Berlin. Hamburgs früherer Bürgermeister will die Besteuerung von Päckchen aus dem Ausland durchsetzen und Gesetzeslücken schließen.
Ob und welche Produkte er im Internet bestellt, hat Olaf Scholz am Dienstag nicht verraten. Dass der Onlinehandel aber kräftig wächst, weiß auch der Bundesfinanzminister. Ebenso wenig ist ihm entgangen, dass es dabei noch Gesetzeslücken gibt. Nicht immer bekommt der Staat nämlich die Steuern und Abgaben, die er kassieren würde, wenn Waren ganz regulär im Ladengeschäft verkauft würden.
„Gerade das Internet verführt im Einzelhandel dazu, sich um Zahlungspflichten herumzudrücken“, sagte Scholz deshalb am Dienstag bei der Präsentation der Jahresbilanz des Zolls. Beim Onlinehandel würden technische Möglichkeiten missbraucht, um Zölle oder die Umsatzsteuer nicht zu entrichten.
Auf der Suche nach Schwarzarbeitern in Baustellen
Deshalb werde man dort „gesetzgeberisch tätig“ werden, kündigte der SPD-Politiker an. Details nannte er nicht. In jedem Fall müsse man die Handelsplattformen im Internet davon überzeugen, dass sie „eine Mitverantwortung“ hätten. Der Gesetzgeber „kann das auch durch Regeln machen“, sagte Scholz.
Kontrollieren soll diese Regeln dann der Zoll, der dem Bundesfinanzministerium unterstellt ist. Die Behörde fertigt nicht nur Waren ab, sondern sucht auch nach Rauschgift, kassiert die Kfz-Steuer, stellt gefälschte Markenprodukte sicher und kontrolliert Baustellen oder Restaurants auf der Suche nach Schwarzarbeitern. Forderungen der Zoll-Gewerkschaft, deren Chef angesichts dieser Aufgabenfülle nach mehr Personal rief, bezeichnete Scholz als überzogen.
Chinesische Online-Händler zahlen keine Umsatzsteuer
Er kündigte aber dennoch an, zusätzliche Stellen zu schaffen. In Ministeriumskreisen war die Rede von „mehreren Hundert neuen Stellen“. Was die stetig wachsende Menge an Päckchen im Online-Handel angeht, hat der Zoll im vergangenen Jahr mehr als 220 Millionen Sendungen aus Nicht-EU-Staaten abgefertigt. 5,1 Milliarden Euro Einfuhrzölle erhoben die Beamten dabei.
Oft aber werden Päckchen und Pakete auch aus deutschen Versandlagern an deutsche Verbraucher geschickt, obwohl die Firmen, die die Ware verkaufen, ihren Sitz im Ausland haben. Sie müssten hier Steuern zahlen, tun dies aber oft nicht. Ein bekanntes Beispiel sind chinesische Online-Händler, die Waren aus einem deutschen Lager des Händlers Amazon verschicken lassen, aber keine Umsatzsteuer an den deutschen Fiskus entrichten.
Gewinn aus den Verkäufen von Fälschungen
Eine andere Steuerlücke tut sich auf, wenn für Waren von außerhalb der EU auf den Zollformularen zu niedrige Preise angegeben werden. So versuchen die Absender, Umsatzsteuer und Zollgebühren zu sparen. Für den Verbraucher, der solche Waren bestelle, bedeute das die Gefahr, dass die Waren nachversteuert werden könnten, sagte der Leiter des Zollkriminalamts, Norbert Drude. Er fügte hinzu: „Das kann natürlich ärgerlich sein.“
Und Minister Scholz fügte die Empfehlung hinzu, man solle bei im Internet angebotenen Waren, die besonders billig seien, ohnehin aufpassen. Auf ein weiteres Problem mit der zunehmenden Zahl von Kleinsendungen, die im Internet bestellt werden, wies der Vorsitzende des branchenübergreifenden Aktionskreises gegen Produkt- und Markenpiraterie, Volker Bartels, hin. Hier seien vor allem Online-Plattformen gefragt, die mit ihren Geschäftsmodellen zum Teil selbst Gewinn aus den Verkäufen von Fälschungen schlagen.
Kampf gegen Geldwäsche gewinnt an Bedeutung
Diese müssten aktiver gegen Angebote von Fälschungen vorgehen. Auch die Verbraucher sollten ihre Augen beim Online-Shoppen offen halten – im eigenen Interesse. „Niedrige Preise haben immer einen Grund, es gibt selten etwas geschenkt.“
Der Zoll zog 2017 außerdem die Rekordmenge von mehr als sieben Tonnen Kokain aus dem Verkehr. Dies lag aber vor allem an großen Funden im Hamburger Hafen. Scholz sagte, ein weiterer Schwerpunkt des Zolls, der an Bedeutung gewinne, sei der Kampf gegen Geldwäsche. Der Bund hatte bereits eine Einheit dafür, die sogenannte Financial Intelligence Unit, deutlich aufgestockt.
Eine Milliarde Euro Schaden durch Schwarzarbeit
Eine wesentliche Aufgabe des Zolls ist der Kampf gegen Schwarzarbeit. Auf diesem Gebiet hat der Zoll seine Anstrengungen im vergangenen Jahr erhöht. Arbeitgeber auf dem Bau, im Gastgewerbe und in anderen Branchen bekamen 2017 deutlich häufiger Besuch von Zollfahndern. Mehr als 52.000 Arbeitgeber wurden überprüft – das waren fast 12.000 mehr als im Vorjahr. Dem Fiskus entstand durch Schwarzarbeit nach Angaben von Minister Scholz ein Schaden von rund einer Milliarde Euro etwa durch entgangene Sozialabgaben. Das waren rund 150 Millionen Euro mehr als im Vorjahr.
Scholz, der früher bereits Bundesarbeitsminister war, sagte, es gehe um Ordnung auf dem Arbeitsmarkt. Der Staat müsse dafür sorgen, dass die Regeln eingehalten werden. Weil Unternehmen oft weniger als den gesetzlichen Mindestlohn zahlen, wurden rund 2500 Ermittlungsverfahren eingeleitet, auch dies war ein deutlicher Zuwachs. Die Kontrolle des Mindestlohns ist ebenfalls Aufgabe des Zolls.