Frankfurt.
Sie fängt bei null an, aber vertraut auf ihren guten Namen, ihre Einkaufsmacht und ihr Know-how im Strommarkt. Seit Mittwoch bietet die Deutsche Bahn über ihre Tochter DB Energie auch Strom für private Haushalte an. Bis Ende des Jahres soll die Kundenzahl fünfstellig sein, nach fünf Jahren sechsstellig. Und die Anlaufverluste will Hans-Jürgen Witschke, der Geschäftsführer von DB Energie, in drei Jahren bewältigt haben.
Er vertraut dabei auf die Größe der Bahn. Die sei der größte Stromverbraucher in Deutschland. Und DB Energie sei der fünftgrößte Stromversorger des Landes: „Aufgrund unseres großen Beschaffungsvolumens können wir unseren Grünstrom im Schnitt zehn bis zwölf Prozent preiswerter anbieten als die Grundversorger ihren Graustrom“, sagte Witschke. Das ist nicht nur eine preisliche Kampfansage, sondern auch eine qualitative: Denn Graustrom ist ein Fachbegriff für Strom aus unterschiedlichen Energiequellen, auch aus Atomkraftwerken, während die Bahn nur Grünstrom liefern will, also aus regenerativen Quellen, der in der Regel teurer als Graustrom ist.
Kartellrechtliche Schwierigkeiten wird es nicht geben, wenn die Bahn als Staatsunternehmen nun auch private Haushalte mit Strom beliefern wird. Es gibt mit dem Logistiker Schenker zum Beispiel ein Bahnunternehmen, das mit Spediteuren konkurriert. Zudem gibt es auf dem Strommarkt etwa 1200 Anbieter, darunter auch sachfremde, aber kapitalkräftige wie Lidl und Tchibo. Die großen Anbieter heißen Eon, Innogy, EnBW und Vattenfall.
Konkurrenz auf dem Strommarkt ist im Prinzip nur möglich über etwa ein Fünftel des Endkundenpreises: Nur dieser Anteil steht für die Kosten der Strombeschaffung, die anderen Preisbestandteile – Steuern, Abgaben, Netzentgelte, Wegekosten für die Verlegung von Stromleitungen – sind für alle Anbieter gleich. Deshalb gibt es viele Stromangebote, die im ersten Jahr sehr preiswert erscheinen, die aber für die Anbieter sehr wenig Gewinn bringen, weil sie ja nur den relativ kleinen Preisbestandteil der Beschaffungskosten gestalten können. Darum erhöhen viele im Jahr zwei und drei des Liefervertrages die Preise, um auf ihre Kosten zu kommen. Verbraucherschützer warnen vor Lockangeboten.
Das Unternehmen setzt auf Einkaufsmacht im Markt
Hier wittert die Bahn ihre Chance. „Wir haben das Know-how, um im hart umkämpften Strommarkt zu bestehen“, sagte Witschke. DB Energie werde den Strom für die privaten Haushalte an der Leipziger Strombörse kaufen. Wegen ihrer großen Nachfrage rechnet sie sich Kostenvorteile aus. Auch kenne sie das Stromgeschäft. Die Bahn glaubt also, auch stark schwankende Strompreise mit Termingeschäften so absichern zu können, dass sie den Strom im Schnitt billiger als andere einkaufen kann.
DB Energie bietet den Strom nur online an über www.dbstrom.de. Es gibt nur zwei Angebote, einen Vertrag über zwölf Monate und einen über 24 Monate Laufzeit. Gekündigt werden kann bis zu vier Wochen vor Ende der Vertragslaufzeit, sonst verlängert sich der Vertrag um maximal ein Jahr. Neukunden werden mit einem Bonus gelockt, etwa in Form einer BahnCard 25. Man wolle eine „bahnaffine Zielgruppe“ ansprechen, sagte Witschke. „Damit stärken wir das Kerngeschäft der Bahn.“
Hält das Angebot, was es verspricht? Für Hamburg verlangt die Bahn bei einem Musterverbrauch von 3500 kWh für ihren Ökostrom 1050,94 Euro für ein Jahr – ohne Rabatte. Der Basistarif Vattenfalls für Graustrom beträgt 1123 Euro jährlich. Ökostrom ist für 1050 Euro zu haben, darauf gibt es unter bestimmten Bedingungen 140 Euro Rabatt. Das Vergleichsportal Verivox hat zudem den Bahn-Tarif exemplarisch für Berlin verglichen und deutlich günstigere Angebote bei vergleichbaren Konditionen gefunden. Der Bahnstrom käme nur auf Platz 45.
DB Energie wurde 1997 gegründet, um Energie für den Eisenbahnverkehr in Deutschland zu liefern. Neben Diesel für Tausende Lokomotiven zu beschaffen, betreibt sie ein knapp 8000 Kilometer langes eigenes Bahnstromnetz und stattet rund 5700 Bahnhöfe mit elektrischer Energie aus.