Hamburg. Die Gläubiger entscheiden sich in Hamburg gegen das Kaufangebot des Energiekonzerns EnBW. Prokon wird in eine Genossenschaft umgewandelt.

Die Windenergiefirma Prokon wird in eine Genossenschaft umgewandelt. Das haben die Gläubiger am Donnerstag in Hamburg entschieden, teilte der unterlegene Mitbewerber EnBW mit. Neben den 75.000 Anlegern, die über Genussrechte zusammen rund 1,4 Milliarden Euro in der Firma aus Itzehoe in Schleswig-Holstein angelegt hatten, konnten auch Banken, Lieferanten und Stromkunden ihr Votum in Hamburg abgeben.

Somit ist der Energieversorger EnBW unterlegen, der die Firma für rund 550 Millionen Euro übernehmen wollte. Doch das Angebot überzeugte die Anleger offensichtlich nicht. Über Prokon war im vergangenen Jahr wegen Überschuldung und Zahlungsun­fähigkeit ein Insolvenzverfahren eröffnet worden. Die Gläubiger verlieren voraussichtlich mehr als 40 Prozent ihres angelegten Geldes.

Mit etwa 100.000 Gläubigern ist die Prokon-Pleite eines der größten Insolvenzverfahren in der deutschen Wirtschaftsgeschichte. Geldgeber waren vor allem Privatpersonen. Die Firma war 1995 von „Öko-Pionier“ Carsten Rodbertus gegründet worden, der mit langem Haarzopf und legerer Kleidung ein Alternativ-Image pflegte und bankenunabhängig agieren wollte. Der Firmengründer ist raus aus der Firma; offen ist, ob er sich noch wegen Insolvenzverschleppung vor Gericht verantworten muss. Prokon betreibt 54 Windenergieparks mit 318 Anlagen und ist als Stromanbieter tätig. Neben den Anlegern sind Banken, Lieferanten und Stromkunden Gläubiger.

Die von Prokon ausgegebenen Genussscheine sind Wertpapiere, die eine Sonderstellung zwischen Aktien und Anleihen haben. Unternehmen kommen an Kapital, der Käufer der Genussrechte erhält im Gegenzug regelmäßige Zinszahlungen. Im Unterschied zu Anleihen können diese Zahlungen aber auch gestrichen oder verschoben werden, wenn kein Gewinn anfällt. Im Gegensatz zum Aktienbesitzer hat der Inhaber von Genussscheinen kein Mitspracherecht bei der Firma.

Wegen des Poststreiks hatte der Insolvenzverwalter von Prokon eine wichtige Frist für die Inhaber von Genussrechten an der angeschlagenen Windenergiefirma sogar noch verlängert. Anleger, die sich weiter an Prokon als Genossenschaft beteiligen wollten, konnten noch bis zum 1. Juli eine entsprechende Zustimmungserklärung einsenden. Eine Abgabe der Unterlagen war sogar noch direkt vor dem Beginn der Gläubigerversammlung am gestrigen Donnerstag in den Hamburger Messehallen möglich.