Hamburg. Wirtschaftssenator Frank Horch über den Abriss der Köhlbrandbrücke und seine berufliche Zukunft

Seit sieben Jahren ist Frank Horch (69, parteilos) nun Wirtschaftssenator der Hansestadt. Das Abendblatt sprach mit dem engen Vertrauten von Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) über die Alternativen zur alten Köhlbrandbrücke, den Zeitplan für die sich schier endlos hinziehende Elbvertiefung und seine beruflichen Pläne nach dem möglichen Ende der Ära Scholz in der Hansestadt.

Herr Senator, freuen Sie sich, dass Hafenchef Jens Meier nun nicht mehr Präsident des HSV ist?

Frank Horch: Nein, warum sollte ich?

Weil Jens Meier nun mehr Zeit für den Hafen hat.

Er hat seine Priorität immer zu 100 Prozent auf den Hafen gelegt. Das war in seiner Zeit als HSV-Präsident so – und das wird auch in Zukunft so sein.

Dennoch ist es ein offenes Geheimnis, dass es zwischen Meier und der Hafenwirtschaft erhebliche Spannungen gibt. Wie sollen diese überwunden werden?

Herr Meier ist ein integrer, intelligenter und weitsichtiger Manager, der mein vollstes Vertrauen genießt. Dass es dann und wann aus der Hafenwirtschaft Kritik an seiner Arbeit gibt, halte ich für einen normalen Vorgang, den man nicht überbewerten sollte.

Schaut man auf die Schlagzeilen der vergangenen Monate, so kann man nicht gerade behaupten, dass es im Hafen rund läuft. Die Elbvertiefung stockt weiterhin, der Schlick wird zum Dauerproblem – und zu allem Überfluss verliert Hamburg auch noch Ladung an die Konkurrenz. Gute Nachrichten sehen anders aus.

Bei der Fahrrinnenanpassung sind wir mittlerweile auf einem sehr guten Weg. Für das Thema Sediment gibt es ebenfalls vielversprechende Lösungsansätze, und mit Blick auf den leichten Ladungsverlust muss man auf die Veränderungen der globalen Warenströme schauen. Hamburgs Hafen spürt nicht nur die Schifffahrtskrise, sondern auch die Sanktionen gegen Russland und das schwächere Wachstum in China. Dadurch kommt weniger Ladung zu uns. Zudem belastet uns selbstverständlich der lange Prozess rund um die Fahrrinnenanpassung. Seit 16 Jahren wird um dieses Projekt gestritten.

Wie viel Ladung geht Hamburg aus Ihrer Sicht verloren, weil die Elbvertiefung noch nicht durchgeführt werden konnte?

Wenn ich mit unseren befreundeten Reedereien rede, so nennen sie mögliche Steigerungsraten nach der Elbvertiefung von 30 Prozent und mehr. Zwischen zehn und 30 Prozent sind aus meiner Sicht möglich.

Wie ist Ihre Prognose für die Elbvertiefung – geht es in diesem Jahr noch los?

Davon gehe ich aus. Wir müssen natürlich abwarten, ob die Umweltverbände klagen und wie das Gericht in diesem Falle entscheiden würde. Ich bin aber zuversichtlich, dass wir die besseren Argumente auf unserer Seite haben. Die letzten Urteile für uns bestärken mich in dieser Meinung.

Wird Hamburg nach der Elbvertiefung verlorene Ladung aus anderen Häfen zurückholen?

Das kann man schwer voraussagen, ob wir Ladung zurückholen oder neue Ladung gewinnen. Ich werde auf jeden Fall nach dem Start der Elbvertiefung zu den großen Reedereien weltweit reisen und für unseren Hafen und seine Potenziale werben. Darüber hinaus darf man den Erfolg eines Hafens auch nicht ausschließlich in umgeschlagenen Boxen bemessen. Hamburg hat als Hafen deutlich mehr zu bieten.

Hamburg wird aller Voraussicht nach schon bald einen neuen Bürgermeister bekommen. Was heißt das für Sie als Wirtschaftssenator?

Für mich bedeuten die Spekulationen gar nichts.

Sie gehen also davon aus, dass Sie auch unter einem neuen Bürgermeister bis zum Ende der Legislaturperiode Wirtschaftssenator bleiben werden?

Das Amt macht mir großen Spaß, und ich denke, dass ich in meiner Zeit als Senator auch viel für Hamburg erreicht habe. Deshalb möchte ich – wenn meine Lebenssituation und Gesundheit es zulassen – die Legislaturperiode gerne als Wirtschafts- und Verkehrssenator zu Ende bringen.

Es wird viel über die Alternative zur Köhlbrandbrücke gesprochen. Nicht wenige Entscheider, wie HHLA-Chefin Angela Titzrath, favorisieren einen Tunnel – wie ist Ihre Meinung?

Die HPA ist gerade dabei, eine Konzeptstudie zu erstellen, in der es um die Frage geht, ob eine Brücke oder ein Tunnel als Ersatz Sinn machen. Diese Studie warten wir ab und werden dann entscheiden, wie es weitergeht.

Wann erwarten Sie ein Ergebnis?

Das Ergebnis der Studie wird noch im März vorliegen.

Dann wissen wir, ob es einen Tunnel oder eine Brücke werden soll?

So ist es. Und zum Ende des Jahres wird es dann Details zu der neuen Querung geben.

Wird es Ihnen schwerfallen, die Köhlbrandbrücke als Hamburger Wahrzeichen abzureißen?

Sicherlich ist das ein einschneidender Vorgang, aber mit Blick auf die immer größeren und höheren Schiffe kommen wir um einen Abriss der Brücke nicht herum.

Wann werden wie eine neue Querung haben?

Im Sinne des Standorte, so schnell wie möglich. Wenn Planung und Finanzierung stehen, können wir sofort damit beginnen. Der Abriss der alten Brücke erfolgt dann anschließend.

Eine Tunnellösung würde sicherlich deutlich teurer als eine neue Brücke. Müsste man dann für den Tunnel zur Finanzierung eine Maut nehmen?

Das kann durchaus sein. Wir müssen mit dem Bund eine Finanzierung hinbekommen – ob ein Teil der Finanzierung durch eine Maut erfolgt, wird sich zeigen. Das gilt übrigens sowohl für einen Tunnel wie für eine neue Brücke.

Immer mehr Hamburger Firmen werden an ausländische Konzerne verkauft – ob Globetrotter, der Germanische Lloyd, Noske Kaeser oder Hamburg Süd – bereitet Ihnen diese Entwicklung Sorgen?

Diese Entwicklung kommt nicht überraschend. Made in Germany hat international eine hohe Wertigkeit – heimische Firmen sind weltweit sehr begehrt. Am Ende ist für Hamburg wichtig, dass die Stadt durch diese Übernahmen möglichst keine Arbeitsplätze verliert und die Zukunft der Firmen gesichert wird.

Unter den größten Unternehmen der Stadt befinden sich immer mehr soziale Dienstleister wie Krankenhaus- und Pflegeheimbetreiber. Hat die Industrie in Hamburg ihren Höhepunkt überschritten?

Das sehe ich nicht. Schauen Sie nur auf unsere Flugzeugindustrie. Mit Airbus im Zentrum hängen an diesem Bereich mehr als 40.000 Arbeitsplätze in Hamburg. Hinzu kommen die Gabelstaplerbauer, Aurubis, Beiersdorf und viele andere. Allerdings müssen wir als Stadt – und die Unternehmen selbst auch – darauf achten, dass sie sich technologisch immer weiterentwickeln und den Anschluss nicht verlieren. Und hier sind wir auf einem guten Weg.

Fehlt nicht dennoch die Ansiedlung eines neuen großen Technologie- oder Indus­trieunternehmens als Leuchtturmprojekt?

Das ist altes Denken. Unser Ziel muss es eher sein, dass die etablierten Unternehmen technologisch immer auf dem neuesten Stand sind. Wir müssen Start-ups fördern, aus denen vielleicht eines Tages große, bedeutende Unternehmen werden. Dafür gibt es unzählige Beispiele. Zudem setze ich große Hoffnung auf den 3-D-Druck. Hier haben wir erst kürzlich eine neue Initiative gestartet. Der 3-D-Druck wird die Wirtschaft in allen Bereichen revolutionieren und auch immer bedeutender für kleinere Firmen. Hier müssen wir als Stadt vorne mit dabei sein. Hamburg Invest ist als unser Wirtschaftsförderer bei den Ansiedlungen übrigens sehr erfolgreich. Die Zahlen für 2017 stellen wir nächste Woche vor.

Hamburg sieht sich immer noch auf dem Weg zu einer ökologischen Mobilitätsme­tropole, ist aber nicht mal bereit, wie andere Großstädte hierzulande eine Umweltzone, welche Fahrzeuge mit hohem Schadstoffausstoß aus der City verbannt, einzuführen. Das passt doch nicht.

Ich bin gegen Fahrverbote, denn sie bringen nichts. Stattdessen müssen wir ein stimmiges Mobilitätskonzept mit einem guten Nahverkehrsangebot umsetzen. Zudem müssen wir im Hafen dafür sorgen, dass die Schiffe weniger Schadstoffe ausstoßen. Das wollen wir mit Landstromanlagen, LNG oder Power-Pacs schaffen – und wir setzen auf Schiffe mit modernen Antrieben. 38 Prozent der Stickoxide entstehen durch Schiffe im Hafen. Wir arbeiten intensiv daran, dass sich das ändert.