Hamburg. Experten sehen Probleme bei den Triebwerken des US-Herstellers Pratt & Whitney. Qatar Airways verweigerte Abnahme. Nun soll Lufthansa den Premierenflieger bekommen

So langsam wird die Zeit für ein wichtiges Unternehmensziel von Airbus knapp. Noch in diesem Jahr will der europäische Flugzeugbauer den neuen Kurz- und Mittelstreckenjet A320neo erstmals ausliefern. Doch Erstkunde Qatar Airways hat schon vor rund zwei Wochen die Abnahme des Flugzeugs abgelehnt. Die Lufthansa soll nun Erstnutzer werden. Von einem in der Branche kolportierten Übergabetermin noch vor Weihnachten ist aber nicht mehr die Rede.

„Es gibt Probleme mit dem Triebwerk, das grundsätzlich einen Riesentechnologiesprung darstellt“, sagt der Hamburger Flugzeugexperte Heinrich Großbongardt. Der Branchendienst Aero.de spricht von Schwierigkeiten bei der Kühlung, die bei hohen Temperaturen wie in Indien und Katar einen mehrminütigen Leerlauf vor dem Start und nach der Landung erforderlich mache. Das könnte erklären, warum Qatar Airways die Abnahme des von den Luftfahrtbehörden zugelassenen Jets zurzeit ablehnt und auch die indische Billigflugline Indigo anders als geplant 2015 keinen A320neo mehr bekommt.

Das Triebwerk vom US-Hersteller Pratt & Whitney würde erstmals nicht direkt angetrieben, sondern durch ein Untersetzungsgetriebe, sagt Großbongardt. So könne die Drehzahl niedriger und Kerosin gespart werden. Generell habe sich das Triebwerk in der Testphase gut geschlagen. Er halte es daher für sehr wahrscheinlich, dass nur noch Kleinigkeiten zu regeln sind und es keine großen Auswirkungen auf das A320neo-Programm gebe.

Auch der Flugzeugbauer und die Airline geben sich gelassen. „Wie versprochen wird Airbus den ersten A320neo vor Jahresende in Hamburg ausliefern“, sagte Airbus-Pressesprecher Florian Seidel. „Die Lufthansa als einer unserer langjährigsten Kunden wird die erste dieser sparsamen und leisen Maschinen übernehmen.“ Die Lufthansa betont, dass man sich freue, noch in diesem Jahr die Maschine zu erhalten. Selbst falls es zu ein paar Tagen Verzögerungen käme, wäre dies für die Fluglinie kein Problem, sagt Luftfahrtexperte Cord Schellenberg: „Keine Airline plant bei neuen Flugzeugtypen, sie in den nächsten Tagen sofort in den Liniendienst zu schicken.“

Die A320-Familie ist ein Verkaufsschlager und für Hamburg extrem wichtig. Rund die Hälfte der derzeit monatlich gefertigten 44 Maschinen kommen aus Finkenwerder. Bis Mitte 2019 soll die Rate auf 60 Stück pro Monat steigen, im Werk wird deshalb eine vierte Endmontagelinie errichtet. Am Montag wandelte die International Airlines Group (IAG), Mutterkonzern von British Airways und Iberia, die Option für 15 A320neo-Maschinen in Festbestellungen um.