Hamburg. Dirk Dzewas, Chef der Filiale an der Mönckebergstraße,über kauffreudige Asiaten, mehr Beratung, weniger Personal und Olympia 2024.
Dirk Dzewas hat das Warenhaus-Gen, seine berufliche Karriere hat ihn bereits quer durch Deutschland geführt. Seit mehreren Jahrzehnten arbeitet der 56-Jährige schon für Karstadt. Der gelernte Einzelhandelskaufmann war bereits in Bamberg, Berlin und Köln im Einsatz, bevor er im Frühjahr die Leitung des Hauses an der Mönckebergstraße übernahm. Keine leichte Aufgabe, denn als eine seiner ersten Amtshandlungen musste Dzewas einen deutlichen Personalabbau im Haus durchsetzen.
Hamburger Abendblatt: Herr Dzewas, in Ihrem Haus sind seit Kurzem die Töpfe in der Haushaltswarenabteilung nicht nur auf Deutsch, sondern auch auf Chinesisch ausgezeichnet. Was soll das?
Dirk Dzewas: Chinesen gehören zu unseren besten Kunden, deshalb haben wir auch einen Mitarbeiter, der sie in ihrer Landessprache beraten kann.
Aber warum kaufen die Chinesen bei einem Deutschlandbesuch ausgerechnet Töpfe – und das bei Karstadt?
Dzewas: Zunächst einmal ist Karstadt eine gute Adresse für Haushaltswaren. Die asiatischen Kunden suchen vor allem nach hochwertiger Markenware, und sie legen großen Wert auf eine gute Beratung. Karstadt Mönckebergstraße ist für viele von ihnen ein fester Programmpunkt bei einer Reise nach Hamburg. Den Schwerpunkt dabei bilden chinesische Touristen. Deren Anzahl steigt weiter deutlich an. Daneben kommen auch Besatzungen von Schiffen und Mitarbeiter von Reedereien zu uns.
Wie bedeutend ist diese Käufergruppe denn für Ihr Haus?
Dzewas: Touristen insgesamt spielen eine wichtige Rolle, weil wir im Zentrum der Stadt liegen und so besonders von der großen Anziehungskraft Hamburgs profitieren. Dies und die hohe Kaufkraft in der Stadt allgemein sorgen dafür, dass wir besonders gut dastehen.
Sie kämpfen sich also nicht gerade erst aus der Verlustzone wie viele andere Karstadtfilialen? Insgesamt hat der Konzern ja eine harte Zeit hinter sich.
Dzewas: Karstadt hat dank des erfolgreich verlaufenden Sanierungsprogramms im abgeschlossenen Geschäftsjahr erstmals wieder Geld über die Ladenkasse verdient. Nahezu alle Filialen haben zugelegt. Richtig ist auch: Die Mönckebergstraße ist das profitabelste Haus, und unsere Umsatzentwicklung ist besser als der Markt. Insgesamt können wir sehr zufrieden sein.
Wenn das so ist – warum hat es in der Filiale an der Mönckebergstraße dann so einen starken Arbeitsplatzabbau gegeben? Die Zahl der Beschäftigten soll während der letzten Sparwelle um immerhin 60 auf nunmehr noch rund 400 gesunken sein.
Dzewas: Es hat auch bei uns einen Stellenabbau gegeben, der schmerzvoll gewesen ist. Dennoch war er notwendig, um die langfristige Zukunftsfähigkeit des Hauses zu sichern. Wir müssen auch bei den Personalkosten wettbewerbsfähig sein.
Auf die Stimmung im Haus und die Motivation der Beschäftigten dürfte sich das kaum positiv ausgewirkt haben.
Dzewas: Unsere Motivation ist hoch – das zeigen auch die Verkaufszahlen. Dennoch habe ich mich bemüht, meinem Team nach der Sanierung deutlich zu machen, dass seine Stellen durch die Sparmaßnahmen sicherer geworden sind, weil wir wirtschaftlich jetzt noch besser dastehen. Wir schauen jetzt gemeinsam nach vorne und arbeiten hart an den vielen neuen Prozessen.
Wie passt der Personalabbau mit dem Versprechen von Karstadt zusammen, mit Beratung und Service zu punkten?
Dzewas: Wir sind eine der besten Filialen in Deutschland und machen anscheinend einiges richtig. Wir sind jetzt in der Lage, mehr Service anzubieten, denn wir haben unsere Mitarbeiter in Spezialisten-Teams eingeteilt. Unsere Verkäuferinnen und Verkäufer konzentrieren sich heute hundertprozentig auf die Kunden und sind von allen Nebentätigkeiten entlastet. Dafür gibt es jetzt Profis für Kasse und Warenverräumung. Wir haben zudem vier Zentralkassen statt der acht verteilten Kassenplätze, die schneller sind und zusätzlichen Service bieten können. Und wir haben im ganzen Unternehmen viel Administration abgebaut und flachere Hierarchien geschaffen.
Einiges ist dennoch auf der Strecke geblieben. Auf meinem Weg zu Ihnen wollte ich mich am Infoschalter anmelden. Der existiert aber nicht mehr, da wird jetzt Playmobil verkauft.
Dzewas: Um die Orientierung im Haus zu erleichtern, haben wir ein neues Wegeleitsystem geschaffen, in das wichtige Erkenntnisse aus Kundenbefragungen eingeflossen sind. So wird jetzt unter den Rolltreppen angezeigt, welche Abteilungen sich wo befinden.
Hamburger Betriebsräte werfen Karstadt vor, durch Einsparungen verkomme das Unternehmen zum Discounter.
Dzewas: Sie sind doch durch das Haus gegangen und haben sich umgesehen. Ich denke das spricht für sich. Und unsere 8,5 Millionen Kunden aus dem In- und Ausland pro Jahr dürften das auch deutlich anders sehen.
Nach der neuen Vertriebsstruktur von Karstadt soll das Haus an der Mönckebergstraße eine Leuchtturmfunktion haben. Was heißt das in der Praxis?
Dzewas: Das bedeutet, dass wir als Erste neue Sortimente oder Konzepte ausprobieren. Gerade erst haben wir zum Beispiel zusammen mit Lascana einen Pop-up-Store für Dessous eingerichtet, um die Marke auf besondere Art und Weise zu inszenieren. Solche Aktionen wird es künftig noch mehr geben.
Wenn es nach Konzernchef Stephan Fanderl geht, dann soll sich Karstadt vor allem auf die Kernzielgruppe, die modeaffine Frau ab 45, konzentrieren. Ist das nicht zu eng gefasst?
Dzewas: Die Konzentration auf unsere Stammkundinnen ist genau richtig. Die sieben Millionen Kunden, die Karstadt seit 2009 verloren hat, werden wir zurückgewinnen. Dr. Fanderl hat zudem auch immer wieder die Bedeutung der lokalen Ausrichtung hervorgehoben. Hier an der Mönckebergstraße bedienen wir ein wesentlich breiteres Spektrum. Weil wir über mehr Fläche und eine entsprechende Zielgruppe verfügen, haben wir beispielsweise auch eine große Abteilung für junge Mode.
Männer fallen bei dem Konzept aber hinten runter. Die Multimediaabteilung haben Sie schon vor Jahren geschlossen.
Dzewas: Männer kaufen nicht nur elektronische Artikel, sondern auch Mode oder Haushaltsgeräte. Und in diesen Bereichen sind wir gut aufgestellt.
Trotzdem – war es nicht ein Fehler, die Multimedia-Abteilungen zu schließen?
Dzewas: Angesichts des Preiskampfs in diesem Bereich können wir mit eigenem Geschäft bei Unterhaltungselektronik keine vernünftigen Margen erzielen. Dennoch können Elektro- oder auch Drogeriewaren in Filialen zurückkehren und zwar über Partnerschaften mit jeweils lokal sehr starken Experten. Da sind wir offen für Kooperationen.
Kooperationen sind en vogue bei Karstadt. Wird das Haus so nicht zum Einkaufszentrum, in dem Sie die Kontrolle über die Warenpräsentation verlieren?
Dzewas: Kooperationen sind ganz normal im Handel. Aber wir werden dadurch nie zu einem Shoppingcenter. Dort müssen die Kunden während eines Einkaufs viele Türen auf- und zumachen, um von einem Geschäft zum anderen zu kommen. Bei uns ist alles unter einem Dach. Und unsere Lebensmittel bei Karstadt Feinkost werden zwar in einem Joint Venture mit Rewe betrieben, aber natürlich in enger Abstimmung. Ob die Flächen nun von uns oder Partnern bespielt werden, macht für die Kunden wenig Unterschied.
Na ja, es macht schon einen Unterschied. Nämlich dann, wenn der Kunde eine objektive Beratung erwartet, dann aber an einen Verkäufer gerät, der nur seine Marke loswerden will.
Dzewas: Gerade bei Parfüm ist viel Fachwissen über die einzelnen Marken erforderlich, da braucht es Spezialisten. Aber natürlich geben die Beraterinnen eine Kundin auch an Kolleginnen einer anderen Marke weiter, wenn diese sich dort informieren möchte.
Zum Schluss zum Thema Olympia 2024: Sind Sie für oder gegen die Bewerbung der Stadt für die Ausrichtung der Spiele?
Dzewas: Ich bin dafür – das ist ein wunderbares Zeichen für die Völkerverständigung.
Glauben Sie, dass die Besucher, die dann in die Stadt strömen, einen Umsatzschub für Karstadt bringen?
Dzewas: Das kann schon sein, aber bis 2024 ist es noch sehr lange hin.