Hamburg. In der Luftfahrt blickt Hamburg auf ein turbulentes Jahr zurück. Das Forschungszentrum ZAL eröffnet, der Flughafen feiert Passagierrekorde

Im Jahresrückblick 2016 ist für diese Premiere gar kein Platz mehr vorgesehen gewesen. Airbus wollte den ersten A320neo unbedingt noch 2015 ausliefern. Aber das Triebwerk von Pratt & Whitney machte einen Strich durch die Rechnung: Kühlungsprobleme. Erstkunde Qatar Airways sprang ab, die Lufthansa ein. Doch einen Tag vor Silvester platzte der Plan endgültig. Die Dokumentation mit dem Luftfahrtbundesamt sei aufwendiger gewesen als gedacht, hieß es. Erst am 20. Januar war es so weit. Die Übergabe des A320neo sei „ein großer Tag für uns alle bei Airbus“, so Fabrice Brégier, Chef der Jetsparte.

Und es ist ein wichtiger für das Hamburger Werk. Schließlich kommt jeder zweite Jet des erfolgreichen A320-Familie von Finkenwerder, und besonders die mit sparsamen Triebwerken modernisierte neo-Version entwickelt sich zum Verkaufsschlager. Mitte 2019 sollen konzernweit 60 statt derzeit etwa 45 Flieger pro Monat fertig werden, die Vorbereitungen für den Aufbau der vierten Endmontagelinie laufen. Ein Jobaufbau ist dabei nicht geplant. 2016 ist die Zahl der Beschäftigten mit 12.500 stabil geblieben. Erstmals seit Jahren verlor der Flugzeugbauer aber seinen Titel als größter Arbeitgeber der Stadt – an den Klinikbetreiber Asklepios.

Airbus liefert den 10.000. Jet der Firmengeschichte aus

Dennoch hatte Airbus Grund zum Feiern. Im April wurde der erste im neuen Werk in Mobile/USA gefertigte A320 an JetBlue ausgeliefert. „Made in USA“ gilt jetzt auch für Airbus-Produkte, ein wichtiges Verkaufskriterium. Gute Geschäfte verspricht auch der neue Großraumjet A350. 810 Bestellungen liegen für das modernste Flugzeug des Konzerns vor. Mitte Oktober erhielt die Fluglinie Singapore Airlines in Toulouse ihren sechsten A350 – es war das 10.000. Exemplar, das Airbus in seiner Firmengeschichte an Endkunden übergab. Weil von den in Stade gebackenen Flügeloberschalen aber nur eine in den Frachtflieger Beluga passt, wird an einem neuen Transporter gearbeitet. 2018 soll die XL-Version zum Jungfernflug abheben. Die ersten (breiteren) Rumpfabschnitte wurden im Herbst in Hamburg gefertigt, im ersten Quartal des nächsten Jahres startet die Endmontage in Toulouse.

Der Konzern hat dann den dritten Namen in drei Jahren angenommen. Nachdem zunächst aus EADS die Airbus Group wurde, verschwindet Neujahr der zweite Teil des Firmennamens. Die Mutter fusioniert mit der Verkehrsflugzeugsparte und legt auch Strukturen zusammen. Das ist verbunden mit dem Abbau von bis zu 1164 von 136.000 Stellen. Die Zahl der Jobs in der Hansestadt sinkt nach Abendblatt-Informationen in einem niedrigen zweistelligen Bereich.

Eine Streichliste gibt es bei Lufthansa Technik. Der Auftrag für die Überholung von drei A380 der Kranich-Linie aus dem Sommer entpuppte sich als Strohfeuer. Wenn das dritte Exem­plar des weltgrößten Passagierflugzeugs im Mai 2017 die Halle verlässt, werden die Tore danach für immer geschlossen. Nach sechs Jahrzehnten macht der Wartungsspezialist die Flugzeugüberholung dicht. 400 Arbeitsplätze gehen verloren. Gekündigt werden soll aber keinem. Schon im Sommer war es zu einem kräftigen Abbau in der Triebwerksüberholung gekommen. Auf Sicht von fünf bis sieben Jahren sollen nur 1100 statt bisher 1800 Hamburger in dem Bereich arbeiten. Die Arbeitskosten seien im Hochlohnland Deutschland im internationalen Vergleich zu hoch.

Flughafen meldet den 16-millionsten Passagier

Ein Hoch nach dem anderen meldet der Hamburger Flughafen. Die Marke von 14 Millionen Passagieren wurde erstmals 2014 überwunden, 2015 waren es 15 Millionen, und gestern wurde für 2016 der 16-millionste Passagier gemeldet. Quasi nebenbei läuft ein Mammutprojekt: die 120 Millionen Euro teure grundhafte Erneuerung des Vorfelds, die im März startete und 2020 abgeschlossen sein soll. Die Pünktlichkeitsoffensive ist zunächst gescheitert. Statt die Zahl der verspäteten Flüge zwischen 23 und 24 Uhr zu senken, stieg sie sogar. Der Flughafen unternahm mit dem Winterflugplan einen neuen Vorstoß, traf weitere Absprachen mit Airlines. Im November gingen die Verspätungen um die Hälfte zurück – ein Hoffnungsschimmer.

Große Hoffnungen ruhen auch auf dem Zentrum für Angewandte Luftfahrtforschung (ZAL), das im März auf Finkenwerder eröffnet wurde. Als „Silicon Valley der Luftfahrt“ bezeichnete Chef Roland Gerhards das ZAL. Firmen und Hochschulen sollen gemeinsam forschen und Innovationen schnell zur Marktreife bringen. 82 Millionen Euro hat sich die Stadt den Bau kosten lassen, der durch Mieteinnahmen refinanziert wird. Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) sprach von einem „großartigen Zukunftslabor für Flugzeuge“.