Hamburg. Shell betreibt in Wilhelmsburg LNG-Station für Lastwagen. Kraftstoff hat Temperatur von bis zu minus 162 Grad

    In Hamburg wird der Lkw-Schwerlastverkehr nach Schätzungen des Senats im Zeitraum von 2015 bis 2030 um 40 Prozent zunehmen. Direkt an einem der Knotenpunkte dieses Verkehrs, am Georgswerder Bogen nahe den Autobahnkreuzen in Hamburgs Süden, hat der Mineralölkonzern Shell die erste fest installierte Tankstelle für verflüssigtes Erdgas (LNG) in Deutschland offiziell eröffnet. Das bekanntere CNG-Autogas ist nicht verflüssigt und hat eine geringere Reichweite.

    Lkw mit dafür ausgelegten Motoren stoßen nach Angaben von Shell-Deutschlandchef Thomas Zengerly bis zu 25 Prozent weniger klimaschädliches CO2 aus. „Gerade für eine Hafen- und Logistikstadt wie Hamburg ist das ein entscheidender Gewinn“, so Zengerly. Hamburgs Senator für Umwelt und Energie, Jens Kerstan (Grüne), begrüßte das Engagement von Shell: „Erdgas und LNG können einen substanziellen Beitrag dazu leisten, die Luft in dieser Stadt zu verbessern.“ Denn die Stickoxid-Emissionen eines LNG-Lkw seien um 70 Prozent geringer als die eines vergleichbaren Diesel-Fahrzeugs – und nach Angaben von Shell enthalten die Abgase „so gut wie keinen Feinstaub“.

    Um den Treibstoff flüssig zu halten, muss er in einem Temperaturbereich zwischen minus 162 Grad und minus 130 Grad verwendet werden. Daher benötigen Lkw, deren Motoren LNG verbrennen, einen doppelwandigen Stahltank, der den Inhalt sehr gut isoliert. Ein solcher Tank soll den Treibstoff für mehr als zwei Wochen flüssig halten.

    Dem Mineralölkonzern zufolge vermindert sich durch das Mehrgewicht zwar die Zuladung geringfügig. Schon aufgrund der deutlich niedrigeren Energiesteuer auf LNG lägen die Kraftstoffkosten für damit betriebene Lkw aber um 15 bis 30 Prozent niedriger als die von herkömmlichen Diesel-Fahrzeugen.

    Zwar gibt es eine öffentlich zugängliche Versuchstankstelle für LNG-Lastautos bereits in der Nähe von Berlin. Laut Shell handelt es sich bei dieser und bei einer weiteren in Ulm aber um mobile Anlagen, die sich nicht an regulären Tankstellen befinden.

    Shell betreibt in den Niederlanden schon sieben LNG-Stationen sowie eine in Belgien. Im Laufe der kommenden 18 Monate seien bis zu vier zusätzliche in Deutschland geplant, hieß es. Schätzungen zufolge fahren auf Europas Straßen rund 5000 Lkw, die mit dem Flüssigerdgas betrieben werden. Damit liegt Europa weit hinter China; dort waren bereits 2017 etwa 240.000 Lastwagen mit LNG-Antrieb unterwegs.

    In Deutschland entfallen rund 20 Prozent der CO2-Emissionen auf den Transportsektor. Während die Elektromobilität im Bereich der Pkw und Kleintransporter helfen kann, die Emissionen zu verringern, benötigt der Schwerlastverkehr aus Sicht von Zengerly noch auf längere Sicht leistungsfähigere Verbrennungsmotoren mit großer Reichweite – bei LNG-Lkw seien es bis zu 2000 Kilometer. Senator Kerstan sieht den Kraftstoff auch als Brücke zu noch emissionsärmeren Technologien: Ein dafür geeigneter Lkw könne später einmal auch mit Bio-LNG fahren – und damit vollständig klimaneutral.