Sie sind der Megatrendin der Sportbranche. Mit Sprung Raum und Jump House mischen zwei Anbieter aus der Hansestadt kräftig mit. Ende Januar kommt die dritte Halle an die Alster – nach Poppenbüttel

Der Ort für Höhenflüge liegt etwas versteckt. In einem Gewerbegebiet in Wandsbek zieht sich ein Backsteinbau von der Straße Am Neumarkt nach hinten in die zweite Reihe. Laderampe und Metalltreppen weisen das Gebäude als Lagerhalle aus. Doch mit dem Eintreten in die Hausnummer 38c befindet man sich in einer unerwarteten Welt. Von Gabelstaplern oder Hoch­regallagern fehlt hier jede Spur. Ein geschätzt zehn Meter langer Tresen zieht sich weiß glänzend durch den Vorraum. Dahinter flimmern auf Flachbildschirmen Videos. Das Ambiente erinnert an ein stylisches Hotel. Tatsächlich befinden sich Gäste aber im Sprung Raum – Hamburgs zweitem Trampolinpark.

Kurz vor Weihnachten eröffnete Nadira-Essberger die beiden zusammen mehr als 5000 Quadratmeter großen und verbundenen Hallen. Zwei Jahre dauerte die Suche nach der perfekten Immobilie. Im August begann der Umbau: Leitungen für Elektrik und Wasser wurden neu gezogen, Toiletten und Duschen sowie Brandschutzfenster eingebaut. Acht Notausgänge stehen im Notfall zur Verfügung. Mit Blick auf die umfangreichen, aber notwendigen Auflagen der Behörden sagt die 46-Jährige mit einem Schmunzeln: „Das ist der sicherste Ort in Wandsbek.“ Mit der Eröffnung kurz vor dem Ausklingen des alten Jahres gelang ihr zudem ein Punktsieg gegen den Pionier in Deutschland – das expandierende Hamburger Unternehmen Jump House.

Im Dezember 2014 hatten Till Walz und Christoph Ahmadi in Stellingen den bundesweit ersten großen Trampolinpark eröffnet. Die Idee dafür gewannen die beiden Jugendfreunde auf zahlreichen Reisen in die USA. Denn dort wurde das Konzept entwickelt. Walz besuchte rund 35 dieser Indoor-Sportstätten. Restlos überzeugt war er, als er in Las Vegas die Amerikaner um ihn herum hüpfen sah: „Ich stand da mit offenem Mund und war begeistert.“ Zumal die Amerikaner die Bücher öffneten und ihm verdeutlichten, dass das Springen auf den Tuchgeräten ein lukratives Geschäft sein kann.

Mittlerweile hat das Jump House viele Nachahmer gefunden. Von Flensburg bis München gibt es laut einer Auflistung des Sportbusiness-Portals Ispo mehr als 30 dieser kommerziellen Sprungtempel von rund 20 Anbietern. „Trampolinparks und Trampolinhallen sind der Megatrend, der mit zehnjähriger Verzögerung gerade massiv von Amerika nach Deutschland herüberschwappt“, heißt es dort in einem Artikel.

Entstehen sollen sie in Lager- und Eishallen sowie Einkaufszentren. Selbst eine legendäre Tennishalle befindet sich unter den potenziellen Höhenflugzen­tren. In Filderstadt bei Stuttgart schlugen einst Asse wie Steffi Graf und Martina Navratilova auf – nun plant die Sprungbude in der Halle einen knapp 8500 Quadratmeter großen Trampolinpark. Bundesweit stehen rund zwei Dutzend neue Projekte in den Startlöchern. Es gebe noch viel Potenzial in Deutschland, sagt Stahl-Essbergers Eheman Holger Stahl, der sich um die Expansion von Sprung Raum kümmert: „In den nächsten drei bis vier Jahren wird es sicherlich mehr als 100 Trampolinhallen geben.“

Aus medizinischer Sicht ist das auf der einen Seite eine gute Entwicklung. Denn Trampolinspringen sei ein hervorragendes Training für Kraft, Koordination und bei langer Aktivität auch für die Ausdauer, sagt der Hamburger Professor Michael Braumann. Der Präsident des Deutschen Sportärtzebunds freut sich generell, wenn Menschen sich bewegen. Auf der anderen Seite sieht er bei dem Springen in den Hallen auch ein Problem: „Es verleitet zu wagemutigen Stunts, die ins Auge gehen können.“

Die beiden Hamburger Anbieter betonen, dass sie höchsten Wert auf Sicherheit durch geschultes Personal legen, die die Springer in die Regeln einweisen und beim Sport überwachen. Im Jump House liege die Zahl der Unfälle im „niedrigen Promillebereich“, heißt es. Dazu zählten aber bereits leichte Verletzungen wie verstauchte Finger, und diese seien die „ganz große Mehrzahl“. Das Risiko sei deutlich niedriger als bei Kontaktsportarten wie zum Beispiel Fuß- oder Handball.

Die Jump-House-Macher sind überzeugt, dass die Deutschen springen werden, und sehen viel Wachstumspotenzial. „Wir freuen uns, dass das Thema Trampolin in Deutschland so viel Aufmerksamkeit bekommt und wir dabei die Vorreiter sind“, sagen Walz und Ahmadi. Das Jump House gibt es heute an fünf Standorten. Weitere sind geplant. Erstmals will das Start-up mit Sitz in Winterhude in ein Einkaufszentrum gehen. Der Startschuss für die Umbauarbeiten im Bremer Space Park soll noch in diesem Jahr fallen. In den letzten Zügen befindet sich zudem der Umbau des zweiten Hauses in der Hansestadt. In Poppenbüttel sollen am 26. Januar zwei zusammen knapp 5000 Quadratmeter große Hallen für Springer die Tore öffnen. Den Lokalrivalen Sprung Raum fürchtet Jump House nicht. Die Konkurrenz sei gut und gebe der Branche als Ganzes Aufschwung, sagen Walz und Ahmadi. Davon profitiere auch das eigene Unternehmen. Man beobachte den Markt und deren Teilnehmer genau und fühle sich mit dem eigenen Konzept bestens aufgestellt. Den Markt in Hamburg halten die Jump-House-Macher nun für gesättigt: „Nach unseren Analysen und Bewertungen ist der Bedarf und das Potenzial der Stadt mit dann drei unterschiedlichen Trampolinhallen gut abgedeckt.“

Auch Konkurrent Sprung Raum nimmt es sportlich. „Wettbewerb finde ich gut, er hebt die Qualität“, sagt Stahl. „Hamburg ist groß genug für drei Trampolinhallen.“ Erstens lägen die beiden Hallen im größten Bezirk Hamburgs mit 14 Kilometer Entfernung zwischen den Stadtteilen Poppenbüttel und Wandsbek weit genug auseinander. Zweitens spreche man mit Snowboardern, Parkour-Artisten und Skatern eine andere Klientel als das Jump House an, das Familien als Ganzes als Zielgruppe angibt.

Das Start-up mit Sitz in Winterhude arbeitet intensiv an seiner Expansion. Bisher betreibt es erst eine Trampolinhalle. Rund 2500 Quadratmeter stehen in Berlin zur Verfügung. Mit 180.000 verkauften Sprungstunden im Jahr sei der Standort operativ bereits profitabel. Ende 2018 soll in Wien im Keller und in der ersten Etage eines Parkhauses ein 3000 Quadratmeter großer Sprung Raum an den Start gehen. Etwa gleichzeitig ist in Köln die Eröffnung eines rund 5000 Quadratmeter großen Parks geplant. Für diesen holten sich die Hamburger Unterstützung ins Haus: das US-Unternehmen Altitude, das sich als die am schnellsten wachsende Trampolinpark-Firma der Welt bezeichnet.

Die Texaner betreiben laut Homepage insgesamt 46 Standorte und bauen derzeit an rund 50 weiteren Projekten. „Altitude will 400 Trampolinhallen betreiben“, sagt Stahl. Der 44-Jährige arbeitete früher als Banker und wird ein Backoffice aufbauen. Es soll die Franchisenehmer betreuen, die dann unter dem Label „Sprung Raum with Altitude“ Trampolinhallen eröffnen. Der Diplom-Betriebswirt schaut sich derzeit etwa 15 potenzielle Standorte an. Der Schwerpunkt liegt dabei in der DACH-Region, also Deutschland, Österreich und der Schweiz. Aber auch in Polens Hauptstadt Warschau nimmt er Immobilien unter die Lupe.

Generell seien Städte ab einer Größe von 150.000 Einwohnern interessant. Konkurrent Jump House konzen­triert sich derzeit auf die größten Städte Deutschlands. „Wir werden auch in kleinere Städte gehen, mit einer Fläche von 2000 bis 2500 Quadratmetern“, sagt Stahl. Ohnehin sieht das Ehepaar den Trend zu ganz großen Flächen gestoppt. In den USA seien die meisten Neueröffnungen bis zu 5000 Quadratmeter groß und damit kleiner als in den Vorjahren.

Eine gute Gastronomie in den Hallen wird immer wichtiger

Wichtiger werde zunehmend eine gute Gastronomie. Sprung Raum hat in Wandsbek wie in der Berliner Halle von der Münchner Burgerkette Burgerme eine Lizenz als Franchisenehmer erworben. Wenn die Küche Ende Januar fertig montiert ist, sollen die Mitarbeiter die Brötchenhälften mit Fleisch, frischem Salat und Gemüse belegen. Rund 200 Sitzplätze stehen in dem Restaurant auf der Empore zur Verfügung.

Von dort aus können die Gäste den Sportlern zuschauen, die unten in der Halle zum Beispiel den Ninja Parkour springend, laufend und hangelnd bewältigen oder beim Sweeper auf Podesten stehend einem sich drehenden Arm durch Hochspringen ausweichen. Zudem soll es eine Weltneuheit geben: Mit einem Projektor werden auf eine interaktive Kletterwand verschiedene Spiele geworfen, die man während des Kletterns spielen kann.

Einen niedrigen einstelligen Millionenbetrag überwiegend aus Eigenkapital investierte Stahl-Essberger, die aus einer Hamburger Reedersfamilie stammt, in den Sprung Raum in Wandsbek. Auf die Idee für ihr Geschäft kam die dreifache Mutter durch den Bewegungsdrang ihrer drei Söhne. Ein Mobilitätsbedürfnis scheinen auch die Hamburger im Einzugsgebiet Wandsbek zu haben. Die frühere Journalistin Stahl-Essberger ist mit den ersten Wochen auf jeden Fall zufrieden: „Es ist sehr gut angelaufen, schneller als in Berlin. Das Feedback der Gäste ist super.“