Hamburg. Neue Milliardenkosten für A400M. Zivile Jetsparte legt zu. Vierte Endmontagelinie in Hamburg könnte früher als geplant starten
Ein altes Problem holte Airbus auch in der neuen Welt ein. Erstmals veranstaltete der Flugzeugbauer seine Bilanz-Pressekonferenz ausschließlich digital. Die Führungsspitze saß in Amsterdam in einem Fernsehstudio an einem weißen Tisch mit Firmenlogo, weißen Tassen und blauem Hintergrund. Journalisten waren nicht vor Ort, sondern schauten vor dem Computer zu und konnten ihr Anliegen per Mail oder Anruf loswerden. Und wie bereits früher in der alten Welt räumte der Vorstandsvorsitzende Tom Enders auch in der neuen digitalen Welt auf die Frage eines Reporters ein: „Der A400M macht mehr Probleme als gedacht.“
Die Schwierigkeiten beim Militärtransporter sind seit Jahren bekannt, das neuerliche Ausmaß allerdings überrascht. Im vierten Quartal wurde das Konzernergebnis durch eine „Neubewertung der industriellen Programmkosten“ inklusive Risikozuschlag mit 1,2 Milliarden Euro belastet und rutschte mit 816 Millionen Euro tief ins Minus. Im Gesamtjahr lagen die Belastungen sogar bei 2,2 Milliarden Euro. Unterm Strich verdiente der Konzern 2016 noch 995 Millionen Euro – satte 63 Prozent weniger als im Vorjahr. Negative Wechselkurse trugen dazu auch noch ihren Teil bei. Ohne Erlöse aus Anteilsverkäufen wäre das Ergebnis sogar in den roten Bereich gerutscht.
Man habe mit dem A400M ein sehr komplexes Flugzeug entwickelt, das für viele Missionen geeignet sei, sagte Enders. Im Einsatz sind seit dem Start der Serienproduktion 2010 allerdings erst 38 Maschinen. 2016 wurden 17 ausgeliefert, und die Zielmarke von 20 Stück konnte so nicht erreicht werden. Man habe bei Vertragsabschluss die volle Verantwortung für die Motoren übernommen, das sei im Militärbereich einmalig, sagte Enders.
Und genau dieser Propeller-Antrieb des Partners (ein Joint Venture verschiedener Hersteller) erweist sich nun als störungsanfällig. Man will mit den sechs abnehmenden Staaten – dazu zählt auch Deutschland mit der Bundeswehr, die ihre alte Transall gegen den A400M austauscht – die Verträge nun nachverhandeln. Sieben bis acht Punkte seien zu diskutieren, so Enders. Am besten wegfallen sollen vor allem die Strafzahlungen wegen verspäteter Auslieferungen oder der chronischen Propeller-Probleme. Mindestens 20 Mili-tärtransporter will das Unternehmen in diesem Jahr ausliefern – wenn alles gut geht.
Überwiegend gut lief es derweil in der zivilen Luftfahrtsparte. 688 Flugzeuge lieferte Airbus aus, das war bereits die 14. Bestmarke in Folge. „Wir wollen unseren Auslieferungsrekord von 2016 brechen und mehr als 700 Flugzeuge an die Kunden übergeben“, gab Enders seinem Team für dieses Jahr mit auf den Weg. Die hohen Verkaufszahlen kurbelten den Umsatz an, der konzernweit um drei Prozent auf 66,6 Milliarden Euro stieg.
Den Löwenanteil bei den übergebenen Jets machte mit 79 Prozent wie immer die A320-Familie aus. Die Produktionsrate der Mittelstreckenjets wird bis Mitte 2019 von derzeit gut 45 pro Monat auf 60 Stück hochgefahren. Rund die Hälfte kommt aus Hamburg. Das Werk auf Finkenwerder erhält dafür eine vierte Endmontagelinie. Die Arbeitsstationen dafür würden derzeit eingerichtet, teilte Airbus auf Abendblatt-Anfrage mit. Die erste Station geht im Sommer an den Start, die restlichen Stationen folgen im Herbst, sagte ein Sprecher. Damit könnte die vierte Endmontagelinie einige Monate früher fertig sein als erwartet. Deutschland-Chef Klaus Richter hatte vor einem Jahr den Betriebsstart für spätestens 2018 angekündigt. Die Linie soll hochautomatisiert und die modernste im Konzern sein. Ob ein Jobaufbau stattfindet, ist offen.
Einen kräftigen Schub sollen die Auslieferungszahlen beim neo-Programm erfahren. 68 Maschinen mit den rund 15 Prozent spritsparenden Triebwerken und nach oben gebogenen Flügelspitzen (Sharklets) wurden 2016 übergeben. Es hätten mehr sein sollen, aber der US-Triebwerkshersteller Pratt & Whitney kämpfte mit Schwierigkeiten bei der Kühlung der Aggregate. „Pratt & Whitney habe weite Teile seiner Reise 2016 gemacht“, sagte Fabrice Brégier, Chef der Flugzeugsparte. Der US-Konzern und der andere Triebwerkshersteller CFM International hätten zugesagt, den Plan einzuhalten – die Zahl der ausgelieferten A320neo-Jets soll sich nun nahezu verdreifachen.
Das Langstreckenflugzeug A330 soll im ersten Quartal 2018 erstmals mit den neo-Triebwerken an den Erstkunden TAP aus Portugal übergeben werden. Beim neuen Großraumjet A350 zeigte sich der Franzose mit dem Hochlauf der Produktion „sehr zufrieden“. Trotz des Ärgers mit den Kabinenzulieferern, die Sitze und Toiletten verspätet und in schlechter Qualität geliefert hätten, habe man mit 49 Auslieferungen die Zielmarke 50 fast erreicht. Weiterhin schwierig bleibt die Lage beim größten Passagierflugzeug der Welt. Die Fertigung des A380 wird bekanntermaßen auf einen pro Monat gesenkt, Neuaufträge sind Mangelware. Insgesamt sitzt die Sparte aber auf einem dicken Orderbuch im Wert von mehr als einer Billion Euro. Aufträge über 6874 Maschinen müssen abgearbeitet werden. Der Großteil davon für das A320-Programm. „Unser Verkaufschef John Leahy sagt, die Rate von 60 Jets pro Monat im Jahr 2019 reicht nicht aus“, sagte Brégier mit einem Augenzwinkern.
Eher ein Augenverdrehen lösten die Zahlen an der Börse aus. Die Aktie verlor zunächst rund 2,5 Prozent, fing sich anschließend aber und notierte am Nachmittag mit 66,60 Euro leicht im Minus. Positiv dürfte die Aktionäre die um fünf Cent auf 1,35 Euro erhöhte Dividende gestimmt haben. In einer aktuellen Einschätzung hielt die Commerzbank an ihrer Einschätzung „Kaufen“ fest. Allerdings hieß es auch, dass die massiven Einmalkosten und andauernden Probleme beim A400M am Markt schwer wiegen dürften.
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