Hamburg. Hamburger Handelskonzern konzentriert Strategie auf mobiles Shoppen. Schon heute machen Handy-Käufe in vielen Sortimenten mehr als die Hälfte des Online-Umsatzes aus

Nur Telefonieren war früher. Heute nutzen Millionen Menschen ihr Smartphone auch, um einzukaufen. Ob Schuhe oder Schränke, mit einem Klick auf den Bildschirm ist der Kauf besiegelt. „Mit dem Smartphone verbringen die Menschen mehr Zeit als mit ihrer Ehefrau oder Sekretärin, jedenfalls im wachen Zustand“, scherzte der stellvertretende Vorstandschef Rainer Hillebrand gestern bei der Vorstellung der Online-Pläne der Otto Group. Auch aus diesem Grund rückt das Smartphone ins Zentrum der Strategie des Handelskonzerns. „Es entwickelt sich vom Recherche- zum E-Commerce-Gerät“, ergänzte Hillebrand.

Otto habe sich auf den Weg gemacht, den gesamten Konzern zu einer mobil getriebenen Unternehmensgruppe zu entwickeln, sagte der Chefstratege bei der Präsentation in der Zentrale in Bramfeld. Der Kulturwandel betreffe alle Segmente und reiche über alle Hierarchieebenen hinweg. Große Tochtergesellschaften der Gruppe erwirtschaften bereits 90 Prozent ihrer Umsätze online und davon mehr als die Hälfte über Smartphones. Dazu gehören etwa der Spielwarenhändler Mytoys und die Kernmarke Otto. Das im vergangenen Sommer gegründete Mobile Lab, das einzelne Konzerngesellschaften bei dem Ausbau der Aktivitäten für Smartphones unterstützt, bekommt nun auch noch weiteren Zuwachs: Eine Abteilung soll neue Apps rund um Shopping und Service möglichst schnell entwickeln.

Über alle Kanäle hinweg wird der Handelskonzern seinen weltweiten Umsatz mit dem Internethandel nach eigenen Angaben im laufenden Geschäftsjahr 2015/16 (29.02.) um gut sechs Prozent auf 6,6 Milliarden Euro steigern können. Das entspricht einem Zuwachs von 400 Millionen Euro. „Die Steigerung wäre noch höher ausgefallen, wenn nicht Umsätze in problematischen Märkten wie Russland und Frankreich rückläufig gewesen wären“, sagte Hillebrand. Die Otto Group ist weltweit die Nummer zwei im elektronischen Handel nach Amazon und führend in Bereichen wie Mode, Möbel, Spielwaren und Sportartikel.

Noch besser als die Erlöse in den Auslandsmärkten entwickelte sich nach der letzten Prognose das deutsche Online-Geschäft: Hier setzte der Konzern insgesamt 4,4 Milliarden Euro um, was einem Plus von zehn Prozent entspricht. Diese Zuwächse seien vor allem den Kerngesellschaften wie Otto, Bonprix, Baur, Schwab und der Mytoys Group zu verdanken.

Zudem will Otto künftig auch seinen Datenbestand für Werbezwecke vermarkten. Daten stellten im wirtschaftlichen Wertegefüge das „Öl der Zukunft“ dar, sagte Torsten Ahlers, Chef der neuen Otto Group Media. Werbeflächen gebe es genug in Deutschland, auf Zapfsäulen und in Toilettenkabinen werde inzwischen geworben, es ginge vielmehr darum, die Zielgruppe zu kennen und gezielt anzusprechen. „Und wir kennen die Hälfte aller deutschen Frauen, weil sie bei uns einkaufen“, ergänzte Ahlers. Weibliche Kunden seien als Zielgruppe für Werbung äußerst begehrt – immerhin würden Frauen rund 80 Prozent der Konsumentscheidungen in Deutschland treffen. Mit Hilfe der Otto-Daten könnten Unternehmen Frauen sehr viel zielgerichteter ansprechen und Streuverluste vermeiden. Als Kunden, die auf Otto-Seiten werben, nannte Ahlers etwa Beiersdorf und Unilever.