Heilsbronn. Pensionszahlungen für 600 Ex-Mitarbeiter überfordern die letzten 33 Beschäftigten des traditionsreichen Spielzeugherstellers

In vielen Kinderzimmern war es lange eine Glaubensfrage: Die einen schworen auf Märklin, für andere kam nur eine Modelleisenbahn von Fleischmann infrage. Beide deutsche Hersteller haben lange Zeit von der Faszination der Babyboomer-Generation für die Miniatur-Welten gut gelebt. Dabei stellte sich oft die Frage, wem Väter die Modellbahn unter den Tannenbaum legten: ihren Kindern, oder eher sich selbst. Für viele hatten schon die Kataloge mit den neuen Loks und D-Zug-Wagen Kultstatus.

Die Zeiten sind längst vorbei. Märklin hat in den vergangenen 20 Jahren immer neue Krisen durchlebt, bevor das Unternehmen vor eineinhalb Jahren bei der Fürther Simba-Dickie-Gruppe unterkam. Und auch Fleischmann ist in den vergangenen elf Jahren unter dem Druck hoher Personalkosten immer stärker geschrumpft – von einst 600 Mitarbeitern auf zuletzt 33. Heute sind am Standort Heilsbronn im bayerischen Landkreis Ansbach nur noch Entwickler, Konstrukteure und Marketingfachleute beschäftigt. Produzieren lässt das Unternehmen längst im Ausland. Zuletzt lag der Umsatz bei 15 Millionen Euro pro Jahr.

Jetzt, nachdem viele Fleischmann schon über den Berg glaubten, blieb dem Unternehmen nun doch ein Insolvenzverfahren nicht erspart. Unter dem Druck hoher Pensionslasten war die Gebrüder Fleischmann GmbH & Co. KG am Dienstag zum Gang zum Konkursrichter gezwungen, gab der Sprecher des Mutterunternehmens Salzburger Modelleisenbahn Gruppe, Michael Prock, gestern bekannt. „Die verbliebenen 33 Mitarbeiter von Fleischmann sind nicht in der Lage, die Betriebspensionen von mehr als 600 ehemaligen Mitarbeitern zu erwirtschaften“, sagte Prock.

Die bisherige Unternehmensführung versucht nun mit dem vorläufigen Insolvenzverwalter Maximilian Breitling, das 128 Jahre alte Traditionsunternehmen zukunftssicher zu machen. Entlastet von den Pensionszahlungen, die in solchen Fällen für gewöhnlich vom Pensions-Sicherungs-Verein PSVaG übernommen werden, solle das Unternehmen in die Lage versetzt werden, „seinen Betrieb wirtschaftlich stabil fortzusetzen“. Die Produktion von Loks, Wagen, Gleisen und Zubehör laufe unvermindert weiter, versicherte Prock.

Branchenkenner beobachten bei den Modellbahn-Herstellern zwar eine „Stabilisierungsphase“, so etwa Steffen Kahnt vom Bundesverband des Spielwaren-Einzelhandelsverbandes. Thomas Kohnen vom Händlerverband idee+spiel glaubt aber auch: „Großes Wachstum ist da nicht drin.“ Einer der Gründe dafür sei das angestaubte Image der Modelleisenbahn. „Wenn sich ein Kind als Modellliebhaber bekennt, kommt das einem Outing gleich.“ Zudem sei das Angebot an Modelleisenbahnprodukten zu groß und zu teuer. Eine digitale Lok koste leicht 500 Euro.

Nicht nur die Modellbahner sind in Schwierigkeiten. Auch die Carrera-Bahn, der Jungentraum der 1960er-und 70er-Jahre, hat turbulente Zeiten hinter sich. Und im Juni meldete Kettcar-Hersteller Kettler Insolvenz an.