Neckarsulm/Berlin. Lebte das Tier im Stall oder hatte es Auslauf? Lidl will ab April sein Fleisch ähnlich wie bei Eiern kennzeichnen – mit vier Stufen.

Inmitten der Debatte über ein staatliches Label für Fleisch aus besserer Tierhaltung startet der Discounter Lidl ein eigenes System. Ab April sollen alle Frischfleischprodukte der Eigenmarken – ob Schwein, Rind, Pute oder Hähnchen – mit einem leicht verständlichen „Haltungskompass“ gekennzeichnet werden, wie der Billiganbieter am Donnerstag ankündigte. Umweltschützer begrüßten die Initiative, forderten von der künftigen Bundesregierung aber weiter eine verpflichtende Kennzeichnung der Haltungsart von Tieren.

Das Lidl-System soll sich an der bekannten Kennzeichnung für Eier orientieren und hat vier Stufen. Stufe 1, „Stallhaltung“, entspricht gesetzlichen Bestimmungen. Stufe 2, „Stallhaltung Plus“, garantiert laut Lidl, dass Tiere mehr Platz und Beschäftigungsmaterial hatten. Stufe 3, „Auslauf“, signalisiert, dass Tiere neben mehr Platz auch Zugang zu Außenklimabereichen hatten und gentechnikfreies Futter erhielten. Stufe 4, „Bio“, entspricht Bestimmungen für Biofleisch.

Verbände fordern verpflichtende Haltungskennzeichnung

Lidl erwartet, dass die Verbraucher mit der Kennzeichnung stärker Produkte aus besserer Haltung kaufen und hofft, dass so langfristig das Tierwohlniveau der gesamten Branche steigt. Der Discounter will Anfang 2019 mit rund 50 Prozent seiner Produkte mindestens die Stufe 2 erreichen. Langfristig soll das komplette Frischfleischsortiment der Eigenmarken mindestens dieses Niveau haben.

Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter forderte Union und SPD auf, in einem neuen Koalitionsvertrag eine gesetzliche Kennzeichnungspflicht festzuschreiben. Es sei „ein Armutszeugnis für die Bundesregierung“, dass einzelne Handelsketten selbst diesen Schritt gehen müssten.

Auch die Umweltorganisation Greenpeace und der ökologische Erzeugerverband Bioland forderten eine verpflichtende Haltungskennzeichnung. Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) erklärte, der „Haltungskompass“ von Lidl weise in die richtige Richtung, ersetze aber keine staatlich verbindliche Haltungskennzeichnung.

Seit 2015 gibt es „Initiative Tierwohl“

Die Verbraucherorganisation Foodwatch hält dagegen auch eine gesetzliche Kennzeichnungspflicht nicht für ausreichend. Notwendig seien präzise Pflichtvorgaben zur Verbesserung der Tiergesundheit.

Union und SPD wollte eigentlich schon in ihrer bisherigen Regierung ein staatliches Tierwohllabel einführen. Dies wurde bis zur Wahl aber nicht mehr umgesetzt. Nun soll es in einer neuen Koalition eingeführt werden.

Landwirte, die freiwillig teilnehmen, sollen etwa mehr Platz für Schweine im Stall bereitstellen. Bereits seit 2015 gibt es eine „Initiative Tierwohl“ der Branche. Freiwillig teilnehmende Landwirte erhalten für Zusatzleistungen Geld aus einem Fonds, in den Supermarkt-Ketten einzahlen. (dpa)