FRANKFURT. Geldhaus meldet Plus von 278 Millionen Euro. Doch der Erfolg stammt aus problematischen Geschäftsfeldern

John Cryan, Chef der Deutschen Bank, wusste zuletzt kaum gute Nachrichten zu präsentieren. Wann immer er vor die Öffentlichkeit trat, drehten sich seine Worte um milliardenschwere Prozesskosten und ein Geschäftsmodell, an dessen Zukunftsfähigkeit viele zweifeln.

Umso überraschender sind die Geschäftszahlen, die Cryan am Donnerstag präsentierte. Anders als von vielen Analysten erwartet, hat die Deutsche Bank das dritte Quartal mit einem Gewinn abgeschlossen. 619 Millionen Euro blieben vor Steuern übrig, unter dem Strich sind es noch 278 Millionen Euro. Analysten hatten hingegen mit einem Verlust nach Steuern von 600 Millionen Euro gerechnet. Zwischen Juli und September stiegen die Einnahmen um zwei Prozent auf 7,5 Milliarden Euro.

Investmentbanking sorgt für gutes Ergebnis

Allzu groß dürfte die Freude über die Zahlen beim Management dennoch nicht gewesen sein. Das liegt auch an den Gründen für das unerwartet gute Ergebnis: Eine Milliarde Euro verbuchte die Bank allein im Investmentbanking – also durch den Handel mit Aktien, Anleihen und Derivaten und mit der Beratung und Finanzierung von Unternehmen bei Börsengängen.

Das allerdings ist genau der Geschäftsbereich, den die Deutsche Bank wesentlich verkleinern muss – vor allem wegen Auflagen der Regulierungsbehörden. Cryan setzt stattdessen auf Privat- und Firmenkunden. Auch die Vermögensverwaltung will er ausbauen. Der Blick auf die Zahlen zeigt jedoch, dass dieser Bereich noch wenig Einnahmen abwirft. Im dritten Quartal haben Kunden mehr als 20 Milliarden Euro abgezogen, allein 17 Milliarden Euro entfielen auf die Vermögensverwaltung.

Wenn Geschäftszahlen derlei überraschen, werden Analysten hellhörig. Equinet-Analyst Philipp Häßler vermutet etwa, dass die Bank eine größere Summe für Rückstellungen hätte veranschlagen müssen. „Wir waren zu negativ, was die Kosten angeht“, sagte er, „wir hätten höhere Einmalaufwendungen und Rückstellungen für Rechtsstreitigkeiten einkalkulieren sollen.“

Die Deutsche Bank stockte ihre Rückstellungen nur um 400 Millionen auf nun 5,9 Milliarden Euro auf – für alle ausstehenden Rechtsstreitigkeiten zusammen. Das jedoch sei viel zu wenig, urteilt etwa Dieter Hein von den Fairesearch-Finanzanalysten. Dass die Bank nicht mehr vorgesorgt habe, hat seiner Meinung nach einen Grund: „Ich vermute, dass sie den Aktienkurs nach oben treiben möchte, damit sie eine Kapitalerhöhung vorbereiten kann.“

Wegen der schwierigen Lage der Bank war zuletzt immer wieder die Vermutung aufgekommen, das Geldhaus komme um eine weitere Kapitalerhöhung nicht herum. Doch irgendwann werde die Bank Vorsorge für die Rechtsstreitigkeiten treffen müssen, sagt Hein.

Denn es sind vor allem die weltweiten Prozesskosten, die der Bank zu schaffen machen. Neben den Ermittlungen wegen des Verdachts auf Geldwäsche in Russland, geht es vor allem um das Verfahren in den USA wegen strittiger Hypothekengeschäfte.

Die US-Justizbehörden hatten Mitte September die Vergleichsverhandlungen mit einer Strafforderung von 14 Milliarden Dollar (12,8 Milliarden Euro) eröffnet. Daraufhin war der Aktienkurs eingebrochen.

Die Lage der Bank sei auch deshalb schwierig, weil die Rechtsstreitigkeiten im Zentrum der Aufmerksamkeit stünden, bilanzierte Cryan. Beim Umbau der Bank hingegen sei man gut vorangekommen. Die Mitarbeiter stimmte er in einem Brief auf eine Verschärfung des Sparkurses ein. Die Lage bleibe schwierig, das Umfeld habe sich in wichtigen Bereichen weiter verschlechtert.

9000 Stellen will die Bank streichen, davon 4000 im Inland. Bis Ende 2017 sollen 200 der 700 Filialen geschlossen werden. Die Unsicherheit bei Kunden und Anlegern sitzt tief. Am Verkauf der Postbank halte man aber fest, widersprach Cryan Spekulationen der vergangenen Tage, wonach er angeblich eine Wiedereingliederung der Tochter plane. Man wolle die gelbe Bank verkaufen, aber nur zu einem attraktiven Preis.