Hamburg. Die Club Factory aus Rothenburgsort fertigt die hochwertigen Eisen nicht nur für Prominente und Deutsche Meister. Modelle gibt es ab 160 Euro.

Tim Tippelt holt zum Schwung aus, zieht den Golfschläger durch, trifft den Ball mit einem satten Klang und lässt ihn durch die Luft fliegen. Nach rund 150 Metern landet das weiße Rund wieder auf dem Gelände der Golf Lounge in Rothenburgsort. Ein Radargerät verfolgt den Ball, die Software sammelt die Daten des Schlags und wirft sie auf einen Laptop: Schlagdistanz, seitliche Abweichung vom Ziel, Geschwindigkeit von Schlägerkopf und Ball, die genaue Trefferfläche, Rückwärtsdrall, Winkel bei Abflug und Landung, Flughöhe und Flugzeit. Aus all diesen Daten erkennt Tippelt im Zusammenspiel mit einem Golflehrer, wie Schläger, Schwung und Sportler besser aufeinander abgestimmt werden müssen.

Tippelt ist ein sogenannter Fitting­experte beim Hamburger Unternehmen Club Factory. Mit kleinen Magneten ändert er später die Gewichtsverteilung in 1,5- oder sogar 0,5-Gramm-Schritten, damit der Schläger die beanspruchten Muskeln in der optimalen Reihenfolge anspricht. „Unser Fittingsystem ist einzigartig in Deutschland, wenn nicht sogar in Europa. Schon ein, zwei Gramm Unterschied im Kopfgewicht wirken sich sehr stark auf den Schwung aus“, sagt Firmengründer Michael Zieseniss.

Nach der 80 Euro teuren Analyse weiß der Kunde ganz genau, welcher Schläger für ihn ideal ist – und kann ihn in der hauseigenen gläsernen Manufaktur maßfertigen lassen. Das wichtigste sei, eine Balance im Schläger zu finden. Und dass sich der Golfer wohlfühlt. Tippelt: „Es kommt sehr häufig vor, dass Hobbyspieler mit unseren Schlägern beim Fitting zehn bis 15 Meter weiter schlagen.“

Der Schlägerbau ist eine komplexe Materie – die Erfahrung machte Zieseniss, als er sich vor 13 Jahren erstmals daran versuchte. Als Jugendwart der Golfanlage Schloss Lüdersburg machten ihn Eltern immer wieder darauf aufmerksam, dass die Schläger für Kinder nicht geeignet waren. Der einstige Versicherungsmakler bestellte daraufhin Komponenten in den USA und stand beim Zusammenbau in Handarbeit vor einem Haufen Probleme: Welcher Kleber eignet sich am besten? Wo gibt’s den zu kaufen? Welches Schleifpapier wird benötigt? Er las in Büchern und im Internet.

Drei Tage brauchte er für sein erstes Modell. „Ich habe mir das Handwerk von der Pike auf selber beigebracht“, sagt der heute 50-Jährige. Nach und nach gab es Verbesserungen. Seit dem Jahr 2009 werden in Asien Komponenten nach seinen Wünschen hergestellt. In Taiwan und China für seine Linie Kinura, in einer kleinen, alten Manufaktur in Japan für seine hochwertige Serie Edelmetall. Die Detailzeichnungen kommen von ihm und werden dort gebaut.

Grundsätzlich besteht ein Schläger aus drei Teilen: Griff, Schaft und Schlägerkopf. In der gläsernen Manufaktur, die er vor einem Jahr in der Golf Lounge eröffnete, wählen die Techniker zunächst einen Schaft aus. Mehr als 15.000 Schäfte liegen auf Lager. Ihr Gewicht reicht von 40 bis 140 Gramm. Sie bestehen aus Carbonfasern oder Carbonstahl. Dann wird die Schafthärte und -länge bestimmt und maschinell auf das richtige Maß geschnitten. Im nächsten Schritt wird der Kopf ausgewählt. Die Modelle sind zwischen 235 und 265 Gramm schwer und unterscheiden sich in Form, Größe, Winkel und dem Sweetspot (idealer Treffpunkt). Spezialanfertigungen haben sogar noch einen Hohlraum in der Sohle.

Die Preise für die Schläger beginnen bei 160 Euro – und reichen bis 400 Euro

Bis auf eine Zehntelgrammstelle wird der Kopf exakt ausgebohrt. „Der entscheidende Punkt ist das Kopfgewicht und das Verhältnis von Kopf- und Schaftgewicht“, sagt Zieseniss. Bei einem zwischen 25 und 75 Gramm schweren Griff sei maßgeblich, dass er perfekt in der Hand liege. Das Gummi-Kunststoffgemisch bekommt die richtige Dicke. Es gibt Millionen von Möglichkeiten, die einzelnen Komponenten zu kombinieren.

Die Preise für die Schläger beginnen bei 160 Euro, die hochwertigen Edelmetall-Modelle kosten zwischen 320 und 400 Euro. Dafür wird der Name des Besitzers auch in den Kopf gelasert. Sechs bis sieben Schläger brauchen Golfstarter. Profis haben deutlich mehr Schläger und wählen je nach Platz, Wind und Form 14 aus – mehr dürfen sie im Wettbewerb nicht mit auf den Flight nehmen.

Club Factory hat insgesamt mehr als 1000 Abnehmer in seiner Kundendatei. Darunter sind mit Amina Wolf die Ende April frisch gekürte deutsche Lochspielmeisterin und die deutschen Meisterinnen in den Altersklassen 14, 16 und 18 Jahre.

Von 38 Hamburger Kaderjugendlichen spielten 33 mit Schlägern von Club Factory. Unter den Prominenten stechen Diskus-Olympiasieger Lars Riedel und die TV-Moderatorin Ulla Kock am Brink heraus. „In Zukunft werden sicher einige Promis dazukommen“, sagt Zieseniss.

Die Anfangsjahre seien hart gewesen. Er habe sich nur ein kleines Gehalt gezahlt, seine Freundin habe ihn finanziell unterstützt. Etwas anderes zu machen, kam für ihn dennoch nicht infrage. „Ich bin mit meinem Job richtig zufrieden.“ Seit einem Jahr könne er davon leben. Nun trimmt er die Firma dank einer Finanzspritze auf Wachstum. Ein Investor, der nicht genannt werden will, ist im vergangenen Jahr mit einer halben Million Euro eingestiegen und hat dafür 49 Prozent der Anteile übernommen. Zieseniss hat das Personal mehr als verdoppelt und will nun mit sieben Mitarbeitern auf Kundenakquise gehen. In einem Mercedes-Sprinter ist eine mobile Werkstatt untergebracht.

Der Start ins Jahr 2015 verlief sehr erfolgreich. In den ersten vier Monaten hätten sich die Erlöse im Vergleich zum Vorjahreszeitraum mindestens verdreifacht, sagt Zieseniss: „2016 wollen wir beim Umsatz eine siebenstellige Summe erreichen.“ Die Firma kommt in Schwung – nicht nur wenn Tippelt zum Schlag ausholt.