Hamburg. Experten erwarten weiteren Anstieg bis auf rund 14.000 DAX-Punkte im kommenden Jahr. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Gerade einmal knapp 25 Punkte fehlten am Mittwochmorgen noch, dann wäre der nächste Tausenderschritt getan worden. Doch zu einem neuen Allzeithoch reichte es dennoch: Kurz nach Handelsbeginn markierte der Deutsche Aktienindex (DAX) bei 12.976,24 Punkten den höchsten Stand seit seiner Einführung im Jahr 1988. Auch der MDAX, in dem die mittelgroßen Börsenwerte vertreten sind, kletterte auf einen historischen Höchststand.

Seit Jahresbeginn hat der DAX nunmehr ein Plus von rund 13 Prozent verbucht – und Experten gehen davon aus, dass die Marke von 13.000 Zählern – nach einem ersten gescheiterten Anlauf im Juni – diesmal wirklich bald fällig ist.

Hier die wichtigsten Fragen und Antworten zur aktuellen Entwicklung am Aktienmarkt aus Hamburger Sicht:

Was steht hinter dem Aufschwung der Kurse in den vergangenen Wochen?

Für Christian Jasperneite, Chefanlagestratege beim Hamburger Bankhaus M.M. Warburg & CO, liegt die Antwort auf der Hand: „Das ist die Macht der guten Daten.“ Konjunkturzahlen und Frühindikatoren fast aller wirtschaftlich bedeutenden Länder auf der Welt befänden sich im Aufschwung. Noch vor sechs Monaten seien die Gewinne der deutschen Unternehmen nicht so positiv eingeschätzt worden wie heute.

Ganz ähnlich sieht es Bernd Schimmer, Chef-Investmentstratege der ­Haspa: „Die Konjunktur brummt weltweit, voraussichtlich werden die Gewinne auch im kommenden Jahr steigen.“ International gesehen hat sich der DAX nicht einmal am besten entwickelt: Auf Zwölfmonatssicht sind zum Beispiel der US-amerikanische Dow-Jones-Index und der japanische Nikkei 225 noch kräftiger gestiegen als das wichtigste deutsche Börsenbarometer.

Wie geht es am deutschen Aktienmarkt in den nächsten Monaten weiter?

Jasperneite hält es für „durchaus plausibel“, dass der DAX bis zum Jahresende, entsprechend der jüngsten Prognose des Bankhauses M.M. Warburg, noch bis auf 13.400 Punkte steigt. Im nächsten Jahr könne es sogar weiter nach oben gehen: „Nimmt man die aktuellen Gewinnschätzungen und ein Kurs-Gewinn-Verhältnis in der Nähe des langfristigen Durchschnitts als Basis, ließe sich daraus ein Indexstand zwischen 13.600 und 14.600 Punkten ableiten – dazu muss man nicht einmal superoptimistisch sein.“

Zwar haben in den zurückliegenden Wochen verschiedene geopolitische Unsicherheitsfaktoren, nicht zuletzt der Atomkonflikt um Nordkorea, die Schlagzeilen beherrscht. „Solche Faktoren lassen sich aber nicht wirklich gut in eine Aktienmarktprognose einarbeiten“, sagt Schimmer. „Außerdem hat es sich im Rückblick auch nicht bewährt, derartige politische Risiken in einer Anlagestrategie zu berücksichtigen.“

Etwas anderes gilt nach Auffassung von Schimmer für Ereignisse, die einen direkten Einfluss auf die Wirtschaft der Euro-Zone haben könnten – etwa Wahlen in wichtigen EU-Mitgliedsländern. Spätestens Ende Mai 2018 steht die nächste Parlamentswahl in Italien an. „Da gibt es eine Unsicherheit, weil in Italien vergleichsweise große Unzufriedenheit im Hinblick auf Europa-Themen herrscht“, erklärt Schimmer. Es sei aber noch zu früh für eine Einschätzung, wie groß das Risiko für den Aktienmarkt aus dieser Wahl tatsächlich ist. Generell sieht das Haspa-Investmentteam noch weiteres Steigerungspotenzial für den Leitindex.

Etwas anders sieht man das bei der HSH Nordbank. Deren Analysten gehen davon aus, dass der DAX „basierend auf Fundamentaldaten jüngst die Überbewertungsgrenze überschritten hat“. Zögen die DAX-Unternehmen mit steigenden Gewinnen im dritten Quartal nach, könnte der Index aber in die neutrale Zone zurückkehren, heißt es.

Welche Alternativen zu den Aktien gibt es für längerfristige Anlagen?

Dazu hat Haspa-Investmentstratege Schimmer angesichts des Zinsumfelds eine klare Meinung: „Es gibt keine.“ Zwar sei Immobilieneigentum eine sinnvolle Sache, aber für Sparer mit durchschnittlichem Vermögen sei es schwer, damit eine unter Anlagegesichtspunkten sinnvolle Streuung zu realisieren. „Mit erstklassigen festverzinslichen Wertpapieren hingegen lässt sich nur bei sehr langen Laufzeiten von mehreren Jahrzehnten eine Rendite von etwas mehr als einem Prozent erzielen“, sagt Schimmer, „aber 30-jährige Papiere würde ich jetzt nicht empfehlen.“

Der Kauf von Gold sei allenfalls als Beimischung ratsam: „Es macht keinen Sinn, 30 Prozent des Vermögens in Gold zu halten, weil Edelmetalle keine laufende Verzinsung bieten.“

Im Hinblick auf mögliche Alternativen zum Aktienmarkt ist sich Jasperneite mit Schimmer einig: „Wenn man ehrlich ist, gibt es gar keine Alternative.“ Das gelte bei längerfristigem Anlagehorizont von mehr als drei Jahren gerade für Investoren, die auf Sicherheit setzen: „Wer am Anleihemarkt eine Rendite von drei oder vier Prozent haben will, muss schon extreme Risiken in Kauf nehmen – da ist man mit Aktien deutlich besser bedient.“

Welche Hamburger Titel waren in diesem Jahr besonders auffällig?

Zwei Börsenwerte aus der Metropolregion ragen ganz klar heraus, weil sich in beiden Fällen die Kurse ungefähr verdreifacht haben: Aktien des Biotechnologie-Unternehmens Evotec profitieren von der Tendenz, dass große Pharmakonzerne ihre Forschung immer häufiger auf Spezialisten wie die Hamburger auslagern. Und die Titel des Ahrensburger Industriekameraherstellers Basler wurden zuletzt von Rekorden bei Auftragseingang und Umsatz beflügelt.

Weit besser als der Gesamtmarkt schnitten im bisherigen Jahresverlauf mit Kurssteigerung um 50 Prozent aber auch die beiden maritimen Titel HHLA und Hapag-Lloyd ab. Sowohl bei dem Hafenumschlagunternehmen als auch bei der Reederei führte die Erholung im Seetransportsektor zu guten Zahlen.

Gegen die Tendenz mussten Anteilsscheine des Windkraftanlagenbauers Nordex deutliche Kursverluste seit Jahresbeginn hinnehmen. Das Unternehmen leidet unter Nachfrageschwäche und dem Umbruch der Märkte in Deutschland und Europa; derzeit versucht man, mit einem Kostensenkungsprogramm gegenzusteuern.