FRANKFURT/Main. Trotz Inflation und steigender US-Zinsen hält EZB an Kurs fest

Die Europäische Zentralbank (EZB) hält an ihrer lockeren Geldpolitik fest und lässt den Leitzins bei null Prozent. Banken, die über Nacht Geld bei der Zentralbank parken, müssen außerdem weiterhin einen Strafzins von 0,4 Prozent bezahlen. Das entschieden die Zentralbanker unter Führung von Mario Draghi am Donnerstag in Frankfurt.

Auch am milliardenschweren Anleihenkaufprogramm will die EZB festhalten. Erst im Dezember hatte sie das Programm bis mindestens Ende dieses Jahres verlängert. Das Volumen steigt damit insgesamt auf 2,28 Billionen Euro. Die niedrigen Zinsen sollen im Idealfall die Konjunktur und die Teuerung ankurbeln, da es etwa für Banken attraktiv ist, Kredite zu vergeben.

Draghi verteidigte am Donnerstag seine Geldpolitik. Die Inflation im Euroraum habe zwar angezogen. Im Dezember war sie ungewöhnlich kräftig auf 1,1 Prozent gestiegen – so stark wie seit drei Jahren nicht mehr, nachdem sie im November noch bei 0,6 Prozent gelegen hatte. Dennoch sieht Draghi keine Anzeichen für einen „überzeugenden“ Trend hin zu einer stark steigenden Inflation. Die EZB strebt mittelfristig eine Inflationsrate von knapp unter 2,0 Prozent an. „Verbale Gymnastikübungen“ seien das, sagt Christoph Kutt, Anleiheexperte der DZ-Bank. Draghi werde wohl weiter auf Zeit spielen und hinsichtlich der EZB-Strategie in ein Mantra verfallen – also immer wieder auf die niedrige Inflationsdynamik und Abwärtsrisiken hinweisen.

Die Entwicklungen in den USA könnten Draghi allerdings bald unter Zugzwang bringen. Erst am Mittwochabend hatte die Präsidentin der US-Notenbank Fed, Janet Yellen, einen aggressiveren Kurs angekündigt. Bis 2019 werde es mehrere Zinserhöhungen geben – nach der vergangenen Erhöhung im Dezember. Es scheint also, als würden sich die Geldpolitik der EZB und der Fed in den kommenden Monaten auseinanderentwickeln. Die leicht anziehende Inflation aber bedeutet, dass Sparer in Europa real Geld verlieren, wenn die Inflationsrate die Zinsen „auffrisst“. Kreditnehmer hingegen können sich freuen. Die Konditionen für Immobilienkredite dürften bei rund 1,4 Prozent für Darlehen mit zehnjähriger Zinsbindung verharren, sagt der Vorstand der Immobilienfinanzierung Interhyp, Michiel Goris.