Berlin. Milliardengewinne, Millionengehälter fürs Management: Volkswagen verdient trotz Diesel-Affäre und drohender Fahrverbote deutlich mehr.

Für die Vorstellung der Rekordbilanz waren Volkswagen-Chef Matthias Müller die angestammten Räume am Sitz in Wolfsburg wohl zu klein. Diesmal präsentierte der Vorstand die Bilanz in der Hauptstadtrepräsentanz des Konzerns am Boulevard Unter den Linden. „In der Stadt, in der auch viele der gesellschaftlichen Debatten rund um unser großes Zukunftsthema nachhaltige Mobilität zusammenlaufen“, begründete Müller.

Dass sich der Konzernchef auf die Zukunft konzentrieren kann und kein Unternehmen verwalten muss, das am Boden liegt, hätte vor über zwei Jahren keiner geahnt. Doch den befürchteten Totalschaden durch die Dieselkrise hat der Wolfsburger Autobauer nicht erlitten. Zumindest in finanzieller Sicht strotzt der Konzern wieder vor Kraft.

Fast elf Millionen Fahrzeuge verkauften die Wolfsburger weltweit, so viele wie noch nie. Im wichtigsten Markt China liefen die Geschäfte besonders gut. Mit rund 230 Milliarden Euro stiegen die Erlöse um mehr als sechs Prozent.

Ein Gewinn von über elf Milliarden Euro

„Es war das Jahr, in dem wir wieder in die Offensive gegangen sind“, sagte Müller. Am Ende blieb ein Gewinn von über elf Milliarden Euro übrig. 2018 will der Konzern noch mehr Geld verdienen. Müller erwartet ein weiteres Umsatzwachstum um bis zu fünf Prozent.

Von dem guten Ergebnis profitieren auch die Vorstandsmitglieder erheblich. Die Mitglieder des Konzernvorstands kassieren insgesamt rund 50,3 Millionen Euro. Spitzenverdiener ist Müller mit mehr als 10,1 Millionen Euro – inklusive Nebenleistungen wie Dienstfahrzeugen. Nach dem alten Gehaltsmodell, in dem variable Boni noch ein stärkeres Gewicht hatten, hätte er über 13 Millionen Euro bekommen.

Die Aktionäre können sich über höhere Ausschüttungen freuen: Die Dividende je stimmrechtsloser Vorzugsaktie soll von 2,06 auf 3,96 Euro steigen, die Dividende für die Stammaktie von zwei auf 3,90 Euro. Darüber beglückt dürften insbesondere die Familien Porsche und Piëch sein, die über die Porsche-Holding SE die Mehrheit der Stammaktien halten.

Wolfsburger wollen die Elektromobilität vorantreiben

Auch im laufenden Jahr will der Konzern mit den neun Automarken und einer Lkw-Sparte die Elektromobilität vorantreiben. Etwa 34 Milliarden Euro investiert Volkswagen in den kommenden vier Jahren in alternative Antriebe und in Mobilitätsdienste oder das autonome Fahren.

Bis Mitte des kommenden Jahrzehnts rechnet Müller mit einer Jahresproduktion von drei Millionen E-Mobilen. 50 rein elek­trische Modelle und 30 Hybride will der Konzern auf den Markt bringen. Bislang sind es zusammengenommen acht Modelle.

Im kommenden Jahr wird die Konzernmarke Audi ein vollelektrisches Fahrzeug mit einer Reichweite von 500 Kilometern vorstellen. Der erste E-Porsche folgt 2019. „Wir spüren, dass die Nachfrage wächst“, sagt Müller. Allerdings seien die Stückzahlen trotz guter Zuwachsraten noch bescheiden. Das soll sich mit der nächsten Generation an E-Mobilen ändern.

Die wichtigste Komponente will das Unternehmen aber auch in Zukunft nicht selbst herstellen. Die Batterien will Müller weiterhin zukaufen.

Zahlen, bitte: So ist eine Bilanz zu lesen

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    So sollen die Autos sauberer werden und weniger verbrauchen. „Auch deshalb hoffe ich, dass der Diesel bis dahin nicht endgültig totgeredet worden ist“, sagt Müller. Für den Klimaschutz sei die Technologie Teil der Lösung, nicht das Problem.

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      Getäuschte Kunden werden nicht entschädigt

      Von Entschädigungen für Kunden, die einen Diesel mit manipulierter Software gekauft haben, will der Konzern weiter nichts wissen. Vier Millionen Fahrzeuge habe das Unternehmen freiwillig mit einer neuen Software ausgestattet, 160.000 Kunden zu einem Umstieg auf ein modernes neues Modell bewegt und dies mit einer Umweltprämie unterstützt.

      Außerdem beteilige sich der Konzern am Fonds der Bundesregierung, der Maßnahmen zur schnellen Luftverbesserung in den Kommunen finanziert, hieß es am Dienstag.

      Mit den Folgen des Dieselskandals haben die Wolfsburger immer noch zu tun. Die Risiken daraus nehmen mehrere Seiten des Geschäftsberichts ein: 2017 kosteten Entschädigungen vor allem in den USA sowie andere Folgen des Fehlverhaltens noch 3,2 Milliarden Euro, halb so viel wie im Jahr zuvor.