Berlin. Der dritte Dieselgipfel steht unter Zeitdruck. In einem Monat drohen Fahrverbote. Städten fehlt Geld, um für saubere Luft zu sorgen.

Die Zeit drängt. In etwas mehr als einem Monat, ab dem 1. Januar, könnte Wirklichkeit werden, was Politik und Autoindustrie unbedingt vermeiden wollen: In der ersten deutschen Großstadt – in Stuttgart - könnte es ein Fahrverbot für Dieselautos geben, wenn die Luft dort besonders schlecht ist.

Den Weg zu einem solchen Verbot hatte ein Gericht Ende Juli freigemacht. Seitdem versuchen Bundes- und Landesminister sowie die Autobranche alles Mögliche, um ein solches Verbot doch noch zu verhindern.

Fahrverbote in rund 90 Städten denkbar

Sie wollen den Richtern, die solche Diesel-Fahrverbote auch für rund 90 andere Städte verhängen könnten, zeigen, dass viel für die Luftreinhaltung getan wird – und dass solche Verbote nicht gebraucht werden. Der Dieselgipfel, der an diesem Dienstag im Bundeskanzleramt stattfinden soll, steht unter genau diesen Vorzeichen: dem wachsenden Zeitdruck und den verzweifelten Versuchen, spontan etwas zur Luftreinhaltung zu unternehmen. Das aber ist nicht so einfach.

Das Hauptproblem vieler Städte ist die konstant über den Grenzwerten liegende Belastung mit Stickoxiden. Der Grund dafür sind vor allem Dieselfahrzeuge, nicht nur Pkw, sondern auch Lieferwagen, Lkw und Busse. Beim ersten Dieselgipfel Anfang August hatten Bundesregierung und Autoindustrie deshalb verabredet, gemeinsam einen Geldtopf mit einer Milliarde Euro zu füllen. Der Name des Topfes: „nachhaltige Mobilität für die Stadt“. Doch es ist unklar, wie und wann das Geld in die Städte kommt.

Autoindustrie darf sich nicht aus der Verantwortung stehlen

„Wir wissen bisher nicht, wie wir an das Geld kommen“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags, Helmut Dedy, am Dienstag im Deutschlandfunk. „Und mir fehlt bisher auch noch eine klare Aussage dazu, was denn jetzt gefördert werden kann.“ Städte und Gemeinden klagen über „Förderbürokratie“ und steigenden Zeitdruck. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) müsse den Städten zusagen, dass die Milliarde komme und dass sie schnell ausgegeben werden könne. Und die Autoindustrie dürfe sich nicht aus der Verantwortung stehlen, so Dedy. Sie habe das Problem durch die schmutzigen Dieselmotoren ja mitverursacht.

Sauberere Dieselmotoren für Autos, aber auch für Busse, mehr öffentlichen Nahverkehr, mehr Ladestationen für E-Autos und mehr Radwege – die Liste der Maßnahmen, wie die Kommunen zu besserer Luft beitragen wollen, ist lang. Doch fast keine der darin enthaltenen Maßnahmen wirkt sofort. Die Aktualisierung der Software, mit der Dieselmotoren in Pkw sauberer werden sollen, ist beispielsweise längst nicht abgeschlossen.

Nur 91 Elektrobusse fahren auf deutschen Straßen

Und nach den aktuellsten Zahlen des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) fahren in ganz Deutschland gerade einmal 91 Busse mit Elektroantrieb. Weitere 90 Busse sind bestellt. Um die Schadstoffe in den Innenstädten zu senken, brauche man insgesamt mehr öffentlichen Verkehr in Ballungsräumen, fordert Verbandspräsident Jürgen Fenske. Das koste Geld, das aus einem Sonderprogramm der Bundesregierung kommen solle. Schon Anfang September hatte Merkel mit Ministerpräsidenten und Bürgermeistern die Lage auf einem Dieselgipfel beraten – ohne konkrete Ergebnisse.