulle gibt es weiter Hamburger Franzbrötchen.