Neumünster. Der Konzern sieht für die Filiale keine Perspektive. Mitarbeiter, Stadt und Wirtschaft sind enttäuscht.
Die seit langem schwelenden Befürchtungen haben sich bestätigt: Der angeschlagene Karstadt-Konzern will sein Kaufhaus in Neumünster Mitte nächsten Jahres schließen. Nahezu 100 Beschäftigte sind betroffen. Die Mitarbeiter wurden am Dienstagvormittag auf einer Betriebsversammlung über das geplante Aus zum 30. Juni 2016 informiert. „Wir sind nicht überrascht, wir sind schockiert“, sagte die Betriebsratsvorsitzende Barbara May der Deutschen Presse-Agentur.
Nach einer Sitzung des Aufsichtsrats bestätigte Karstadt am Dienstag auch, dass die Standorte in Recklinghausen, Bottrop, Dessau und Mönchengladbach-Rheydt ebenfalls im nächsten Jahr geschlossen werden sollen. Das Unternehmen begründete die Entscheidung unter anderem mit seit Jahren negativen Umsatz- und Ergebnisentwicklungen.
Neumünsters Oberbürgermeister Olaf Tauras (parteilos) wurde laut Sprecher Stephan Beitz am Dienstagmorgen über die geplante Schließung informiert. „Ich bedauere das“, sagte Tauras. Mit dem Eigentümer der Immobilie werde jetzt über deren weitere Nutzung verhandelt, sagte Beitz der Deutschen Presse-Agentur. Für die Mitarbeiter gibt es dennoch Hoffnung: In der Nähe des Karstadt-Standortes entsteht ein großes neues Einkaufszentrum. „Wir werden alles daran setzen, die Kollegen so weit wie möglich zu unterstützen, neue Arbeit zu finden“, sagte die Karstadt-Betriebsratsvorsitzende May.
„Mit großem Bedauern haben wir erfahren, dass Karstadt eine seiner ältesten Filialen im 126. Jahr ihres Bestehens zum 30. Juni 2016 schließen möchte“, kommentierte die Industrie- und Handelskammer (IHK). „Die Vorstellung, dass eine derart große Einzelhandelsfläche am Eingang zum Großflecken auf Jahre ungenutzt bleiben könnte, erfüllt uns mit Sorge“, sagte der Leiter der IHK-Zweigstelle Neumünster, Lutz Kirschberger. Die Stadt müsse sich Gedanken über Konzepte für eine Nachnutzung des Karstadt-Areals machen.
Karstadt hat in Deutschland noch 83 Warenhäuser und rund 16 000 Beschäftigte. „Ohne zum Teil sehr schmerzliche Entscheidungen, wie die Schließung von Filialen ohne strategische Perspektive, können wir die Gesundung des Gesamtunternehmens nicht sichern“, teilte Karstadt-Chef Stephan Fanderl mit. „Diese Standorte haben, insbesondere aufgrund von erheblichen lokalen Nachteilen und struktureller Standortgegebenheiten, trotz aller Bemühungen der letzten Monate keine Zukunftsperspektive.“ Karstadt nannte außerdem als gravierenden Nachteil der fünf Standorte einen steigenden Wettbewerbsdruck durch teils innerstädtische Einkaufscenter.