Frankfurt/Main. Steigende Rohölpreise am Weltmarkt treiben die Spritpreise in Deutschland auf ein neues Jahreshoch. Was können Autofahrer jetzt tun?
Autofahrer spüren es längst: Tanken wird immer teurer. Die Spritpreise haben in dieser Woche ein neues Jahreshoch erreicht. Ein Liter Super E10 kostet im Bundesdurchschnitt derzeit 1,48 Euro – dies sind 1,5 Cent mehr als in der Vorwoche und zehn Cent mehr als vor einem Jahr. Auch Diesel verteuerte sich auf 1,31 Euro je Liter.
Hauptgrund für die Entwicklung sind die gestiegenen Rohölpreise am Weltmarkt, berichtet der Automobilclub ADAC. „Dass die Energiekonzerne bei dem Preisanstieg derzeit riesig absahnen, sehen wir nicht“, sagte ein ADAC-Sprecher unserer Redaktion. So kletterte der Barrel (159 Liter) Rohöl der Nordseesorte Brent zuletzt auf 82,07 Dollar – und damit auf ein Niveau, das zuletzt 2014 erreicht wurde. Im Jahr 2012 waren die Spritpreise mit 1,64 Euro pro Liter Super E10 und 1,48 Euro für Diesel hierzulande im Jahresschnitt am höchsten.
Warum steigen die Preise?
Die Organisation erdölexportierender Staaten (Opec) hat vergangenes Wochenende beschlossen, vorerst nicht mehr Öl zu fördern. Die Märkte seien ausreichend versorgt, argumentierte der saudi-arabische Ölminister Khalid al-Falih. Die globale Ölnachfrage werde 2019 um 1,5 Millionen Fass pro Tag steigen, gleichzeitig erhöhe sich das Angebot außerhalb der Opec um 2,4 Millionen Fass. Die Märkte reagieren verunsichert, weil in dieser Prognose der Opec-Volkswirte die erwarteten Produktionsausfälle des Iran nicht mit enthalten sind. Zudem ist die Ölförderung in dem krisengeschüttelten Venezuela deutlich eingebrochen.
Warum wird eine rückläufige Produktion im Iran erwartet?
Die größte Gefahr geht von dem Streit zwischen US-Präsident Donald Trump und dem Iran aus. Die US-Regierung will erreichen, dass der Iran mithilfe von Sanktionen vom 4. November an weitgehend vom Ölmarkt abgeschnitten wird. Betroffen sind vor allem Länder, die mit dem Iran Handel betreiben. Der Iran wird deshalb weniger Öl absetzen können als bisher. Aktuell fördert der Iran etwa 3,8 Millionen Fass pro Tag. Das Land könnte aber gezwungen sein, seine Produktion um fast die Hälfte zu drosseln. „Ich rechne mit einem Ausfall am Markt von etwa einer Million Fass“, sagt Axel Herlinghaus, Rohstoffexperte der DZ-Bank. Denn es zeichne sich ab, dass ein Teil des Ausfalls durch andere Länder wie Libyen oder Nigeria kompensiert werde. Zudem könnten die Iraner Wege finden, ihr Öl zu verkaufen, ohne dass die Amerikaner dies kontrollieren könnten.
Wie reagiert US-Präsident Donald Trump auf diese Lage?
Trump greift die Opec verbal an, zuletzt vor der UN-Vollversammlung: „Die Opec und die Opec-Staaten zocken den Rest der Welt ab.“ Der US-Präsident steht selbst wegen der steigenden Benzinpreise in den USA und der anstehenden Zwischenwahlen im November unter Druck. Hinzu kommt, dass im größten Fördergebiet der USA, dem Permian Basin in West-Texas, die Infrastruktur an ihre Grenzen stößt. Weil es nicht genügend Pipelines gebe, um das Öl zu transportieren, könne man die Förderung nicht so stark steigern, sodass die USA unabhängig vom Weltölmarkt werde, sagt Rohstoffexperte Herlinghaus.
Wie lange widersteht die Opec dem Druck?
So lange wie möglich. Denn die Opec-Länder werden die für sie positive Situation nutzen. Denn es fließt ihnen mehr Geld zu. Saudi-Arabien kann damit sein Haushaltsdefizit verkleinern, das durch den teuren Krieg im Jemen entstanden ist. Außerdem möchten die Saudis die Volkswirtschaft umbauen, um ihre Abhängigkeit vom Öl zu reduzieren. Auch Russland ist auf höhere Öleinnahmen angewiesen. „Doch sowohl Russland als auch Saudi-Arabien werden nicht riskieren, dass der Ölpreis so hoch steigt, dass die Weltkonjunktur gefährdet ist“, meint die Volkswirtin Gabriele Widmann von der Dekabank. Einzelne Unternehmen, etwa in der Luftfahrt, müssen jedoch schon Kursabschläge hinnehmen, weil ihre Kosten bei höheren Treibstoffpreisen steigen.
Könnte das Fass Rohöl bald wieder 100 Dollar kosten?
Hier gehen die Meinungen der Ölexperten auseinander. Mehrere deutsche Analysten rechnen zwar mit einem weiteren Anstieg der Preise in den nächsten Wochen, doch etwa zum Jahresende oder im nächsten Frühjahr dürfte der Ölpreis wieder auf etwa 70 Dollar für ein Fass der Sorte Brent sinken, meint Widmann. Rohstoffexperte Herlinghaus rechnet mit einem Ölpreis zwischen 70 und 80 Dollar. Zwischen 2011 und 2014 kostete Rohöl mehr als 100 Dollar das Fass.
Was können die Verbraucher tun?
Autofahrern bleibt die Möglichkeit, die starken Preisschwankungen an den Tankstellen zu nutzen. Der ADAC empfiehlt, möglichst nachmittags oder abends zu tanken, da zu diesen Zeiten die Spritpreise oft am niedrigsten sind. Auch bei der Heizölbestellung sollten Preise verglichen werden. Für Heizöl, das im August gut 69 Euro je 100 Liter kostete, müssen jetzt knapp 78 Euro je 100 Liter bezahlt werden, so der Mineralöl-Wirtschaftsverband (MWV). Der Aufwärtstrend beim Heizöl dürfte sich noch weiter fortsetzen, meint das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). Wenn sich die Lage am Ölmarkt beruhigt, dürfte zwar der Benzinpreis schnell reagieren und sinken. Heizöl aber kauft man meistens nur ein- bis zweimal im Jahr. Entsprechend spät spüren Verbraucher diese Preisveränderungen in ihren Geldbeuteln.