Hamburg. Die Restaurantkette Block House wird 50 Jahre alt. Eine Erfolgsgeschichte mit kleinen Rückschlägen rund um Patriarch Eugen Block.
Die Speisekarte ist fast schon ein historisches Dokument. Allemal eine Erinnerung an die Zeit, als kaum jemand in Hamburg den Namen Eugen Block kannte und seine Steakhäuser etwas waren, das man erklären musste. „Gediegen, gradlinig, zuverlässig – das verbindet sich mit dem Begriff Block House“, steht selbstbewusst auf der ersten Seite des Menüplans aus den Anfangsjahren der Gastro-Kette. Eugen Block blättert langsam durch die Seiten. „Da kann ich mich noch gut dran erinnern“, sagt er. Angeboten wurden vor allem Steaks in verschiedenen Variationen mit Salat, Backkartoffel und Brot – auf Wunsch auch mit Pommes. Mrs. Rumpsteak – „ein mittelgroßes Steak nicht nur für die Dame“ – gab es schon für 8,50 D-Mark.
Das T-Bone-Steak kostete 15,50 D-Mark. Ein kleines Bier dazu war für 1 D-Mark zu haben. Erschwinglich sollten die Angebote sein, das gehörte zum Konzept des neuen Restauranttyps. Die Einrichtung einfach, die Atomsphäre gemütlich und offen. „Ein Bollwerk aus Baumstämmen, ein Schutz gegen feindliche Indianer“, wird die Idee der Gastlichkeit im Block House mit einem heute eher kuriosen Bild beschrieben.
Genau 50 Jahre ist das her. „Im Prinzip hat sich an der Gründungsphilosophie nichts geändert“, sagt Eugen Block. Er sitzt im Stammhaus seines Steak-Imperiums im Hamburger Stadtteil Winterhude. Inzwischen ist es mehrfach modernisiert worden. Es gibt immer noch viel Holz und keine Tischdecken. Die Speisekarte ist größer und bunter, die Preise sind höher. Mrs. Rumpsteak, eins der Block-Schlüsselprodukte, kostet heute 18,50 Euro, das T-Bone-Steak 32,50 Euro und ein Pils vom Fass 3,30 Euro. Es gibt auch vegetarische Gerichte.
Block briet das Fleisch selbst
Eugen Block ist längst ein sehr bekannter Mann, einer, den sein Geschäft reich gemacht hat. Das Herz seines Gastro-Imperiums sind die 51 Block-House-Restaurants, davon 41 in Deutschland, 14 in Hamburg. So erfolgreich wie er sind nur wenige in der Branche. Und selten steht ein Unternehmer so persönlich für seinen Betrieb. „Ein Gründungswerk wird umso besser, je genauer der Gründer weiß, wie es gestaltet werden soll“, sagt der heute 78-Jährige. „Mein Konzept hat sich voll bestätigt.“ Das ist nicht überheblich gemeint, er stellt es fest.
Block wusste immer genau, was er wollte. Am 26. September 1968, dem Tag der Eröffnung seines ersten Steakhauses, trägt er einen dunkeln Anzug, die Kellnerinnen rote Westen. In den Monaten zuvor hat der damals 28-Jährige sich Geld zusammengeliehen und alles in Umbau und Renovierung einer ziemlich runtergekommenen Kaschemme an der Dorotheenstraße gesteckt: insgesamt 120.000 D-Mark.
Gemeinsame Geschichte
Bis morgens um vier Uhr wurde geschrubbt und gepinselt. Dann ist es 16 Uhr, in wenigen Stunden sollen die ersten Gäste kommen. Seine spätere Ehefrau Christa ist da, völlig unerwartet steht auch Besuch aus Amerika vor der Tür: Blocks ehemalige Freundin Priscilla. „Ich wusste erst nicht, was ich machen sollte“, sagt er. Aber der smarte Gründer fängt sich schnell, freut sich über die guten Wünsche.
Das hat seinen Grund. Die beiden verbindet eine gemeinsame Geschichte, die inzwischen fest im Gründungsmythos seiner Unternehmensgruppe verankert ist. Sie spielt im Frühjahr 1966, Block lebt und arbeitet damals in San Francisco. Häufig fährt er mit Priscilla in seinem Ford zu seiner Schwester und späteren Geschäftspartnerin Marlies, die in der Nähe wohnt. Gemeinsam machen sie Ausflüge, erkunden die kalifornische Pazifikküste. Einmal halten sie an einem einfachen Lokal im Stil einer Blockhütte. Die Einrichtung ist schlicht, die Tischdecken sind kariert. Es gibt saftige Steaks, Backkartoffeln, Salat und Sour Cream. Eugen Block ist begeistert – und fasst den Entschluss, die Idee nach Deutschland zu importieren.
Als es zwei Jahre später losgeht, marschiert die Presse auf. Abends stehen die Menschen Schlange. „Die Zeit war reif für Steaks“, ist einer von Blocks Lieblingsätzen. Allerdings macht erst mal der Koch schlapp. Er hatte sich krank ins Restaurant geschleppt und einen Schwächeanfall erlitten. Eugen Block, Sohn eines Gastwirts und in einem Dorf im Oldenburger Münsterland aufgewachsen, überlegt nicht lange, bindet sich eine Schürze um und brät das Fleisch selbst.
Als er die Tür seines Restaurants am frühen Morgen schließt, sind 595 D-Mark Umsatz in der Kasse. Ganz ordentlich. „Wir haben jeden Tag unser Bestes gegeben und wussten nicht, wie wir den Ansturm des nächsten Tages bewältigen sollten“, erinnert er sich. Die Gäste sind offenbar zufrieden. In den ersten vier Wochen verbucht der Block-House-Erfinder schon 26.000 D-Mark. Und die Gäste kommen wieder. Eineinhalb Jahre später eröffnet er am Grindelhof Block House Nummer zwei. Der Gastronom wird Unternehmer.
Traum von der eigenen Fluglinie
Konsequent hat er danach seine Gastronomie als System aufgezogen und Block House zu einer Marke gemacht. Seit Anfang der 1970er-Jahre gibt es eine zentrale Lebensmittelproduktion, die auch Einzelhandel und Konkurrenten beliefert – und eine eigene Fleischerei. Heute gehören zum Block-Reich mit 2500 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von 381 Millionen Euro auch das Fünf-Sterne-Hotel Grand Elysée und das Privatbrauhaus Block Bräu in Hamburg. „Als ich angefangen habe, war es etwas Besonderes, essen zu gehen“, sagt der Chef der Firmengruppe. Die Menschen seien neugierig gewesen, langsam hatten sie auch mehr Geld in der Tasche. „Heute ist eine Neugründung in der Gastronomie schwieriger geworden, weil es im Grunde alles schon gibt.“
Seine Gruppe wächst langsam, aber stetig. Gerade hat ein Block House in Augsburg eröffnet, Anfang 2019 folgt Erfurt und 2020 Düsseldorf. Bei der 1973 gegründeten Burger-Kette Jim Block hat Block die ehrgeizigen Wachstumsziele massiv heruntergefahren. Seine Devise lautet: „Größe allein kann nicht unser Ziel sein.“ Dabei legt er größten Wert auf die Nähe zu den Gästen, bezeichnet sich selbst gerne als „Tischphilosophen“.
Gibt es Entscheidungen, die er bereut? Man weiß, dass er seinen Traum von der eigenen Fluglinie Hamburg Airlines, der ihn Millionen kostete, nach neun Jahren aufgegeben hat. „Das war zu früh“, sagt er heute. Dann fällt ihm noch eine Fehlentscheidung ein. „Die Einführung der Selbstbedienungstheke für Salat. Das passte nicht zu unserem Konzept der Gastlichkeit“, sagt Block und kann sich immer noch über die „Stapelsalate“ mancher Gäste ärgern. Nach zwei Jahren hat er die Option wieder abgeschafft. Beschlossenes wieder infrage zu stellen ist für ihn ein Grund für seinen Langzeiterfolg. Dazu steht er, auch wenn es von außen nicht immer nachvollziehbar ist.
Bis heute laufen die wichtigen Entscheidungen in der Gruppe über ihn. Sein Gestaltungswille, der ausgeprägte Sinn für Details bis zur Pedanterie haben ihm den Ruf eingebracht, nicht loslassen zu können. Der gläubige Katholik mit einer guten Portion Gottvertrauen sieht sich als Bewahrer und zählt zu den letzten Patriarchen in der Hamburger Wirtschaft. Mit 76 Prozent der Anteile ist er Mehrheitsgesellschafter. Seine drei Kinder Christina, Dirk und Philipp halten jeweils acht Prozent und sitzen im Aufsichtsrat – operativ sind sie nicht in der Firmenleitung tätig. Das Zerwürfnis mit dem ältesten Sohn Dirk, der schon zum Geschäftsführer aufgestiegen war, endete 2011 mit einem lauten - und öffentlichen – Knall. Der Junior musste gehen und verfolgt nun erfolgreich eigene Gastronomie-Konzepte. Ein Vorstand unter Führung von Stephan von Bülow leitet die Block-Geschäfte. Block, das hat er schon mehrfach zu erkennen gegeben, „will das Familienunternehmen in die dritte Generation führen“.
Silbermünze mit Blocks Konterfei für Mitarbeiter
Im vergangenen Jahr hat er sein Erbe geregelt. Die Kinder erhalten je 30 Prozent, die restlichen zehn Prozent fließen in eine neue Stiftung. Was nicht heißt, dass er trotz Pensionsalters keine neuen Pläne hätte. Ein Luxushotel im Berliner Botschaftsviertel soll in den nächsten Jahren entstehen. Investitionsvolumen: 40 Millionen Euro. Er würde gerne ein frei stehendes Block House bauen, „am besten an der Ausfallstraße mit vielen Parkplätzen dabei“. Auch über das Block-Urhaus in der Dorotheenstraße macht er sich Gedanken. „Es erreicht nicht mehr unsere hohen Standards an Großräumigkeit und Modernität“, sagt der Gründer überraschend unsentimental. Noch läuft der Mietvertrag, aber wenn sich in der Umgebung ein passender Standort findet, kann er sich einen Umzug vorstellen.
In den nächsten Tagen wird jetzt erst mal gefeiert. Der Firmengründer hat sich mit seiner Frau Christa eine Tour durch alle Block-House-Standorte vorgenommen. „Wir haben aber erst fünf geschafft“, sagt der Patriarch. „Es ist immer so viel anderes.“ Zum Jubiläum hat er eine Unternehmensgeschichte in Auftrag gegeben. Am kommenden Mittwoch, dem 50. Geburtstag, gibt es ein Fest in der Block-Zentrale für Wegbegleiter, Familie und langjährige Mitarbeiter. Sogar Bürgermeister Peter Tschentscher hat sich angesagt. In den Restaurants gibt zudem vom 26. bis 30. September für alle Gäste eine kostenlose Begrüßungsbowle.
Auch für die Mitarbeiter hat sich Eugen Block noch etwas ausgedacht. Sie bekommen als Dank für Arbeit und Engagement eine Silbermünze mit dem Konterfei des Gründers. Das erinnert ein bisschen an den Personenkult römischer Kaiser. Block lächelt, dann sagt er: „Ein bisschen Kaisertum muss sein.“