Berlin. Die Abgas-Versuche mit Affen sorgten für Empörung. Laut einem Bericht hat der Forschungsverein auch Versuche mit Menschen finanziert.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat umstrittene Diesel-Schadstofftests scharf verurteilt und Aufklärung eingefordert. „Diese Tests an Affen oder sogar Menschen sind ethisch in keiner Weise zu rechtfertigen“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin. „Die Empörung vieler Menschen ist absolut verständlich.“

Den Aufsichtsräten der Auftraggeber der Tests komme nun eine besondere Verantwortung zu, kritische Fragen auch zur Zielsetzung der Tests zu beantworten. Die Autokonzerne hätten Schadstoffemissionen zu begrenzen und Grenzwerte einzuhalten und nicht die vermeintliche Unschädlichkeit von Abgasen zu beweisen.

Der geschäftsführende Bundesverkehrsminister Christian Schmidt (CSU) kritisierte die Tests ebenfalls scharf, die ausschließlich PR-Zwecken dienten, wie ein Sprecher sagte. Die Untersuchungskommission des Ministeriums zum Abgasskandal solle in einer Sondersitzung prüfen, ob es weitere Fälle gibt. Die Autokonzerne seien aufgefordert worden, umgehend und detailliert Stellung zu nehmen.

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Autokonzerne finanzieren Abgas-Versuche mit Affen und Menschen

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    Zuletzt hatte es Berichte gegeben, dass der wegen Versuchen an Affen in die Kritik geratene Auto-Forschungsverein EUGT auch einen Versuch mit Menschen finanziert hatte. Die „Europäische Forschungsvereinigung für Umwelt und Gesundheit im Transportsektor“ (EUGT), die die Autokonzerne BMW und Daimler und VW 2007 gemeimsam mit Bosch gegründet hatten, habe ein Experiment an mehreren Testpersonen gefördert, berichtete die „Stuttgarter Zeitung“. Dabei seien die Probanden dem Reizgas Stickstoffdioxid ausgesetzt gewesen.

    Autoabgase gelten als wichtigste Quelle für das Gas, dessen Messwerte VW in den USA über Jahre manipuliert hatte, um die Grenzwerte für Dieselfahrzeuge nicht zu überschreiten. Bei der 2016 veröffentlichten Studie hätten an einem Institut des Uniklinikums Aachen 25 junge, gesunde Personen über mehrere Stunden das Gas in unterschiedlichen Konzentrationen eingeatmet und seien anschließend untersucht worden.

    Daimler verurteilt Versuche

    Fotos aus der Prozessakte zeigen Vorrichtungen, mit denen der Abgastest mit Affen durchgeführt wurde.
    Fotos aus der Prozessakte zeigen Vorrichtungen, mit denen der Abgastest mit Affen durchgeführt wurde.

    In dem entsprechenden EUGT-Report heißt es, der Forschungsverein habe auf Empfehlung seines Beirates eine „Kurzzeit-Inhalationsstudie mit Stickstoffdioxid bei gesunden Menschen gefördert“. Dabei sei der Einfluss unterschiedlicher NO2-Konzentrationen in der Atemluft auf die Probanden untersucht worden. Nach Einschätzung der EUGT habe die Studie ergeben, dass keine Wirkung festgestellt werden konnte, hieß es weiter.

    Die EUGT wurde im Sommer 2017 aufgelöst. Sie war zuletzt wegen eines Abgas-Experiments mit Affen in den USA in die Kritik geraten. Zu dem Zeitpunkt der Menschen- und Affenversuche war der Autozulieferer Bosch nach derzeitigen Erkenntnissen nicht mehr Mitglied des Forschungsvereins, im Gegensatz zu VW, Daimler und BMW.

    Daimler erklärte, man verurteile die Versuche „auf das Schärfste“ und distanziere sich von der EUGT. Deren Vorgehen widerspreche den Werten und ethischen Prinzipien des Unternehmens. Auch wenn Daimler keinen Einfluss auf den Versuchsaufbau gehabt habe, habe man eine umfassende Untersuchung eingeleitet.

    Auch andere Autobauer distanzierten sich

    VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh forderte in der Zeitung „Die Welt“ eine umfassende Aufklärung. „Der Aufsichtsrat ist sich einig: Hier muss schnellstmöglich lückenlos aufgeklärt werden.“, betonte Osterloh auch am Montag in Wolfsburg. „Als VW-Konzernbetriebsrat sind wir erschüttert. Hier sind offensichtlich ethisch-moralische Grenzen überschritten worden.“ Für die Volkswagen-Beschäftigten distanziere er sich klar. VW hatte sich zuvor für die Tierversuche entschuldigt.

    Fotos aus der Prozessakte zeigen Vorrichtungen, mit denen an Affen Versuche durchgeführt wurden.
    Fotos aus der Prozessakte zeigen Vorrichtungen, mit denen an Affen Versuche durchgeführt wurden.

    Deutsche Autohersteller sollen einem Bericht der „New York Times“ zufolge vor einigen Jahren Tierversuche finanziert haben, um zu belegen, dass ihre Dieselfahrzeuge keine Gesundheitsschäden verursachen. Auch BMW distanzierte sich von den Versuchen. Es blieb trotzdem die Frage offen, ob die Unternehmen wussten, dass die EUGT Affen bei den Experimenten einsetzte. (rtr/nsa)