Berlin. Der deutsche Leitindex erreicht neue Höchststände. Finanzexperten raten Privatanlegern zum Kauf von Indexfonds.

Die Suche nach einer lukrativen Anlagestrategie hat schon viele Bonmots hervorgebracht. Eines davon lautet: „Don’t ever sell!“ – also: Niemals verkaufen! Gemeint sind Aktien, und der Blick auf das aktuelle Börsenbarometer zeigt, dass zumindest an dieser Börsenregel etwas Wahres dran ist. Der Deutsche Aktienindex (DAX) hat in den vergangenen Tagen einen neuen historischen Höchststand von über 13.000 Punkten erreicht. Das Ausharren hat sich also gelohnt. Wer sich von Finanzkrisen und zeitweisen Tiefs nicht abschrecken ließ und seine Aktien über die Jahre behielt, der kann nun eine satte Rendite einstreichen. Im Schnitt hat sich der Wert der Aktien großer deutscher Unternehmen seit der Wiedervereinigung mehr als verneunfacht. Aus 1000 Euro wurden 9100 Euro.

Der DAX enthält die 30 wichtigsten deutschen Aktiengesellschaften, gemessen an ihrem Börsenwert. Das größte Unternehmen ist der Softwarekonzern SAP, der es auf eine Marktkapitalisierung (Wert aller Anteilsscheine) von rund 117 Milliarden Euro bringt, gefolgt von Siemens und Bayer. Zusammen sind die 30 Konzerne derzeit mehr als 1200 Milliarden Euro wert. Finanzexperten sind sich nahezu einig – auf längere Sicht ist es lukrativ, auf den deutschen Leitindex zu setzen. Sie gehen davon aus, dass der DAX in Zukunft noch weit höhere Marken knacken wird – trotz zeitweiser Kursrückschläge.

Aktienanleger zählen zu Gewinnern

Angetrieben wird die aktuelle Börsenrally von den anhaltend niedrigen Zinsen. „Anleger bekommen für sichere Geldanlagen kaum noch Zinsen“, beschreibt Ralf Scherfling von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen die Anlagesituation. Auf der Suche nach Alternativen weichen viele Anleger mit einem Teil ihres Vermögens auf andere Produktklassen aus, zum Beispiel in Aktien, Aktienfonds oder Immobilien.

Obwohl diese Hochphase nun schon lange anhält und die Preise einzelner Aktien schon extrem hoch sind – so kostet etwa ein Anteilsschein des im DAX notierten Sportartikelherstellers Adidas 189 Euro (Höchststand Montag) –, raten Finanzexperten dennoch weiterhin zum Kauf. „Für langfristige Investoren ist der richtige Einstiegszeitpunkt in den Aktienmarkt immer jetzt“, sagt etwa Kai Hattwich, Senior Portfoliomanager der Quirin Privatbank. Das gelte unabhängig von zeitweisen Höchst- und Tiefstständen. Ähnlich sieht es der Gründer des Portals Finanztip, Hermann-Josef Tenhagen. Wer sein Geld 15 Jahre lang in Aktien liegen lassen kann, gehöre auch bei zwischenzeitlichen Kurseinbrüchen zu den Gewinnern.

Der Aktienkauf ist kein Glücksspiel, sondern eine Investition in die Zukunft eines Unternehmens – verbunden mit der Annahme, dass dieses wachsen und Gewinne abwerfen wird.

Bündel von Aktien

So gesehen zeigt sich: Die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Investition in Aktien auszahlt, erhöht sich mit der Anzahl der Firmen, in die ein Anleger investiert. Tenhagen rät deshalb dazu, in ein ganzes Bündel von Aktien zu investieren, anstatt auf die Anteile eines einzelnen Unternehmens zu setzen. Dies ermöglichen etwa Indexfonds, sogenannte Exchange Traded Funds (ETF). Das sind Fonds, die alle Aktien eines Index kaufen – und so dessen Entwicklung abbilden. ETF-Sparpläne gibt es bei vielen Banken schon ab 25 bis 50 Euro im Monat. Finanztip rät etwa zum Kauf von ETFs, die den MSCI-World-Index nachahmen. Der Index bildet die Wertentwicklung von mehr als 1600 Unternehmen aus 23 Ländern ab, darunter große US-Konzerne wie Apple oder Microsoft. Von 2009 bis 2017 hat der Index rund 120 Prozent hinzugewonnen. Ebenfalls beliebt unter Finanzberatern ist der wichtige amerikanische Börsenindex S&P500. Der hat seit 2009 über 180 Prozent hinzugewonnen – entsprechend war die Wertsteigerung der ETFs, die den Index abbilden.

Vorsichtiger sollten Anleger in wenig differenzierten Indexfonds investieren. Dazu gehören auch solche, die den DAX abbilden – schließlich umfasst der DAX überhaupt nur 30 Konzerne, etwa die Hälfte seines Wertes beruht auf acht Firmen. Hinzu kommt sein Fokus auf die Automobil- und Pharmabranche. Auch wer auf Aktien setzt, sollte an eine Grundregel denken, sagt Scherfling von der Verbraucherzentrale. Das Vermögen sollte über verschiedene Anlageklassen gestreut werden. Schließlich kann niemand voraussagen, wann der nächste Crash bevorsteht.

Derzeit jedoch gibt es kaum Hinweise auf ein baldiges Ende der Rekordjagd. Die Weltkonjunktur läuft passabel, die europäischen Krisenländer verzeichnen wieder Wachstum, Konflikte wie der zwischen den USA und Nordkorea oder die unberechenbare Politik des US-Präsidenten Donald Trump werden von den Marktteilnehmern ausgeblendet. Der Chefberater der Allianz, Mohamed El-Eiran, beobachtet eine übertriebene Risikobereitschaft der Anleger, die im Notfall fest mit Hilfe der Notenbanken rechnen würden. Es brauche einen schweren Schock, so der Finanzmarktexperte, um diese Zuversicht zu erschüttern.

Ein solcher Einschnitt könnte eine baldige durch die Zentralbank eingeleitete Zinswende sein. Die Erfahrung der vergangenen Jahrzehnte jedenfalls lehrt, dass es nicht endlos weiter aufwärtsgehen kann.

Wichtige Börsengänge:

Nach dem sehr erfolgreichen Börsengang des Knopfzellenherstellers Varta vergangenen Donnerstag wagt sich jetzt der Kochboxen-Versender Hellofresh an die Börse. Von diesem Dienstag an bis zum 1. November können die Papiere gezeichnet werden. Die Erstnotiz ist für den 2. November vorgesehen. Die Aktien kosten zwischen 9,00 bis 11,50 Euro. Hellofresh rechnet mit Einnahmen von bis zu 357 Millionen Euro, was einen Börsenwert von bis zu 1,5 Milliarden Euro ergäbe. Das Unternehmen, das mehrheitlich dem Berliner Firmenentwickler Rocket Internet gehört, liefert Kochboxen nach Hause, in denen die Kunden alle Zutaten finden, um selbst ein Menü zu kochen.

Im ersten Halbjahr des kommenden Jahres werden voraussichtlich drei deutlich größere Unternehmen an die Börse gehen:

Deutsche Asset Management: Die Deutsche Bank will rund ein Viertel ihrer Vermögensverwaltung verkaufen. Sie hat derzeit einen Wert von rund acht Milliarden Euro.

Healthineers: Siemens plant den Börsengang der Medizintechniksparte. Sie soll geschätzt drei bis fünf Milliarden Euro bringen und hätte damit einen Wert von bis zu 40 Milliarden Euro.

Knorr-Bremse: Aufs Parkett strebt auch Knorr-Bremse, bisher in Familienhand. Der Wert des Unternehmens wird auf acht Milliarden Euro geschätzt.art