Hamburg. Firmen verdienen an Produkten mit hohen Folgekosten viel Geld. Die Liste ist lang. Tipps für Verbraucher.
Sie sind Meister der Kundenbindung. Konzerne, die versuchen, mit einem geschickten System Verbraucher möglichst lange an sich zu binden. Die Unternehmen verkaufen Nassrasierer, Kaffeemaschinen oder elektrische Zahnbürsten. Diese Produkte sind vergleichsweise günstig zu haben. Passende Rasierklingen, Kaffeekapseln oder Wechselköpfe für Zahnbürsten sind dagegen in der Folge oft sehr teuer. Das Prinzip ist alt.
Einstiegsmodelle für Kaffeekapsel-Maschinen namhafter Hersteller kosten etwa 70 bis 100 Euro. Ein Bruchteil von dem, was viele Kaffeevollautomaten kosten. „Die Einstiegshürde ist gering“, sagt Marketingprofessor Karsten Kilian. Richtig teuer wird es erst auf Dauer mit dem Kauf der Kaffeekapseln. „Ein Produkt wird günstig verkauft, löst aber Folgekosten aus, über die das Unternehmen einen Großteil seiner Gewinne erzielt“, sagt Kilian.
So kostet eine Kapsel etwa vom Marktführer Nespresso mindestens 35 Cent. Bei einem Gewicht von rund sechs Gramm pro Kapsel ergibt sich ein Kilopreis von etwa 60 Euro. Das ist rund sechsmal so teuer wie Kaffee ohne Kapseln und beschert dem Tochterunternehmen des Nestlé-Konzerns eine hohe Gewinnspanne. Bei der Billigkonkurrenz, beispielsweise vom Discounter Aldi, gehen die Preise für eine Kapsel bei knapp 17 Cent los. Kunden bezahlten erst im Laufe der Zeit für das eigentlich günstige Produkt einen hohen Preis, sagt Experte Kilian. Man sei sprichwörtlich „im System gefangen“.
Einst soll es John Davison Rockefeller vorgemacht haben. Der US-amerikanische Unternehmer soll Öllampen günstig verkauft haben. Sein Ziel: Mit Öl, dem Verbrauchsmaterial, schließlich gewinnbringend Geld zu verdienen. Bis heute wollen viele Konzerne ihre Produkte nach dem sogenannten Rockefellerprinzip verkaufen.
So müssen für den Kauf von Rasierklingen Frauen wie Männer oft tief in die Tasche greifen. „Am Anfang bekommt man den Halter und eine Klinge fast geschenkt“, sagt Marketingexperte Manfred Krafft. „Danach stellt man fest, dass die Klingen vom Hersteller selbst teuer verkauft werden.“ Ein aktuell beworbener Rasierer von Gillette kostete mit einer Ersatzklinge im Onlineshop des US-Mutterkonzerns Procter & Gamble zuletzt knapp zwölf Euro. Eine einzelne Ersatzklinge 4,50 Euro. Bei der Konkurrenz von der Energizer-Holding-Tochter Wilkinson Sword mussten Verbraucher im Onlinehandel für einen Nassrasierer mit einer Klinge etwa 7,70 Euro bezahlen. Die passende Ersatzklinge kostete pro Stück aber knapp zwei Euro. Ein Sprecher von Wilkinson Sword begründet die Preispolitik mit hohen Entwicklungskosten von mehr als 90 Millionen Euro für das Topmodell. Zudem seien Rasierklingen technisch komplexe und aufwendige Produkte.
Die Liste von Produkten mit hohen Folgekosten ist lang. Günstige Drucker, teure Patronen. Staubsauger und die Abhängigkeit von Beuteln. Oder elektrische Seifenspender und teure Nachfüllbehälter. Doch sind Kunden tatsächlich im System der Unternehmen gefangen? Die Verbraucherzentrale in Nordrhein-Westfalen empfiehlt, bei teuren Rasierklingen oder Wechselköpfen für elektrische Zahnbürsten Sonderangebote über Preisvergleichsseiten im Internet einzuholen.