Ludwigshafen/Hamburg. Chemiekonzern verhandelt über Fusion seiner Öl- und Gastochter Wintershall mit der Hamburger Firma
Auf dem Öl- und Gasmarkt deutet sich eine Großfusion an. Der Chemiekonzern BASF, Nummer eins in der Welt, prüft, seine Tochter Wintershall mit dem Hamburger Konkurrenten Dea zusammenzulegen. Entstehen würde ein Öl- und Gasförderer mit einem Wert von wohl deutlich über zehn Milliarden Euro. Die Börse feierte die Pläne schon einmal mit satten Zuwächsen. Anleger trieben die BASF-Aktie kräftig nach oben. Dabei ist unklar, ob es wirklich so kommt.
BASF bestätigte die Fusionsgespräche, über die zunächst der Nachrichtendienst Bloomberg unter Berufung auf Insider berichtet hatte. Dea gehört seit 2015 einer Luxemburger Holding, hinter der Investoren um den russischen Oligarchen Mikhail Fridman stehen. Er hatte das Unternehmen damals vom Energiekonzern RWE gekauft, der sich aus dem Geschäftsfeld verabschiedete. Auch BASF hatte sich für Dea interessiert. Friedman zahlte damals 5,1 Milliarden Euro. Wie viel das Unternehmen jetzt Wert ist, ist unklar.
Dafür nannte BASF weitere Einzelheiten zu den Plänen: Demnach würde BASF die Mehrheit am fusionierten Unternehmen halten und kann sich mittelfristig einen Börsengang vorstellen. Das bedeutet in der Regel in zwei bis vier Jahren. Bisher hatte der Konzern immer an Wintershall festgehalten.
Unklar sind viele Einzelheiten, so auch die Folgen für die Dea-Zentrale in Hamburg, Wintershall steuert sein Geschäft von Kassel aus.
Die Branche leidet unter Preisverfall
Der Oligarch Fridman ist einer der wichtigsten Wirtschaftslenker Russlands. Er ist Mitgründer und Aufsichtsratschef der Alfa Group, eines großen russischen Konglomerats aus Industrie- und Finanzunternehmen. Fridman lebt allerdings in London. Mit russischen Geschäftsleuten kennen sich BASF und Wintershall aus: Die Kasseler Tochter ist an der Ostsee-Gaspipeline Nord Stream beteiligt, die russisches Gas direkt nach Deutschland transportiert, und gehört auch dem Konsortium für die geplante Parallelpipeline Nord
Stream II an – Hauptpartner ist jeweils der staatliche russische Gasförderer Gazprom. Zudem fördern Gazprom und Wintershall gemeinsam Gas in Sibirien.
Die Öl- und Gasbranche leidet derzeit unter dem Preisverfall bei fossilen Energieträgern. Vor allem, weil viele Länder auf erneuerbare Energien setzen. Wintershall versucht mit modernen Fördermethoden für neue Ölfelder vor der norwegischen Küste Kosten zu sparen. Dabei werden etwa bestehende Fördertürme und Verladeeinrichtungen weitergenutzt. Auch die geplante Fusion dürfte Einsparpotenzial bergen.
Bereits heute ist Wintershall der größte deutsche Öl- und Gasförderer. Das Unternehmen fördert unter anderem vor der norwegischen Küste Öl. Im Geschäft ist Wintershall auch in Südamerika, Nordafrika, dem Nahen Osten und Russland. Im vergangenen Jahr setzte das Unternehmen knapp 2,8 Milliarden Euro um. Operativ verdiente Wintershall 517 Millionen Euro. Für Wintershall arbeiten rund 2000 Mitarbeiter.
Dea erschließt und fördert vor allem in Norwegen, Dänemark, Ägypten und Algerien. Die Hamburger betreiben auch die einzige deutsche Ölplattform: „Mittelplate“ im Wattenmeer vor der Elbmündung. Die Hamburger setzten 2016 rund 1,48 Milliarden Euro um und wiesen einen operativen Verlust von 44 Millionen Euro aus. Für Dea arbeiten rund 1300 Beschäftigte, 600 davon am Sitz in Hamburg.
Auch wenn die Anleger am Freitag die Pläne feierten und BASF-Aktien kauften – der Konzern dämpfte die Euphorie: „Der Ausgang der Gespräche ist offen und es besteht keinerlei Gewissheit, dass eine Transaktion vollzogen wird.“
BASF, der größte Chemiekonzern der Welt, ist derzeit auf Einkaufstour. Vorstandschef Kurt Bock hatte bereits angekündigt, das Unternehmen im Saatgutgeschäft sowie bei Öl und Gas verstärken zu wollen. So profitiert BASF von den Plänen des Agrarchemie- und Pharmakonzerns Bayer, den US-Saatgutriesen Monsanto zu übernehmen. Um die Kartellbehörden milde zu stimmen, will Bayer Teile des Geschäfts mit Soja-, Baumwoll- und Raps-Saatgut sowie mit Breitband-Unkrautvernichtern verkaufen. BASF zahlt dafür rund 5,9 Milliarden Euro. 1,6 Milliarden Euro gab Konzernchef Bock dieses Jahr für das Polyamidgeschäft des Konkurrenten Solvay aus. Und 2016 verstärkte BASF bereits sein Lackgeschäft mit Chemtall aus Frankfurt – für umgerechnet 2,8 Milliarden Euro.