Hamburg. Nach einer Studie verdoppeln sich die Ausgaben für Wachdienste und Co. bis 2020 fast. Chancen für Anleger und Arbeitssuchende.

Anleger würden sich nach Anteilen am Hamburger Bio­­metriespezialisten Dermalog die Finger lecken. Das 1994 vom Humanbiologen Günther Mull gegründete Unternehmen entwickelt und vertreibt vornehmlich Fingerabdruckscanner und Erkennungssysteme für die Augeniris, mit denen sich Menschen schnell und zuverlässig registrieren und identifizieren lassen. Zuletzt machte Dermalog mit Großaufträgen von sich reden. Das Unternehmen lieferte 15.000 Scanner nach Nigeria, mit denen Bankkunden erfasst werden. Anfang dieses Jahres erhielt die Firma den Auftrag zur Lieferung von Scannern für die Erfassung von nach Deutschland kommenden Flüchtlingen.

Die Geschäfte entwickeln sich erfreulich: Die Mitarbeiterzahl in Hamburg stieg kontinuierlich auf jetzt mehr als 150. Im Jahr 2014 gab es einen Umsatzsprung um satte 37 Prozent auf mehr als 37 Millionen Euro, der Gewinn lag bei mehr als zwei Millionen Euro. Im vergangenen Jahr stiegen die Erlöse des Unternehmens wie in den 14 Jahren zuvor erneut zweistellig und erstmals auf mehr als 40 Millionen Euro.

85 Milliarden Euro für innere Sicherheit in Europa

Dermalog wächst mit Innovationen aus Hamburg – und in einem insgesamt wachsenden Markt. 85 Milliarden Dollar wurden im vergangenen Jahr allein in Westeuropa für die innere Sicherheit aufgewendet. Laut einer neuen Studie der Hamburger Privatbank Berenberg und des Hamburgischen WeltWirtschaftsInstituts (HWWI), die nun vorgestellt wurde, könnten es 2020 bereits 146 Milliarden Dollar (132 Milliarden Euro) sein. Die Untersuchung in der Forschungsreihe von Kreditinstitut und Wirtschaftsforschern prognostiziert für den Teilkontinent jährliche Zuwachs­raten in diesem Bereich von mehr als 13 Prozent und ein weltweites Markt­volumen von deutlich mehr als 350 Milliarden Dollar im Jahr 2020.

„Das Thema Sicherheit steht in Politik und Wirtschaft ganz oben auf der Agenda“, sagt HWWI-Direktor Henning Vöpel. Die Studie – nach 2008 die zweite zum Thema in der Forschungsreihe – analysiert die Entwicklung der weltweiten Militärausgaben und der Auswirkungen des internationalen Terrorismus auf die Weltwirtschaft und einzelne Volkswirtschaften. Sie zeigt aber auch auf, in welchem Umfang im Bereich Sicherheit tätige Unternehmen Umsätze generieren und wie groß die Wachstumspotenziale sind.

Der Markt der persönlichen Sicherheit, der Schutz von Personen und Gebäuden, den Berenberg-Volkswirt Wolfgang Pflüger „die Mutter der Sicherheitsindustrie“ nennt, wird dabei mit weltweit drei bis fünf Prozent noch die geringste Dynamik haben, erwarten die Studienautoren. In Schwellenländern wie China, Indien und Indonesien mit einer stark wachsenden Mittelschicht könnten die Zuwachsraten dagegen im zweistelligen Prozentbereich liegen.

In Hamburg wächst die private Sicherheitsbranche ebenfalls sprunghaft: Die Zahl der Beschäftigten bei Wach- und Sicherheitsdiensten stieg laut einer aktuellen Auswertung der Arbeitsagentur im vergangenen Jahr um knapp 20 Prozent auf mittlerweile mehr als 8400. Bei der Agentur sind derzeit gut 500 freie Stellen in der Branche gemeldet.

Sicherheit im Internet ist ein Thema

Allein der Sicherheitsdienst Power stellte im Mai 60 neue Mitarbeiter zunächst befristet für ein Jahr ein. Die meisten davon wurden erst einmal drei Wochen lang als Brandwachen während des Umbaus der „Queen Mary 2“ bei Blohm+Voss eingesetzt. Nachdem das Schiff die Werft verlassen hat, werden sie jetzt zu Objekt- und Werkschützern fortgebildet. „Das Ziel ist die Weiter­beschäftigung“, sagt der geschäftsführende Power-Gesellschafter Carsten Klauer. Der Personalbestand des Unternehmens steige seit Jahren um fünf bis 15 Prozent pro Jahr auf inzwischen mehr als 1000 haupt- und nebenberufliche Mitarbeiter allein in Hamburg. Die Arbeitsagentur sieht solche Jobs als gute Chance für gering qualifizierte und Langzeitarbeitslose, eine Festanstellung zu finden.

Für Anleger und Investoren noch interessanter ist aus Sicht der Studie von Berenberg und HWWI die Absicherung der anschwellenden Datenströme gegen Spionage und Cyberkriminalität. Nach Schätzungen entstanden 2015 durch Datenkriminalität weltweit um die 400 Milliarden Dollar Schaden. Laut Studie wurden für Abwehrmaßnahmen 106 Milliarden Dollar aufgewendet, in fünf Jahren könnten es bereits 170 Milliarden Dollar sein. Die prognostizierten Zuwachsraten von fast zehn Prozent pro Jahr liegen mehr als doppelt so hoch wie das erwartete Wachstum der Weltwirtschaft. „Sicherheit bleibt ein interessantes Thema für Investoren und Anleger“, resümiert Berenberg-Volkswirt Pflüger.

Der Biometriespezialist Dermalog indes ist in festen Händen. Gründer Günther Mull und seiner Frau gehören mehr als drei Viertel der Anteile, die anderen 22,5 Prozent sind im Besitz der Bundesdruckerei.