Berlin. Auch Rewe springt nun auf den Gesundheitstrend auf, Lebensmittel mit weniger Süße herzustellen. Kunden bekommen ein Mitspracherecht.

Coca-Cola will es, Unilever auch, und Nestlé verkündete gar die Entdeckung einer „bahnbrechenden neuen Technologie“: Sie alle arbeiten daran, den Zuckeranteil in ihren Produkten zu verringern. Nun will auch einer der größten deutschen Lebensmittelhändler der umstrittenen Zutat bei seinen Eigenmarken an den Kragen.

Rewe hat angekündigt, in diesem Jahr die ersten hundert zuckerreduzierten Produkte ins Sortiment aufzunehmen. Bis 2020 sollen dann für alle Eigenmarken Produkte mit weniger Zucker verfügbar sein. Wie hoch genau die Reduktion ausfällt, hängt auch vom Geschmack der Kunden ab.

Schokopudding-Probepackungen ab 15. Januar

Denn Rewe will zum Auftakt seiner Initiative „Wie viel Zucker brauchst Du noch?“ darüber abstimmen lassen, welche Produktvariante in die Regale kommt. Ab 15. Januar werden dafür in den mehr als 3000 deutschen Märkten Schokopudding-Probepackungen angeboten – in Originalrezeptur sowie mit 20, 30 und 40 Prozent weniger Zucker. Bis zum 12. Februar haben Kunden dann Zeit, online über ihren Favoriten abzustimmen. Der Gewinner schafft es ins Rewe-Regal.

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    Der Lebensmittelhändler setzt damit um, was Ernährungsminister Christian Schmidt (CSU) im Sommer 2017 angestoßen hatte. Für eine gesündere Ernährung sollten Fertigprodukte nicht mehr so viel Salz, Fette und eben auch Zucker enthalten. Statt über verpflichtende Gesetze plante Schmidt, bis Mitte 2018 freiwillige Ziele für geänderte Rezepturen mit den Herstellern zu vereinbaren.

    Wie viel Zucker ist noch in Ordnung?

    „Rewe möchte einen relevanten Beitrag dazu leisten, die Gesamtaufnahme an Zucker bei unseren Kunden zu reduzieren. Dabei ist jede Reduktion sinnvoll“, sagte Rewe-Einkaufschef Hans-Jürgen Moog. Klar sei aber auch: „Rezepturoptimierung ist nur ein Baustein hin zu einer ausgewogenen Ernährung. Information, Wissen und Bewegung sind weitere Schlüsselfaktoren.“

    Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt, dass Kinder und Erwachsene nicht mehr als zehn Prozent ihres täglichen Energiebedarfs durch Zucker decken sollten. Noch besser für die Gesundheit sei sogar eine Reduktion auf unter fünf Prozent, was etwa 25 Gramm oder sechs Teelöffeln Zucker pro Tag entspreche. Laut Ernährungsministerium liegt der durchschnittliche Anteil in Deutschland derzeit bei mehr als 13 Prozent.

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      DGE hält Empfehlung teilweise für überzogen

      Die WHO-Richtlinie bezieht sich nicht auf Zucker, der von Natur aus in frischem Obst und Gemüse sowie Milch enthalten ist. Es gebe keine Hinweise auf negative Folgen für die Gesundheit.

      Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) stimmt der WHO-Richtlinie weitgehend zu, gibt aber zu bedenken, dass aufgrund der unsicheren Datenlage derzeit keine klare Grenze für den Zuckerkonsum gezogen werden könne. Vor allem der Zusatznutzen der Fünf-Prozent-Grenze sei fragwürdig.

      Zucker hat viele Namen

      Seine Anti-Zucker-Kampagne lässt Rewe von der Ernährungsexpertin Christine Blohme und der Moderatorin Anastasia Zampounidis begleiten, ebenfalls Autorin des Buches „Für immer zuckerfrei: Schlank, gesund und glücklich ohne das süße Gift.“

      Ganz so drastisch sieht es Ernährungsexpertin Blohme nicht. Für sie kommt es auf die Menge an. „Zucker an sich muss nicht unbedingt schlecht sein. Wir essen nur häufig wesentlich mehr davon als uns gut tut“, sagte sie auf einer Online-Pressekonferenz des Konzerns. Das liege zum einen an der verbreiteten Vorliebe für Süßes. Und zum anderen habe Zucker viele Namen, die Verbraucher auf der Produktverpackung nicht zuordnen könnten – etwa Glukosesirup, Dextrose, Saccharose oder Maltodextrin.

      Eine Frage der Gewohnheit

      Die Lust auf Super-Süßes könne man sich abgewöhnen, versicherte Zampounidis, die nach eigenen Angaben seit 2006 komplett auf Zucker verzichtet: „Lebensmittel haben von Natur aus eine breite Aromenvielfalt, die durch zugesetzte Süße überdeckt wird. Wer mal Zucker an der einen oder anderen Stelle weglässt oder einen weniger süßen Artikel probiert, wird schnell feststellen, dass dadurch ein Produkt nicht an Geschmack verliert, sondern gewinnt.“