Berlin. Eine Firmenpleite ist nicht das Ende, wie TV-Star Frank Thelen selbst erfahren hat. In seiner Autobiografie fordert er mehr Mut.

Für Menschen, die sich tief in wissenschaftliche oder fiktionale Themen einarbeiten und dabei auch mal ihre Mitmenschen aus den Augen verlieren, gibt es diese etwas negativ klingende Bezeichnung: Geek. In Deutschland wird sie oft mit „Streber“ übersetzt, doch das klingt auch nicht besser.

Häufig trägt ein Geek eine Brille, gibt sich als Eigenbrötler und spickt seine Sätze mit englischen Fremdwörtern. Dies alles trifft auch auf Frank Thelen zu, der sich selbst einen Geek nennt, was etwas in die Irre führen kann. Denn der Mann ist TV-Seriengründer, Risikokapitalgeber, Fernsehstar und Buchautor.

Seine Autobiografie füllt 288 Seiten

Gerade ist Thelens Autobiografie erschienen, eigentlich etwas früh für einen 42-Jährigen. Aber offenbar hat er bereits genug erlebt, um 288 Seiten zu füllen: Von der Schule geflogen, Studium abgebrochen, pleitegegangen, gefragter Investor und Star im Fernsehen.

Pointiert im Untertitel zusammengefasst: „Startup-DNA. Hinfallen, aufstehen, die Welt verändern.“ Das alles ist so rasant aufgeschrieben, wie er auch im Alltag spricht: Er wechselt die Themen, benutzt viele englische Wörter, und ab und an klingt Thelen so, als wäre der Gründer auch gern Philosoph geworden.

Beim Treffen trägt er einen legeren, gut sitzenden Anzug, natürlich mit Turnschuhen. Sein Lieblingsthema sind nicht die Firmen von heute, sondern die möglichen großen Firmen von morgen und warum wir Deutschen es schwer haben werden auf diesem Markt der Zukunft. „Dafür habe ich im Grunde mein Buch geschrieben“, sagt er, „ich möchte, dass noch mehr inspiriert werden, sich über diese Dinge Gedanken zu machen, weil wir sonst den Anschluss verpassen.“

Thelen ging 1999 mit seiner Firma pleite

In Deutschland gebe es unter den Start-ups zwar mehrere Zehn-Milliarden-Unternehmen, aber keine mit einem Potenzial für einen Wert von 100 Milliarden Euro. „Ich weiß, meine Freunde sind schon genervt: ,Frank, du willst immer die ganz Großen.‘ Aber die sind wichtig.“

Dabei ist seine Biografie auch eine, die Bescheidenheit lehrt, wie das Kapitel „Die Katastrophe“ verdeutlicht. Darin beschreibt Thelen, wie seine Firma 1999 pleite ging – mit Millionenschulden. Das ging vielen anderen auf dem Neuen Markt ähnlich, aber noch einmal nachzulesen, wie es sich für einen jungen Mann, der alles auf diese Karte setzte, anfühlt, macht jeden bescheiden.

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    „Ich war überheblich und arrogant gewesen, hatte auf Menschen herabgeblickt und das Geld anderer Leute verschwendet.“ Er beschreibt, wie er zu seinen Eltern nach Hause geht, den Schlüssel umdreht: „Die Verzweiflung in den Augen meiner Mutter. Mein Vater war gefasster, aber tief enttäuscht.“

    Mit einer Online-Fotoservice-Plattform machte er Millionen

    „Aber genau darum geht es mir“, sagt Thelen, „dass die Leute hier nicht mehr bereit sind, Risiken einzugehen.“ Er wolle nicht, dass sie seine Fehler wiederholen, nein, aber er wolle, dass sie Mut haben, Dinge auszuprobieren. „Ein Jeff Bezos zum Beispiel“, sagt er, „der ruht sich nicht darauf aus, dass er Amazon gegründet hat, sondern probiert weiter Dinge aus mit Geld, das er notfalls schon im Vorfeld abschreibt.“

    Auch Thelen hat es nach der Pleite wieder versucht, wurde 2007 Millionär, als er und seine Mitgründer ihre Online-Fotoservice-Plattform IPS für digitale Fotobücher an Fujifilm verkauften. Heute ist er Chef des Wagniskapitalgebers Freigeist Capital und investiert in neu gegründete Start-ups.

    Thelen nimmt im Gespräch immer wieder Bezug auf die „großen Vier“, wie die US-Internetkonzerne Amazon, Apple, Facebook und Google oft genannt werden. Die Biografien der Gründer kennt Thelen gut, einige von ihnen hat er schon selbst getroffen. Den Amazon-Gründer Jeff Bezos habe er als bescheidenen Mann erlebt, eine Eigenschaft, die ihm wichtig ist.

    Bei Thelen mag es auch daran liegen, dass er kein abgeschlossenes Hochschulstudium hat – und das Gefühl hat, noch an sich arbeiten zu müssen, um mitzuhalten. Aber genauso gehe es einem Gründer wie Mark Zuckerberg von Facebook wohl auch.

    „In Zukunft wird alles datengetrieben sein“

    Für Thelen ist Facebook das Paradebeispiel, wie ein Unternehmen groß wird und groß bleibt. „Zunächst einmal haben wir noch zu wenig verstanden, dass in Zukunft alles datengetrieben sein wird.“ Was Facebook mache, sei, Daten zu sammeln, die man später einmal nutzen könne. „Was hat Mark Zuckerberg als brillanter Entscheider gemacht? Er hat zu vermeintlich völlig überhöhten Preisen Instagram und WhatsApp gekauft.“ Diese „Killer-DNA“, die fehle ihm hierzulande bei Unternehmern noch zu sehr.

    Oder Elon Musk von Tesla sehe beispielsweise, so Thelen, dass Batterien ein wichtiger Markt seien, und baue einfach gemeinsam mit Panasonic die größte Produktion dafür. „Das Batterien-Geschäft hat er schon gewonnen“, glaubt Thelen.

    Thelen fremdelt eigentlich mit dem Fernsehen

    Thelen selbst hat seine Passion inzwischen zum Beruf gemacht. Er ist einer der „Löwen“ aus der Vox-Fernsehsendung „Die Höhle der Löwen“, die Ideen von Gründern beurteilen. Er zählt zu den Investoren und gilt als fairer Zuhörer, vielleicht weil er weiß, dass selbst solche Sendungen scheitern können. Sowohl ein Ableger auf RTL2 mit Jette Joop, die junge Gründerinnen berät, als auch eine Version auf Sat.1 mit dem Finanzunternehmer Carsten Maschmeyer wurden bereits wieder aus dem Programm genommen.

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      Die „Höhle“ dagegen läuft seit vier Jahren und Thelen ist der einzige, der in jeder Staffel dabei war. Dabei fremdelt Thelen mit dem Fernsehen, sagt er. „Manchmal sehe ich da Typen, die führen sich wie der Mega-King auf, nur weil sie einen Wagen haben, der für sie vorfährt.“ Er fühle sich im Maschinenraum wohler, meint Thelen. Deswegen habe er in elektrische Flugtaxis investiert wie in die Firma Lilium. Je länger man ihm zuhört, umso mehr glaubt man, dass es auch hier eine Erfolgsgeschichte wird. Thelen wirkt wie ein begnadeter Verkäufer.

      Erstmals Einblick ins Privatleben

      In seiner Autobiografie gibt er auch erstmals Einblicke in sein Privatleben, erzählt von seiner Ehefrau Nathalie. Die Kieferorthopädin lernte er über einen Freund kennen, er war aufgeregt beim ersten Treffen. Im Kapitel „Nathalie“ stehen Sätze wie: „Auch eine gute Beziehung bekommt man nicht geschenkt, sondern sie ist das Ergebnis von kontinuierlicher emotionaler und zeitlicher Investition.“

      Thelen sagt, dass er es leid war, sich erklären zu müssen, wenn er von „bei uns zu Hause“ sprach. Zu seinem Leben gehöre seine Frau eben mit dazu. „Na klar, Ehen können kaputtgehen, ich weiß, wie fragil das alles ist, aber jetzt nach zwölf Jahren bin ich einfach glücklich, und das wollte ich auch erzählen.“