Berlin. Osteuropäische Banden sollen laut einem Medienbericht mit gefälschten Unterlagen jährlich 100 Millionen Euro Kindergeld kassieren.

Das Kindergeld ist in Deutschland eine maßgebliche Unterstützung für Familien. Sobald ein Kind geboren ist, erhalten Eltern aktuell für das erste und zweite Kind jeweils 194 Euro pro Monat, für das dritte Kind 200 Euro und ab dem vierten Kind je 225 als staatliche Leistung. Dass sich das rechnet, haben offenbar auch Banden organisierter Sozialbetrüger aus Osteueropa entdeckt.

Sie sollen die Familienkassen laut einem Medienbericht jährlich um mehr als 100 Millionen Euro betrügen. Wie Recherchen der „Welt am Sonntag” zeigen, schicken die Banden Familien nach Deutschland und kassieren Kindergeld ab – für nicht existierende Kinder oder für Nachwuchs, der gar nicht hier lebt. Der bundesweite Leiter der für das Kindergeld zuständigen Familienkasse, Karsten Bunk, sagte gegenüber der „WamS“, die Kasse beobachte diesen organisierten Kindergeldbetrug seit etwa zwei Jahren.

Fingierte Geburtsurkunden für nicht existente Kinder

Der Betrug soll dem Bericht nach folgendermaßen funktionieren: Professionelle Banden locken gezielt EU-Bürger aus Südosteuropa an mit der Aussicht, Sozialleistungen zu bekommen. Die angeworbenen Menschen erhalten von den Betrügern fingierte Unterlagen wie Geburtsurkunden für nicht existente Kinder oder Schulbescheinigungen für Kinder, die eigentlich weiterhin in der Heimat leben.

Mit diesen falschen Dokumenten werden dann bei den Familienkassen Anträge auf Kindergeld gestellt. Allerdings geht das so erbeutete Kindergeld nicht an die eigentlichen Antragssteller, sondern häufig an die Banden, die den Betrug eingefädelt haben.

Möglich macht den Schwindel die volle Freizügigkeit, die die EU-Osterweiterung mit sich gebracht hat. Damit haben mehr EU-Bürger in Deutschland Anspruch auf Sozialleistungen.

Bundesfinanzministerium arbeitet an Lösung

Die Masche ist auch dem für die Ausgaben der öffentlichen Hand zuständigen Bundesfinanzministerium bekannt. Laut „WamS“ arbeite das Ministerium nach eigener Aussage bereits an Lösungen. So sollen Maßnahmen zur Verbesserung des Datenabgleichs verabschiedet werden. Nach Meinung der Familienkasse genügt das allerdings nicht.

Die FDP verlangt sogar, die staatlichen Transferleistungen völlig zu reformieren. „Deutschland gibt etwa 200 Milliarden Euro für über 150 familienpolitische Leistungen aus. Das durchblickt niemand mehr und erleichtert Missbrauch“, kritisierte die stellvertretende Bundesvorsitzende der Liberalen, Katja Suding, gegenüber der Zeitung. Sie betrachtet die Bündelung der Hilfsleistungen in einem Bürgergeld als eine mögliche Lösung. (nsa)